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BTHG-Kompass 4.1

Sie können an dieser Stelle Einsicht in die Dokumente des Themas nehmen.

Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.1

Delegation von Aufgaben der rechtlichen Betreuung

Inwiefern darf der gesetzliche Betreuer seine Aufgaben an die Mitarbeiter der Eingliederungshilfe abgeben? Konkret: Ich arbeite in einem ambulant betreuten Wohnen. Darf mir der gesetzliche Betreuer beauftragen, dass ich mit dem Betreuten z. B. Informationsveranstaltungen besuchen? Oder zum Thema Gesundheitsfürsorge, begleite ich als Mitarbeiter den Betreuten zum OP-Vorgespräch oder muss das der gesetzliche Betreuer machen?



Antwort:

Delegation von Aufgaben der rechtlichen Betreuung

Antwort von Rainer Sobota:

Der rechtliche Betreuer kann und darf seine Aufgaben gar nicht an andere Personen abgeben. Es ist aber möglich, Aufgaben zu delegieren, also Dritte mit der Ausführung zu beauftragen. Die Verantwortung für eine sachgerechte Aufgabenerledigung bleibt beim rechtlichen Betreuer.

Die Begleitung des Klienten beim Besuch einer Informationsveranstaltung gehört regelmäßig eher nicht zu den Aufgaben eines rechtlichen Betreuers. Das ist eine typische Aufgabe für Sozialarbeiter bzw. Assistenzen oder Pflegekräfte (soziale Dienste). Aufgabe des Betreuers ist es vielmehr, dafür Sorge zu tragen, dass der Klient diese Veranstaltung besuchen kann (genauer gesagt: Kenntnis von den dort vermittelten Informationen erhält). Wirken sich Krankheit/Behinderung im Kontext mit personen- oder umweltbedingten Barrieren beim Klienten so aus, dass er die Info-Veranstaltung nur mit Begleitung besuchen kann, ist die Begleitung durch einen sozialen Dienst die richtige Hilfe.

Für die Frage der Gesundheitssorge ist entscheidend, ob die Anwesenheit des Betreuers beim Aufklärungsgespräch erforderlich ist. Sie ist regelmäßig nicht erforderlich, wenn der Klient in der Lage ist, den ärztlichen Ausführungen zu folgen und auf der Grundlage der Aufklärung und der eigenen Erfahrungen und Vorstellungen eine Entscheidung für sich zu treffen (einwilligungsfähg). Der Arzt muss also zunächst versuchen, seinen Patienten aufzuklären und von ihm eine Entscheidung bezüglich der vorgesehenen ärztlichen Maßnahme zu erreichen. Ist dies nicht möglich, muss er den Betreuer aufklären und von ihm eine Zustimmung oder Ablehnung erfragen.

Die Begleitung des Klienten bleibt aber Aufgabe des sozialen Dienstes.

Anmerkung: Denkbar wäre auch, der Klient erscheint zum Termin in Begleitung des sozialen Dienstes und der Betreuer ist gleichzeitig auch da.

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Gutachten zur Feststellung des Rehabilitationsbedarfs

Ich bin rechtlicher Betreuer eines 20-jährigen Menschen, welcher nun seit ca. einem Jahr in einer Obdachlosenunterkunft untergebracht ist. Auf meinen Antrag auf Leistungen der Eingliederungshilfe (ABW oder ABWF) im Juni 2019 erfolgte erst einmal keine Reaktion. Im September erhielt ich eine Aufforderung des Gesundheitsamts zur Vorlage von aktuellen psychiatrischen Befunden mit einer Diagnose nach ICD 10. Ich übersandte das ein Jahr alte Gutachten zur Betreuerbestellung und erhielt bis Januar 2020 keine Reaktion. Auf Anfrage bei der Eingliederungshilfe nach dem Sachstand erhielt ich die Auskunft, dass der Betreuer kein Gutachten beibringen würde, so dass das Gesundheitsamt nicht bescheiden könne, ob der zu Betreuende zum leistungsberechtigten Personenkreis gehöre. So lässt sich auch Luft schaffen, um den Arbeitsaufwand für die Umsetzung des BTHG zu bewältigen.



Antwort:

Leistender Rehabilitationsträger muss Sachverständigen beauftragen

Antwort von Katja Lohmeier:

 

Gemäß § 106 SGB IX ist die „Beratung und Unterstützung“ von Menschen mit Behinderungen Aufgabe der Eingliederungshilfe. Die Eingliederungshilfe muss den leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen auch zu den Verwaltungsabläufen beraten und - soweit erforderlich – auch bei der Antragstellung der Leistung unterstützen.

Des Weiteren findet sich im § 17 SGB IX "Begutachtung" folgende gesetzliche Regelung: Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, beauftragt der leistende Rehabilitationsträger unverzüglich einen geeigneten Sachverständigen.

Als rechtlicher Vertreter für die von Ihnen betreute Person sollten Sie die beschriebenen Regelungen nachdrücklich einfordern.

Die Umsetzung des BTHG fordert den Mitarbeiter/innen der Eingliederungshilfe viel ab. Gerade in dem von Ihnen beschriebenen Zeitraum herrschte bei der Eingliederungshilfe ein sehr hohes Arbeitsaufkommen, das meist bis heute anhält. Die neuen Regelungen der aktuellen Umsetzungsstufe machen nicht nur den Betreuerinnen und Betreuern von Bewohner/innen in besonderen Wohnformen mehr Arbeit, sondern auch den Mitarbeitenden in den Abteilungen der Eingliederungshilfe in den Verwaltungen. In der Form des Umgangs miteinander sollten wir das berücksichtigen.

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Handlungsmöglichkeiten bei Schlechtleistung des Leistungserbringers

Welche Handlungsmöglichkeiten haben Leistungsberechtigte, wenn Leistungserbringer schlechte Leistungen bzw. die vereinbarten Leistungen gar nicht erbringen? Welche Kontrollmechanismen und verbraucherschutzrechtlichen Möglichkeiten existieren?



Antwort:

Handlungsmöglichkeiten bei Schlechtleistung des Leistungserbringers

Antwort von Rainer Sobota:

 

Welche Handlungsmöglichkeiten Leistungsberechtigte haben, wenn der Leistungserbringer eine Schlechtleistung oder gar keine Leistung erbringt, hat einen theoretischen und einen praktischen Aspekt. Der zu erbringenden Leistung liegt ein Dienstleistungsvertrag zugrunde. Dieser muss erfüllt werden. Im Gegenzug erhält der Leistungserbringer das vertraglich festgelegte Entgelt. Der Vertrag kann unter Umständen auch gekündigt werden. Welche Regelungen im Einzelnen gelten, ergibt sich aus dem Gesetz (§§ 611ff BGB ) und dem jeweils vorliegenden Vertrag.

Handelt es sich um eine Dienstleistung, bei der die Vergütung nicht direkt durch den Leistungsberechtigten, sondern durch einen Dritten (den zuständigen Leistungsträger) erfolgt, muss die Schlechtleistung oder die Nicht-Leistung beim Leistungsträger angezeigt werden. Dieser wird die entsprechenden Konsequenzen daraus ziehen. Die Vergütungsvereinbarungen zwischen Leistungsträgern und Leistungserbringern regeln immer, dass ein Vergütungsanspruch nur bei Leistung entsteht.

Im Falle der Kündigung des Vertrages mit dem Leistungserbringer durch den Leistungsberechtigten, muss der Leistungsträger einen alternativen Leistungserbringer zur Bedarfsdeckung anbieten, im Zweifel die Leistung selbst erbringen. Sämtliche Leistungsansprüche des Sozialrechts richten sich gegen die Leistungsträger. Sie bedienen sich für die Erfüllung ihrer Leistungsverpflichtung Dritter, es bleibt bei Ihnen aber die Pflicht, die Erbringung einer notwendigen Hilfeleistung auch zu gewährleisten. Hat z.B. eine Kommune kein Geld mehr, um die Sozialhilfe zu bezahlen, muss sie eine Lösung finden (z.B. einen Kredit aufnehmen). Das gilt sinngemäß auch für eine zu erbringende Dienstleistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Wird eine Dienstleistung nicht mit der erforderlichen Qualität erbracht, hat der Leistungsträger in der Regel Einflussmöglichkeiten, für eine Änderung herbeizuführen. Maßstab dafür sind die Vereinbarungen zur Qualität der Dienstleistung, die zusammen mit der Vergütungsvereinbarung zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer abgeschlossen worden sind.

In der Praxis ist die Durchsetzung berechtigter Leistungsansprüche gegenüber Leistungserbringern aber eher eine Frage von Angebot und Nachfrage. Stehen ausreichend Dienstleister zur Verfügung und gibt es tatsächlich eine (Aus)-Wahlmöglichkeit, kann ein Wechsel des Leistungserbringers einfach durchgeführt werden. In Gegenden, in denen nicht genügend Leistungserbringer zur Verfügung stehen, bleibt nur der beschwerliche Weg über Hinweise an den zuständigen Leistungsträger. Daneben besteht natürlich die Möglichkeit, sich bezüglich der Handlungsmöglichkeiten von Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen (z.B. EUTB, Verbrauchberatung) oder Rechtsanwälten aufklären zu lassen.

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