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BTHG-Kompass 4.1

Sie können an dieser Stelle Einsicht in die Dokumente des Themas nehmen.

Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.1

Sozialraumorientierung im Fachkonzept

Wie übertrage ich das Prinzip der Sozialraumorientierung in ein Fachkonzept?



Antwort:

Seit dem 01.01.2020 läuft die Übergangsphase, die den Bundesländern Zeit gibt, die Umsetzung des BTHG strukturell und leistungsrechtlich zu bewältigen. Wichtige Eckpunkte wurden seitens der Leistungsträger nicht definiert – dazu gehört insbesondere auch das Konzept der Sozialraumorientierung, so dass es während der Übergangszeit des BTHG fachlich gefüllt werden muss.

Das Fachkonzept dient als Grundlage für die personenzentrierte Leistungserbringung und für die Neubestimmung des Leistungsangebots nach dem BTHG. Auch die Sozialraumorientierung muss darin definiert werden, damit sie in den Verhandlungen der Leistungsvereinbarung und der Entgelte angemessen berücksichtigt werden kann. Im Fachkonzept müssen die konkreten sozialraumbezogenen Leistungen für den leistungsberechtigten Personenkreis übersichtlich dargelegt werden, damit daraus der notwendige Personalbedarf abgeleitet werden kann. Es ist zu empfehlen, die Sozialraumstrategie mit der Qualitäts- und Wirksamkeitsorientierung zu verknüpfen. In diesem Kontext ist es sinnvoll, sowohl die Verweise auf die Paragraphen als auch auf einschlägige Sozialraum-Literatur einzufügen, um die eigene Strategie besser abzusichern.

Die Unbestimmtheit des Sozialraumbegriffs im BTHG eröffnet den Leistungserbringern eine relative Gestaltungsfreiheit. Damit dabei kein großes Durcheinander entsteht, wird empfohlen, dass sich die Leistungserbringer – koordiniert durch die kommunale Sozialplanung – untereinander in einer vorbereitenden Facharbeitsgruppe abstimmen. In einem solchen Gremium kann die Übergangsphase dazu genutzt werden, das zukünftige Leistungspaket im Sozialraum zu erörtern und die Voraussetzungen zu definieren.

Zu klären ist beispielsweise, ob der Sozialraum geografisch eingegrenzt (und eventuell mit Sozialraumdefinitionen anderer Fachfelder wie Jugend- und Altenhilfe integriert) werden soll oder ob in der Eingliederungshilfe alternativ ein offenes Raumverständnis (Lebensweltfokus) zu verfolgen ist. Die Unterstützung der Sozialplanung wird bei der Ermittlung des Bedarfs im Kreis der leistungsberechtigten Personen gebraucht, aber auch bei der Bedarfsbestimmung, in welcher Weise Akteure und Organisationen verschiedener Regelsysteme im Rahmen von Kooperationen vernetzt werden müssen, um zu vermeiden, dass die Leistungsorte der Eingliederungshilfe von anderen Infrastrukturen im Sozialraum isoliert bleiben.

Sozialraumorientierung im FachkonzeptDownloads und Links

Wie sollen die Fachkräfte die Sozialräume kennenlernen?

Wie sollen die Fachkräfte alle Sozialräume der Menschen mit Behinderungen, für die sie zuständig sind, kennenlernen? Dazu wird wohl auch die Unterstützung der Leistungserbringer notwendig sein. Gibt es dazu Erfahrungen aus der Praxis?



Antwort:

Gute Praxiserfahrungen mit „Quartiersspaziergang“

Gute Praxiserfahrungen wurden mit der Methode des „Quartiersspaziergang“ gemacht. Der organisierte Spaziergang durch den Sozialraum ist eine Methode zur Bedarfserhebung und bietet eine Plattform für die Vernetzung der lokalen Akteure und der im Sozialraum wohnenden Menschen mit besonderen Bedarfen.

Der Impuls für diese Methode sollte aus dem Kreis der Fachkräfte kommen, die Organisation und Durchführung sollte aber die kommunale Sozialplanung übernehmen. Je nach quartiersspezifischer Fragestellung ist es notwendig, Akteure verschiedener Rechtskreise des SGB zu beteiligen. Menschen mit Behinderungen sind an solchen Erkundungsgängen unmittelbar zu beteiligen – durch den gegenseitigen Besuch in den Einrichtungen und Gelegenheiten werden die Grundlagen für die Vernetzung im Sozialraum gelegt.

Solche Maßnahmen lassen sich absichern über § 97 SGB IX. Danach sollen die Fachkräfte der Eingliederungshilfe, die aus unterschiedlichen Fachdisziplinen stammen, mit umfassenden Kenntnissen über Teilhabebedarfe und Teilhabebarrieren sowie über den Sozialraum und dessen Potenziale für die Durchführung von Leistungen der Eingliederungshilfe ausgestattet werden. Die Empirie des Quartiersspaziergangs leistet dafür einen wichtigen Beitrag.

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Wo finden die Arbeitsgemeinschaften nach § 94 Abs. 4 statt?

Wo finden die Arbeitsgemeinschaften nach § 94 Abs. 4 statt? Auf Landesebene oder kommunaler Ebene?



Antwort:

Arbeitsgemeinschaften sind von den Ländern zu bilden

In § 94 Abs. 4 BTHG werden die Arbeitsgemeinschaften als Aufgaben der Länder festgelegt. Es heißt unter Abs. 4: „Zur Förderung und Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe bildet jedes Land eine Arbeitsgemeinschaft. Die Arbeitsgemeinschaften bestehen aus Vertretern des für die Eingliederungshilfe zuständigen Ministeriums, der Träger der Eingliederungshilfe, der Leistungserbringer sowie aus Vertretern der Verbände für Menschen mit Behinderungen. [...]“

In Brandenburg wird eine Arbeitsgemeinschaft beim für Soziales zuständigen Ministerium eingesetzt, um die Grundlagen für die Sicherung und Weiterentwicklung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu schaffen. In Niedersachsen wird die Arbeitsgemeinschaft ebenfalls bei dem für Eingliederungshilfe und Sozialhilfe zuständigen Ministerium gebildet. In Mecklenburg-Vorpommern soll die Arbeitsgemeinschaft bei der obersten Landessozialbehörde eingerichtet werden.

Der Gesetzestext und die genannten drei Beispiele unterstreichen, dass die Arbeitsgemeinschaften auf Landesebene stattfinden. Allerdings sollte die Praxis vor Ort sich nicht darauf verlassen, dass nach der Übergangsphase – quasi von oben – von der Landesebene die fertigen Konzepte eintreffen werden, wie die Sozialraumorientierung in der Eingliederungshilfe umgesetzt werden kann. Es ist vielmehr notwendig, dass die Fachkräfte und Leistungserbringer vor Ort – in Kooperation mit der kommunalen Sozialplanung – die Eckpunkte, wie die Sozialraumorientierung in der Eingliederungshilfe angelegt sein muss, über die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege und über die Verbände der Menschen mit Behinderungen vorab auf die Landesebene transportieren.

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