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BTHG-Kompass 3.2

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Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 3.2

Zuständigkeit bei geistig- oder körperlicher Behinderung eines Kindes

Wie ist die Zuständigkeit SGB IX/SGB VIII geregelt, wenn ein geistig oder körperlich behindertes Kind aufgrund erzieherischer/pädagogischer Bedarfe in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht wird?



Antwort:

Zuständigkeit bei geistig- oder körperlicher Behinderung eines Kindes

Die stationäre Unterbringung von Kindern und Jugendlichen mit körperlicher oder geistiger Behinderung wegen erzieherischer/pädagogischer Bedarfe in Form der Hilfe zur Erziehung durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe scheidet auf Grund des Nachrangs des SGB VIII nach § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII aus. Dies gilt jedoch nur, wenn die Hilfe tatsächlich realisierbar ist, ansonsten muss der Träger der öffentlichen Jugendhilfe als Ausfallbürge eingreifen und sich über die Kostenerstattung schadlos halten (Kepert in LPK-SGB VIII, § 10 Rn. 7; Schönecker/Meysen in FK-SGB VIII, § 10 Rn. 2; DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2018, 333; so auch BVerwG 18.10.2012 - 5 C 21/11 zum Vorrang der Schule). Zum Vorrang der Eingliederungshilfe für junge Menschen nach dem SGB IX grundlegend:

I. Anwendungsvoraussetzungen des § 10 SGB VIII

Für die Abgrenzung der Leistungen des SGB VIII zu Leistungen anderer Teile des Sozialgesetzbuchs enthält § 10 SGB VIII die Kollisionsregeln. Zum Eingreifen des § 10 SGB VIII muss bei beiden infrage stehenden Leistungen ein Leistungsanspruch bestehen (d.h. die Leistungsvoraussetzungen aus unterschiedlichen Teilen des SGB müssen erfüllt sein) und es muss zwischen den Leistungsformen Kongruenz bestehen (vgl grundlegend: BVerwG 23.09.1999 – 5 C 26/98). Leistungskongruenz ist nach einer vielzitierten Formel des BVerwG (welche auch die sozialgerichtliche Rechtsprechung übernommen hat) anzunehmen, wenn beide Leistungen gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich sind (vgl beispielhaft: BVerwG 19.10.2011 − 5 C 6/11). Dafür stellt das Gesetz nicht auf einen Schwerpunkt in Bezug auf eine der beiden Hilfeleistungen ab, sondern allein auf die Art der miteinander konkurrierenden Leistungen (BVerwG 23.09.1999 - 5 C 26/98). Bei der vorliegenden Anfrage ist davon auszugehen, dass sowohl ein Leistungsanspruch auf Hilfe zur Erziehung nach dem SGB VIII als auch auf Eingliederungshilfe nach dem SGB IX besteht. Die Leistungsberechtigung spielt für diese Prüfung keine Rolle, es kommt allein darauf an, dass der Leistungsempfänger dieselbe Person ist (BVerwG 19.10.2011 – 5 C 6/11). Bei beiden Leistungsformen ist der Leistungsempfänger identisch. Insofern bedarf es im konkreten Fall eines abstrakten Vergleichs der beiden Leistungsformen. Dies ist eine Frage des Einzelfalls, wobei hier von Leistungskongruenz ausgegangen wird (vgl. BVerwG 23.09.1999 - 5 C 26/98; 09.02.2012 - 5 C 3.11). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, löst § 10 SGB VIII die Konkurrenz auf.

II. Auflösung der Konkurrenz

Die Leistungen nach dem SGB VIII gehen im Grundsatz den Leistungen nach dem SGB IX und XII vor (§ 10 Abs. 4 S. 1 SGB VIII). Abweichend davon gehen Leistungen der Eingliederungshilfe (Teil 2 SGB IX) für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach SGB VIII vor (§ 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII). Junge Menschen in diesem Sinne sind Personen die noch nicht 27 Jahre alt sind (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII). Der klare Wortlaut macht deutlich, dass sich § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII auf sämtliche Leistungen des SGB VIII iSd § 2 Abs. 2 SGB VIII bezieht (DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2020, 154, 155). Insofern wäre die stationäre Unterbringung über Teil 2 SGB IX vorrangig.

Nach Auffassung des Verfassers liegt der Anfrage der Sachverhalt zu Grunde, dass ein Kind oder Jugendlicher mit körperlicher oder geistiger Behinderung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 SGB IX in einer Jugendhilfeeinrichtung stationär untergebracht wird. In dieser Situation wäre der Träger der Eingliederungshilfe grundsätzlich für Leistungsgewährung zuständig, gleichfalls für etwaige Zusatzleistungen (z.B. besondere Therapieformen). Allerdings kann auch eine Doppelzuständigkeit infrage kommen, wenn z.B. die Personensorgeberechtigten Hilfe zur Erziehung in Form der Erziehungsberatung (§§ 27, 28 SGB VIII) zusätzlich in Anspruch nehmen.

Durch eine Konkretisierung der Anfrage könnte eine weitergehende Befassung erfolgen.

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Hilfegewährung bei jungen Volljährigen

Wenn eine stationäre Hilfegewährung nach § 41 SGB VIII bei einem junge Volljährigen nicht mehr zielführend ist, z. B. weil aufgrund der seelischen Behinderung keine Fortschritte in der Verselbständigung erreicht werden können, ist das Jugendamt dann zur Weiterleistung der Hilfe bis zur Fallübernahme durch die Eingliederungshilfe SGB IX verpflichtet? Falls ja, aufgrund welcher Vorschrift und besteht hier ein Kostenerstattungsanspruch?



Antwort:

Hilfegewährung bei jungen Volljährigen

1. Leistungsvoraussetzungen SGB VIII  und SGB IX:

Zunächst ist festzuhalten, dass in der geschilderten Situation die Leistungsvoraussetzungen der Eingliederungshilfe für junge Volljährige mit seelischer Behinderung nach §§ 41, 35a SGB VIII nicht mehr erfüllt sind und dadurch der Leistungsanspruch entfallen ist. Der behinderungsbedingte Hilfebedarf ist jedoch unverändert vorhanden und die Leistungsvoraussetzungen des § 99 SGB IX sind erfüllt. Demnach besteht ein Anspruch auf Eingliederungshilfe nach dem SGB IX. Eine Leistungskollision zwischen beiden Leistungsgesetzen besteht nicht, die Anwendung der Kollisionsregeln in § 10 SGB VIII ist demnach ausgeschlossen. Voraussetzung dafür wäre, dass bei beiden infrage stehenden Leistungen ein Leistungsanspruch besteht (vgl. grundlegend: BVerwG 23.9.1999 – 5 C 26/98). Insofern wechselt die sachliche Zuständigkeit vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe zum Träger der Eingliederungshilfe.

2. Unterschiedliche Organisation der Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Träger der Eingliederungshilfe:

In manchen Bundesländern sind der Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Träger der Eingliederungshilfe organisatorisch der gleichen juristischen Person des öffentlichen Rechts zugeordnet (z.B. in BW den Land- und Stadtkreisen). In dieser Konstellation gilt die juristische Person des öffentlichen Rechts als ein Rehabilitationsträger (LSG Niedersachsen-Bremen 29.10.2015 – L 8 SO 122/12). Daher ist eine Fallübergabe unproblematisch möglich, da es sich dabei lediglich um eine interne Verschiebung der Zuständigkeit von einer Organisationsationseinheit zur anderen Organisationseinheit, ohne Wirkung im Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten, handelt. Die Organisationseinheit „Träger der öffentlichen Jugendhilfe“ muss bis zur Fallübergabe weiterleisten. Kosten sind lediglich im Rahmen der internen Verrechnung zu erstatten, ohne Anwendung der allgemeinen Kostenerstattungsregeln des SGB IX und X.

In Bundesländern mit Zuordnung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Träger der Eingliederungshilfe zu unterschiedlichen juristischen Personen des öffentlichen Rechts gestaltet sich die Situation schwieriger (z.B. in Nordrhein-Westfalen oder Bayern). Hier ist von unterschiedlichen Rehabilitationsträgern auszugehen. Regelmäßig ist im geschilderten Sachverhalt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe der leistende Rehabilitationsträger im Sinne des § 14 SGB IX. D.h. der Rehabilitationsträger der anhand der Instrumente der Bedarfsermittlung den Rehabilitationsbedarf feststellt und die Leistungen erbringt (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB IX), insofern ist der leistende Rehabilitationsträger verfahrensrechtlich zuständig. Das BSG (28.11.2019 - B 8 SO 8/18 R) geht davon aus, dass diese Zuständigkeitszuweisung im Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten auch nach dem Wechsel der tatsächlichen örtlichen Zuständigkeit bestehen bleibt, dies gilt selbst dann, wenn der leistungsbewilligende Bescheid seine Wirksamkeit verliert, soweit der Rehabilitationsbedarf unverändert besteht und es sich damit um ein einheitliches Rehabilitationsgeschehen handelt (zur abweichenden Haltung bei Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zwischen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe vgl. BVerwG 22.06.2017 - 5 C 3.16). Der VGH München (30.07.2018 - 12 ZB 18.175) ist der Auffassung, dass die nach § 14 SGB IX begründete verfahrensrechtliche Zuständigkeitszuweisung (sachlich und örtlich) besteht, solange sich keine wesentlichen Änderungen des Hilfebedarfs ergeben, sodann sei von einem einheitlichen Leistungsgeschehen auszugehen. In diesen Fällen lösen Anträge (Folge- oder Verlängerungsanträge) nicht erneut die Fristen des § 14 SGB IX aus und die Zuständigkeitszuordnung bleibt bestehen. Nach einer Entscheidung des VG Stuttgart (28.04.2020 - 9 K 5941/19) liegt eine wesentliche Änderung des Rehabilitationsbedarfs zum Beispiel vor, wenn ein Wechsel von Hilfe zur Entwicklung der Persönlichkeit zu Ausbildungshilfe erforderlich wird, dann wird die Weiterleitungsfrist in Gang gesetzt. Vorliegend bleibt der Rehabilitationsbedarf gleich, es bedarf weiterhin einer stationären, behinderungsbedingten Unterbringung des jungen Menschen. Folgt man den aufgezeigten Grundsätzen, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe als leistender Rehabilitationsträger, ohne erneuten Antrag in der Weiterleistungsverpflichtung. Gleiches gilt bei einem Folgeantrag, da sich der Rehabilitationsbedarf nicht wesentlich geändert hat.

3. Kostenerstattungsanspruch

Die Kostenerstattung würde durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf Grundlage von § 105 SGB X als sachlich unzuständiger Träger erfolgen. Eine Fallübernahme ist allerdings nach Auffassung des BSG (01.03.2018 - B 8 SO 22/16 R) im Anwendungsbereich des § 14 SGB IX ausgeschlossen. Der VGH München hat in einer früheren Entscheidung (07.10.2013 - 12 B 11.1886) einen Anspruch auf Fallübernahme im Zusammenhang mit einem bestehenden Kostenerstattungsanspruch bejaht. In der Praxis ist in diesen Fällen eine Fallübergabe jedoch üblich. Der Gesetzgeber scheint sich der Entwicklung der Rechtsprechung nicht bewusst zu sein, da § 36b Abs. 3 SGB VIII (in der Fassung des inoffiziellen Entwurfs des KJSG) Übergangsregelungen für den Fall des Zuständigkeitsübergangs von der Eingliederungshilfe nach dem SGB VIII in die Eingliederungshilfe nach dem SGB IX enthält. Dieser Befund wird untermauert, durch die, mit Reformstufe 2 des BTHG eingefügte Ergänzung in § 25 Abs. 1 Nr. 6 SGB IX, wonach die Rehabilitationsträger verantwortlich sind, dass die Rehabilitationsträger im Fall eines Zuständigkeitsübergangs rechtzeitig eingebunden werden. Nach der Gesetzesbegründung stellt die Ergänzung klar, dass die Verantwortung der Rehabilitationsträger bei der Zusammenarbeit im Sinne dieser Vorschrift auch den Trägerübergang bei einem Zuständigkeitswechsel umfasst, wie er zum Beispiel an der Schnittstelle zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Eingliederungshilfe altersbedingt regelmäßig stattfindet (BT-Drs. 18/9522, 243). Der Gesetzgeber scheint insofern von der Zulässigkeit eines Zuständigkeitsübergangs zwischen den beiden Leistungssystemen auszugehen.

 

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Zuständigkeit bei Umzug der leistungsberechtigten Person

Gemäß §98 SGB IX ist der Träger der Eingliederungshilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der ersten Antragstellung hat. Diese Zuständigkeit bleibt selbst dann bestehen, wenn der Leistungsberechtigte umzieht, und zwar bis zur Beendigung des Leistungsbezuges. Das heißt also, wenn der Leistungsberechtigte im März 2021 beispielsweise von Hessen nach Bayern zieht und in 01/21 eine ambulante Hilfe für das erste



Antwort:

Die Zuweisung der örtlichen Zuständigkeit nach § 98 Abs. 1 SGB IX lässt nur unter engen Voraussetzungen einen Zuständigkeitswechsel zu. Die Rechtsprechung des BSG (28.11.2019 - B 8 SO 8/18 R) zu § 14 SGB IX geht noch weiter und stellt fest, dass die Zuständigkeitszuweisung nach § 14 SGB IX im Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten auch nach dem Wechsel der tatsächlichen örtlichen Zuständigkeit bestehen bleibt, soweit der Rehabilitationsbedarf unverändert besteht und es sich damit um ein einheitliches Rehabilitationsgeschehen handelt (zur abweichenden Haltung bei Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zwischen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe vgl. BVerwG 22.06.2017 - 5 C 3.16). Für die Träger der öffentlichen Jugendhilfe ergibt sich die örtliche Zuständigkeit jedoch ausdrücklich aus dem SGB VIII (§ 7 Abs. 1 S. 2 SGB IX). In der praktischen Umsetzung kann diese Problematik über Amtshilfe nach §§ 3 ff. SGB X gelöst werden. Außerdem könnte möglicherweise über eine Autftragswahrnehmung nach § 88 SGB X durch die andere Behörde nachgedacht werden. Für die Aufgaben der Jugendhilfe und der Sozialhilfe (usw.) ist dies nicht zulässig (§ 88 Abs. 1 S. 2 SGB X), die Aufgaben der Eingliederungshilfe nach Teil 2 SGB IX sind seit der Schaffung der Träger der Eingliederungshilfe allerdings keine Aufgaben der Sozialhilfe mehr.

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