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BTHG-Kompass 4.1

Sie können an dieser Stelle Einsicht in die Dokumente des Themas nehmen.

Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.1

Zwangspoolen im ambulanten Bereich

Mit dem BTHG wurde das Poolen von Leistungen (vgl. § 116 SGB IX) erstmals gesetzlich geregelt, wobei das Poolen nur bei Zumutbarkeit gestattet ist. Durch die Zumutbarkeitsprüfung entsteht jedoch für die leistungsberechtigte Person ein Rechtfertigungsdruck, weswegen wir auch von Zwangspoolen sprechen.

Gemäß Bundesministerium für Arbeit und Soziales soll das Poolen von Leistungen lediglich die Praxis vor Inkrafttreten der 3. Reformstufe des BTHG in 2020 fortführen (vgl. Plenarprotokoll 18/175 vom 08.09.2016):

„[..] Das gemeinsame Erbringen von Leistungen an mehrere Leistungsberechtigte, also das sogenannte Pooling von Leistungen, ist nur möglich, soweit dies für den Leistungsberechtigten zumutbar ist. Dabei sind selbstverständlich die persönlichen, die familiären und auch die örtlichen Umstände zu berücksichtigen. Da aber auch heute schon Leistungen an mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam erbracht werden können, wird davon ausgegangen, dass mit dieser Regelung die heutige Praxis grundsätzlich fortgeführt wird. Dementsprechend sind im Entwurf des Bundesteilhabegesetzes keine finanziellen Auswirkungen ausgewiesen.“

Bis Ende 2019 können Leistungen nur in stationären bzw. teilstationären Einrichtungen zwangsweise gepoolt werden (Heimprinzip) sowie im Bereich der Fahrdienste. Im ambulanten Bereich des selbstbestimmten Lebens und Wohnens existiert diese Praxis nicht.

Frage 1:
Wie wird durch die BTHG-Umsetzungsbegleitung und durch das BMAS sichergestellt, dass die Praxis des Poolens von Leistungen nicht auf den ambulanten Bereich ohne Zustimmung des Leistungsberechtigten ausgedehnt wird? Bitte beachten Sie bei der Beantwortung der Frage, dass die Unterscheidung zwischen stationär, teilstationär und ambulant mit dem BTHG abgeschafft wird.

Gemäß der Antwort in der BMAS-BTHG-FAQ zur Frage „Wie können umfangreiche Teilhabeleistungen und das Bremsen der Ausgabendynamik gleichzeitig erreicht werden?“ soll die Ausgabendynamik in der Eingliederungshilfe durch eine effizientere Leistungserbringung verringert werden. Als ein Instrument der Effizienzsteigerung wird die „gemeinsame Inanspruchnahme von Leistungen“ genannt.

Frage 2:
Wie soll das Poolen von Leistungen die Ausgabendynamik bremsen, wenn gleichzeitig keine finanziellen Auswirkungen durch das Poolen erwartet werden (vgl. Plenarprotokoll 18/175 vom 08.09.2016)?



Antwort:

Zumutbarkeitsprüfung bei der gemeinsamen Inanspruchnahme als mühsam errungener Kompromiss

Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales:

Die Frage, ob die gemeinsame Inanspruchnahme von Leistungen unter einen Zustimmungsvorbehalt gestellt werden soll, wurde im Gesetzgebungsverfahren des BTHG ausführlich diskutiert. Letztlich hat man sich gegen einen Zustimmungsvorbehalt und einen anderen „Schutzmechanismus“ (Zumutbarkeitsprüfung) entschieden.

Um dem Anliegen der Menschen mit Behinderungen Rechnung zu tragen, hat der Gesetzgeber aber ein deutliches Signal zum Schutz der Intimsphäre des Wohnens gesetzt. Nach § 104 Abs. 3. Satz 4 SGB IX n.F. dürfen „im Zusammenhang mit dem Wohnen stehende Assistenzleistungen im Bereich der Gestaltung sozialer Beziehungen und der persönlichen Lebensplanung“ außerhalb von besonderen Wohnformen nicht gegen den ausdrücklichen Wunsch des Betroffenen gemeinsam erbracht werden.

Ob die Regelungen zur gemeinsamen Inanspruchnahme von Leistungen tatsächlich zu den befürchteten Verschlechterungen für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen führt, soll im Rahmen der modellhaften Erprobung nach Artikel 25 Abs. 3 BTHG ermittelt werden. Die Ergebnisse der modellhaften Erprobung sollen den Gesetzgeber in die Lage versetzen, hier ggf. noch gesetzgeberisch nachsteuern zu können.

Die Ausgabendynamik in der Eingliederungshilfe soll durch eine Vielzahl von Maßnahmen zur Erhöhung der Steuerungsfähigkeit, darunter auch die gemeinsame Inanspruchnahme von Maßnahmen, gebremst werden. Ob und ggf. in welchem Umfang dies geschieht, soll durch die Finanzuntersuchung nach Artikel 25 Abs. 4 BTHG ermittelt werden.

Assistenzleistungen von externen Anbietern

Es geht um die Interessen der Menschen mit Behinderungen. Wenn Diese verschiedene Interessen anbringen und die Umsetzung nicht in der besonderen Wohnform erbracht werden kann, aufgrund von Personalmangel, Rahmenbedingungen etc.

Ist es dann möglich, dass sich der Mensch mit Behinderung Andere, nicht im Wohnheim anbietende Leistungserbringer nimmt, wenn diese seinen Interessen entsprechen und diese ermöglichen?

Wie gelangen diese externen Assistenzleistungen an den Menschen mit Behinderung? Muss sich der Mensch diese selbst suchen? Kommen Anbieter ins Haus bzw. in die besonderen Wohnformen? Wenn der Mensch mit Behinderung verschiedene Interessen hat, muss es dafür auch Angebote zur Umsetzung geben, woher kommen diese Angebote? Gibt es eine Liste?



Antwort:

Leistungsberechtigte entscheiden selbst auf Grundlage des Teilhabeplans

Ziel des BTHG ist es u.a. die Eingliederungshilfe personenzentriert auszurichten. Dazu zählt es auch, Menschen mit Behinderungen Zugang zu Assistenzleistungen zu gewährleisten, die ihren Ansprüchen und Wünschen entsprechen. Bewohner/innen von besonderen Wohnformen, können demnach einzelne oder auch alle ihm zustehenden Fachleistungen der Eingliederungshilfe bei einem oder mehreren anderen (externen) Anbietern in Anspruch nehmen.

Wie dieser Teil der Reform in der Praxis umsetzbar ist, hängt unter anderem von Größe und Lage der Wohngelegenheit ab und davon, ob es alternative wohnortnahe Fachleistungsangebote gibt. Es gibt Leistungserbringer, die Chancen darin sehen, ihren Bewohner/innen Mietverträge und einzelne Fachleistungen als Alternative zu kombinierten Wohn- und Betreuungsverträgen anzubieten. Andere werden das bisherige kombinierte Angebot aus verschiedenen Gründen zunächst beibehalten.

Das Prinzip der Personenzentrierung sieht vor, dass Leistungsberechtigte selbst entscheiden, wo sie Hilfe von Assistent/innen benötigen, welche Aufgaben sie selbst erledigen können und was ihr Netzwerk für sie tun kann oder was etwa der Sozialraum für sie anbietet. Nach § 78 SGB IX entscheiden die Leistungsberechtigten auf Basis des Teilhabeplans über die konkrete Gestaltung der Leistungen hinsichtlich Ablauf, Ort und Zeitpunkt der Inanspruchnahme. Die Auswahl der Leistungserbringer, insbesondere der Assistenzkräfte, ist an dieser Stelle nicht genannt. Dieses Auswahlrecht gehört jedoch zu den grundlegenden Freiräumen und Kompetenzbereichen der klassischen Assistenz.

Die Assistenz kann auch in Einrichtungen oder über Unterstützungsdienste erbracht werden.

Auf der Suche nach geeigneten Assisten/innen berät neben dem zuständigen Leistungsträger die EUTB-Stelle in Ihrer Region. Adressen und Kontaktdaten finden Sie unter: https://www.teilhabeberatung.de/beratung/beratungsangebote-der-eutb 

Einige Internet-Seiten bieten eine Stellen-Vermittlung von Assistenz. Zum Beispiel diese:

  • www.assistenzboerse.de
  • www.assistenz.org
  • www.assistenzjobonline.de

Leistungsberechtigte können auch die Hilfe von Assistenz-Diensten in Anspruch nehmen. Diese Dienste übernehmen die Organisation und Umsetzung der Assistenz. Eine Liste mit Assistenzdiensten in Deutschland bietet der Berliner Verein ambulante dienste e.V.

Downloads und Links

Monatliche Pauschale für Kosten der Freizeitgestaltung

Darf eine Einrichtung "Besondere Wohnform" in der Eingliederungshilfe eine monatliche Pauschale für Kosten der Freizeitgestaltung  einem Bewohner in Rechnung stellen, auch wenn dieser kein Interesse an der Freizeitgestaltung des Trägers hat? Diese Pauschale muss er von der Grundsicherung bezahlen.



Antwort:

Die Leistung "Freizeitgestaltung" stellt gem. § 78 Abs. 1 SGB IX eine Assistenzleistung dar

Bei der Leistung "Freizeitgestaltung" handelt es sich gem. § 78 Abs.1 SGB IX um eine Assistenzleistung und somit um eine Fachleistung. Für Fachleistungen der Eingliederungshilfe bedarf es gem. § 117 SGB IX einen Gesamtplan. Hierbei muss der Leistungsberechtigte in alle Verfahrensschritte einbezogen werden und die Wünsche des Leistuungsberechtigten zu Ziel und Art der Leistungen dokumentiert und berücksichtigt werden. Falls der Leistungsberechtigte in diesem Prozess nicht ausdrücklich die Leistungen der Freizeitgestaltung der Einrichtung wünscht, kann die Einrichtung dem Leistungsberechtigten die Kosten der Leistung auch nicht in Rechnung stellen.

Darüber hianus rechnet die Eingliederungshilfe bei Fachleistungen direkt mit dem Leistungserbringer ab. Die Eingliederungshilfe kann jedoch für die Kosten einen Eigenanteil vom Leistungsberechtigten anfordern, wenn das Einkommen und Vermögen des Leistungsberechtigten eine Freibetragsgrenze übersteigt. Da in diesem Fall die leistungsberechtigte Person Leistungen der Grundsicherung bezieht, wird diese nicht über die Freibetragsgrenzen kommen und kann somit auch nicht für die Kosten der Leistung "Freizeitgestaltung" herangezogen werden.

Downloads und Links

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