Abschlussbericht zur Studie zum Entgeldsystem in WfbM

18. September 2023

Abschlussbericht zur Studie zum Werkstattentgelt veröffentlicht

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat am 14. September 2023 den Abschlussbericht der „Studie zu einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen und deren Perspektiven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“ veröffentlicht.

Forschungsvorhaben

Das derzeitige Entgeltsystem in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM) steht schon länger in der Kritik. Diskutiert werden vor allem eine Bezahlung deutlich unter dem Mindestlohn und die geringe Vermittlungsquote auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Das BMAS hatte daher eine Studie in Auftrag gegeben, die sich damit befasste, welche Möglichkeiten es gibt, das Entgeltsystem in der WfbM transparent, nachhaltig und zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Darüber hinaus wurde erforscht, wie der Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt für Werkstattbeschäftigte und Schulabgängerinnen und -abgänger von Förderschulen sowie andere Personen, die gegenwärtig als Zielgruppe der WfbM angesehen werden, verbessert werden kann. Schließlich wurden alternative Entgeltsysteme analysiert und insbesondere hinsichtlich ihrer finanziellen Auswirkungen auf die Gesellschaft untersucht.

Studiendesign und Ausgangslage

Zur Analyse der Weiterentwicklung des Entgeltsystems sowie der Perspektiven für Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wurden im Rahmen der Befragungsstudie u. a. 311 Werkstattleitungen, rund 4.250 Werkstattbeschäftigte sowie 160 ehemalige Beschäftige der WfbM befragt.

Von den Werkstattbeschäftigten gaben 88 Prozent der Befragten an, mit ihrer Arbeit zufrieden oder sehr zufrieden zu sein. Zugleich bewerten zwei Drittel der befragten Werkstattbeschäftigten das eigene Entgelt als zu niedrig (67 Prozent) und nur knapp ein Drittel als „so richtig“. Im Rahmen der Ehemaligenbefragung zeigten sich die Beschäftigten, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sind, zu einem deutlich größeren Teil mit der aktuellen Arbeitssituation zufrieden oder sehr zufrieden (92 Prozent) als diejenigen, die inzwischen wieder in der WfbM arbeiten (71 Prozent). Die Zufriedenheit mit der Arbeit in der WfbM ist zudem bei Rückkehrern geringer als bei denen, die dort ununterbrochen beschäftigt waren. 

Bei der Vermittlung aus der WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bezieht sich die Studie auf Zahlen aus dem Jahr 2019 und benennt eine Quote von 0,35 Prozent. In den Jahren 2019 und 2020 betrug das monatliche WfbM-Entgelt pro Person durchschnittlich 225 Euro und ist im Jahr 2021 geringfügig auf 226 Euro angestiegen.  

Befragung zum Entgeltsystem

Im Rahmen der Studie wurden WfbM-Beschäftigte, ehemalige WfbM-Beschäftigte, Werkstatträte und Frauenbeauftragte zu ihren Kenntnissen mit dem Entgeltsystem in der WfbM befragt. Die Ergebnisse der Befragungen zeigen, dass rund die Hälfte der Befragten gute Kenntnisse bzgl. des WfbM-Entgeltsystems vorweisen kann; die andere Hälfte kennt sich dagegen wenig oder gar nicht damit aus. Vor allem von den Werkstatträten und (mit Abstrichen) den Frauenbeauftragten wird fehlende Transparenz zu geschlechtsspezifischen Entgeltunterschieden oder zur Anzahl der Arbeitsförderungsgeld-Beziehenden (AFöG) in ihrer Werkstatt bemängelt. Zudem zeigt sich, dass sich nur die Hälfte der Werkstatträte über das Arbeitsergebnis der Werkstatt informiert ist. Ein relativ geringer Wert hinsichtlich des Mitwirkungsrechts des Werkstattrats bei Darstellung und Verwendung des Arbeitsergebnisses (§ 5 WMVO).

Mit Blick auf die Reformdiskussion des WfbM-Entgeltsystems zeigt sich, dass eine einheitliche Entgelthöhe für alle Werkstattbeschäftigte keine ungeteilte Zustimmung findet (drei Viertel der Werkstatträte und jeweils die Hälfte der Befragten aus den anderen drei Befragungen zeigen sich ablehnend). Stärkere Zustimmung (71 bis 77 Prozent) gibt es für eine nach Leistung differenzierende Bezahlung mit Ausnahme der ehemaligen Werkstattbeschäftigten (51 Prozent). Darüber hinaus sind sich die Befragten jedoch einig, dass die Entgeltreform so gestaltet werden müsse, dass möglichst keine anderen Sozialleistungen mehr erforderlich seien.

Übergänge aus der Werkstatt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt

Bei der Analyse der Übergänge von der WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zeigt sich, dass die Quote der Übergänge im Zeitraum 2015 bis 2019 von 0,26 Prozent auf 0,35 Prozent nur leicht gestiegen ist. Als mögliche Gründe wurde vor allem der fehlende Übergangswunsch seitens der Werkstattbeschäftigten ausgemacht. Hier spielen die hohen Herausforderungen sowie die Befürchtungen, etwa vor dem Verlust des vertrauten sozialen Umfeldes oder Diskriminierung im neuen Kollegenkreis eine Rolle. Seitens der Arbeitgeberinnen und Arbeitsgeber werden von den Befragten vor allem Vorurteile gegenüber WfbM-Beschäftigten sowie fehlende Kenntnisse zu den Unterstützungsmöglichkeiten für Wechslerinnen und Wechsler aus der WfbM vermutet.

Alternative Entgeltsysteme

Schließlich wurden im Rahmen der Studie Alternativen zum derzeitigen Entgeltsystem analysiert und dabei die finanziellen Auswirkungen auf die Beschäftigten im Einzelnen und auf die Gesellschaft im Ganzen untersucht. Bei der Szenarienberechnung wurden kleinere Veränderungen ohne strukturelle Reform auf das Entgelt betrachtet (Erhöhung AföG). Zudem wurden Szenarien zur Einführung eines Grund- oder Basiseinkommens und am Mindestlohn orientierte Ansätze berechnet und die finanziellen Auswirkungen der diskutierten Entgeltvarianten in einer Gesamtbilanz abgeschätzt. 

Handlungsempfehlungen

Aus der Analyse der Befragungen sowie der Szenarienberechnungen wurden Handlungsempfehlungen abgeleitet, die die Förderung des Übergangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, die Einführung existenzsichernder Entgelte sowie Ansatzpunkte zur Stärkung von Inklusion und Teilhabe betreffen.

Den vollständigen Bericht können Sie hier herunterladen:

 

Unsere Webseiten verwenden Cookies zur Verbesserung der Bedienung und des Angebots sowie zur Auswertung von Webseitenbesuchen. Einzelheiten über die von uns eingesetzten Cookies und die Möglichkeit diese abzulehnen, finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.