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BTHG-Kompass 1.0

BTHG-Kompass 1.0

Gemeinsam zur individuellen Teilhabe

Um auch bei komplexen Bedarfen zügig zu einer geschlossenen Kette an Rehabilitations- und Teilhabeleistungen zu kommen, wurden die für alle Rehabilitationsträger geltenden Vorschriften zur Bedarfsermittlung, Kooperation und Koordination in Teil 1 des SGB IX detaillierter ausgearbeitet.

Auswirkungen des BTHG auf die Kinder- und Jugendhilfe

Welche Auswirkungen hat das BTHG auf die Kinder- und Jugendhilfe? Welche Regelungen treten mit der zweiten Reformstufe in Kraft, die von der Kinder- und Jugendhilfe beachtet und angewedent werden müssen? Was bedeuten diese Regelungen konkret?



Antwort:

Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen

Mit dem BTHG wird ab dem 01.01.2018 auch die Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen den für alle Rehabilitationsträger geltenden allgemeinen Regeln des Teils 1 und 2 des SGB IX unterworfen und zwar unabhängig davon, ob sie aus dem SGB XII oder dem SGB VIII zu leisten ist.

1. Das Jugendamt in einer Doppelrolle als Träger der Jugendhilfe und Rehabilitationsträger

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 5 SGB IX sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe Rehabilitationsträger für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, Teilhabe an Bildung und zur sozialen Teilhabe. Ob das Jugendamt als Rehabilitationsträger nach SGB IX aktiv werden muss, entscheidet sich bei der Klärung der Tatbestandsvoraussetzungen nach § 35a bzw. 41 SGB VIII (junge Volljährige) und der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit nach §§ 85, 86, 86a ff. SGB VIII. Es erbringt Leistungen nach § 35a SGB VIII sowie Teil 1 und Teil 2 SGB IX im Rahmen seiner Zuständigkeit.

§ 7 SGB IX regelt das Verhältnis zwischen den Teilen 1 und 2 des SGB IX einerseits und den jeweiligen Leistungsgesetzen andererseits. § 35 a Abs. 1 SGB VIII ist eine von § 2 SGB IX „abweichende Regelung“ in diesem Sinne, da sie die Art der Behinderung näher bestimmt. Das für alle Rehabilitationsträger in § 8 SGB IX allgemein geregelte Wunsch-und Wahlrecht ist in § 5 SGB VIII für den Zuständigkeitsbereich der Kinder- und Jugendhilfe spezieller geregelt.

2. Die Fachkraft im Jugendamt/ASD/KSD prüft, ob der Teilhabebedarf aus ihrem Leistungsgesetz (vollständig) gedeckt werden kann, Zuständigkeitsklärung, § 14 SGB IX

Durch die Fachkraft im Jugendamt/ASD/KSD ist zu prüfen, ob vor dem Hintergrund der in § 1, 3 und 4 SGB IX aufgezählten Rehabilitationsziele, ein Teilhabebedarf aus ihrem Leistungsgesetz, also mithilfe der in § 35a Abs. 2 SGB VIII genannten Maßnahmen, gedeckt werden kann. Sie hat dabei zusätzlich § 9 SGB IX (Einleitung der Rehabilitation von Amts wegen – vorrangige Prüfung von Leistungen zur Teilhabe) und § 12 SGB IX (Maßnahmen zur Unterstützung der frühzeitigen Bedarfserkennung) zu beachten. Wird dabei klar, dass der Bedarf nicht (d.h. auch nicht teilweise) durch das Jugendamt gedeckt werden kann, leitet die Fachkraft den Antrag innerhalb einer Frist von zwei Wochen an den ihrer Meinung nach zuständigen Rehabilitationsträger weiter, § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX.

Seit 01.01.2018 ist der Antragsteller von dieser Weiterleitung zu unterrichten, § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX. Andernfalls wird der Träger der Kinder-und Jugendhilfe „leistender Rehabilitationsträger“, führt die personenzentrierte Bedarfsfeststellung gem. § 36 Abs.1 SGB VIII als Teil des Hilfeplanverfahrens durch und nutzt dabei ein an der ICF-orientiertes Instrument nach § 13 SGB IX.

Hier kommt also erneut § 7 SGB IX ins Spiel, wonach die Vorschriften des ersten Teils des SGB IX für alle Rehabilitationsträger gelten, soweit sich aus den Leistungsgesetzen nichts anderes ergibt. Es ist wichtig zu erkennen, dass § 36 SGB VIII gewissermaßen den „Gesamtplan“ für die Eingliederungshilfe des SGB VIII regelt und dass auch das Bedarfsermittlungsinstrument im Bereich der Kinder-und Jugendhilfe den Anforderungen des § 13 SGB IX genügen muss.

3. Teilhabeplanverfahren – Hilfeplanverfahren

Falls neben einem Bedarf nach § 35 a SGB VIII auch Teilhabebedarfe aus anderen Leistungsgruppen (§ 5 SGB IX) oder bei anderen Rehabilitationsträgern (§ 6 SGB IX) bestehen, für die das Jugendamt nicht Rehabilitationsträger sein kann, ist das Teilhabeplanverfahren gem. § 19 ff SGB IX einzuleiten. Das ist also bereits dann der Fall, wenn beispielsweise für ein seelisch behindertes Kind/einen jungen Erwachsenen neben Leistungen nach § 35 a SGB VIII zugleich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation durch die GKV oder der beruflichen Rehabilitation durch die Bundesagentur für Arbeit erbracht werden müssen.

Die Fachkraft im Jugendamt/ASD/KSD muss also die Frage beantworten können, aus welchen Leistungsgruppen und welchen Leistungsgesetzen diese Bedarfe gedeckt werden können. Falls dafür ein Antrag erforderlich ist, muss auf eine Antragstellung bei diesem Träger oder diesen Trägern hingewirkt werden, § 9 Abs. 1 und 4 SGB IX. Allerdings tritt nicht etwa das Gesamtplanverfahren nach § 117 ff SGB IX an die Stelle des Hilfeplanverfahrens nach § 36 SGB VIII. Das Hilfeplanverfahren ergänzt auch nicht etwas das Gesamtplanverfahren. Vielmehr ist das Hilfeplanverfahren die speziellere Ausgestaltung des Gesamtplanverfahrens, mit der Maßgabe dass das Bedarfsermittlungsinstrument den Vorgaben des § 13 SGB IX entsprechen muss. Dies gilt auch dann, wenn der Träger der Kinder-und Jugendhilfe gem. § 19 Abs. V SGB IX als lediglich „beteiligter Rehabilitationsträger“ zum für das Teilhabeplanverfahren „verantwortlichen“ Rehabilitationsträger wird, § 21 Satz 2 SGB IX. § 24 SGB IX stellt klar, dass vorläufige Leistungen weiterhin gem. § 86d SGB VIII zu erbringen sind.

4. Neuerungen im Bereich Teilhabe am Arbeitsleben

Seit dem 01.01.2018 gibt es mit den „Anderen Leistungsanbietern“ und dem „Budget für Arbeit“ Alternativen zur WfbM, §§ 60, 61 SGB IX. Auf Wunsch des Menschen mit Behinderung ist die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben durch diese Leistungsanbieter oder durch die WfbM zusammen mit einem oder mehreren dieser Anbieter zu erbringen, § 62 Abs. 1 SGB IX.

5. Änderungen ab 2020

Ab dem 01.01.2020 wird § 35a SGB VIII an die Eingliederungshilfe des SGB IX (Teil 2) angepasst.Das bedeutet, dass die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach wie vor nicht als völlig „eigenständige“ Form der Eingliederungshilfe aufgefasst werden kann, sondern wie bisher Aufgabe und Ziele der Hilfe (§ 90 SGB IX) sowie Art und Form der Leistung (§§ 28-35 SGB IX) sich aus den Vorschriften ergeben, die für alle anderen Leistungsberechtigten der Eingliederungshilfe (bislang §§ 53 ff. SGB XII, ab 01.01.2020 Teil 2 des SGB IX) gelten, „soweit sie auch für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche anwendbar sind“. Es ist zu beachten, dass Arten und Formen der Leistung mit dem BTHG ausgebaut werden.

Die Neuerungen in den Kapiteln 3 bis 6 des 2. Teils (§§ 109 bis 116 SGB IX) mit ihren Verweisungen in den 1. Teil des SGB IX gelten auch für die Eingliederungshilfe nach dem § 35 a SGB VIII. Soweit diese Leistungsarten besondere Anforderungen an den Personenkreis der Leistungsberechtigten stellen, gelten diese auch für die Eingliederungshilfeleistungen nach § 35 a SGB VIII.

Literatur

Sanktionsmöglichkeiten im Rahmen der trägerübergreifenden Zusammenarbeit

Überörtliche Träger der Sozialhilfe machen im Rahmen ihrer Trägerschaft der Eingliederungshilfe die Erfahrung, dass die Einbindung anderer Rehabilitationsträger im Einzelfallmanagement Schwierigkeiten bereitet. Andere Rehabilitationsträger beteiligen sich z.T. schlicht nicht in gemeinsamen Verfahren. Für die Träger der Eingliederungshilfe wäre es wichtig zu verstehen, ob und, falls vorhanden, welche Sanktionsmöglichkeitenen/Druckmittel sie im Rahmen des BTHG in der Hand haben, um andere Rehabilitationsträger für eine trägerübergreifende Zusammenarbeit zu gewinnen.



Antwort:

Grundlage: "Gemeinsame Empfehlung Reha-Prozess" der BAR

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation (BAR) hat im Zuge der Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags aus § 26 SGB IX eine „Gemeinsame Empfehlung Reha-Prozess“ veröffentlicht, die die beschriebene Problematik aufgreift. Im Abschnitt 3 finden sich die Regeln zur Kostenerstattung unter den Trägern. Zu beachten ist dabei insbesondere, dass die Regelungen der §§ 108 ff. SGB X Anwendung finden.

Abweichend von § 109 SGB X ist eine Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 5 Prozent der erstattungsfähigen Leistungsaufwendungen von der Erstattung umfasst, § 16 Abs. 3 SGB IX. Nur dann, wenn die Leistung zu Unrecht erbracht wurde und der leistende Rehabilitationsträger dabei grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat, ist die Erstattung ausgeschlossen.

Auf diese "Gemeinsame Empfehlung Reha-Prozess" der BAR, die gesetzlichen Fristen des § 15 SGB IX und auf diese Rechtsfolge kann in der Kommunikation mit anderen Rehabilitationsträgern hingewiesen werden.

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