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BTHG-Kompass 4.1

Sie können an dieser Stelle Einsicht in die Dokumente des Themas nehmen.

Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.1

Übergangsregelungen im Berliner Landesrahmenvertrag

Ich finde es merkwürdig, für das Land Berlin von einem „abgeschlossenen“ Rahmenvertrag zu sprechen. Er enthält noch an vielen Stellen Platzhalter für nach wie vor ungeklärte Punkte. Zudem sind viele darin festgehaltene Übergangsregelungen nicht umgesetzt, obw ohl diese mit einem Umsetzungsdatumversehen sind. Hat das irgendwelche Konsequenzen? Wann ist mit einem wirklich abgeschlossenen, verbindlichen Vertrag zu rechnen?



Antwort:

Zunächst möchten wir ganz allgemein erläutern, dass "geschlossene" Verträge sich auf den Vertragsschluss beziehen, nicht aber darauf, ob und ggf. was inhaltlich als "abgeschlossen" anzusehen ist.
Der Berliner Rahmenvertrag ist in 2019 mit Wirkung zum 1. Januar 2020 geschlossen worden. Eine bis 31. Dezember 2021 enthaltene Übergangsvereinbarung wurde durch die Berliner Vertragskommission Eingliederungshilfe (KO131) mit Beschluss vom 15. Dezember 2021 (Nr. 7/2021) bis längstens 31. Dezember 2023 verlängert (Kommission 131 2021). Nähere Informationen zur Arbeit der Vertragskommission und deren Beschlüsse finden Sie unter https://www.berlin.de/sen/soziales/service/vertraege/sgb-ix/kommission-131/. 
Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertag 2021-2025 eine zügige Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes und die Beendigung von Übergangslösungen angekündigt. Ein konkreter Zeitplan ist dem Projekt nicht bekannt.
Literatur:
Kommission 131 (2021): Beschluss Nr. 7 / 2021. In: https://www.berlin.de/sen/soziales/_assets/vertraege/sgb-ix/kommission-131/beschluesse/2021/beschlu_07-2021_verlaengerung-beschlu_01_2020.pdf (08.02.2022).

Übergangsregelungen im Berliner LandesrahmenvertragMaterialien

Schriftliche Vereinbarung bei Fällen nach § 134 SGB IX

Die Vorschrift des § 134 SGB IX wurde durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz um Fallkonstellationen "volljährige Behinderte in Jugendhilfeeinrichtungen" erweitert. Benötigt der Träger der Eingliederungshilfe in diesen Fällen als Voraussetzung für die Leistungserbringung eine Vereinbarung nach SGB IX mit dem Leistungserbringer?



Antwort:

Schriftliche Vereinbarung bei Fällen nach § 134 SGB IX

Bei den Vorschiften in § 134 SGB IX handelt es sich um Sonderregelungen für den Inhalt der schriftlichen Vereinbarungen zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer. Diese regeln, dass in wenigen Ausnahmefällen keine Trennung von Fach- und existenzsichernden Leistungen stattfindet. Für die Erbringung der entsprechenden Leistungen muss aber auch in diesen Ausnahmefällen eine Vereinbarung zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer vorliegen (§ 125 SGB IX).

Leistungstrennung in geschlossenen Einrichtungen der Eingliederungshilfe

Was ist von Seiten der Einrichtung zu tun, wenn eine Person mit Behinderung (z. B. einer Suchterkrankung) ablehnt, einen Antrag auf Grundsicherung oder auf Fachleistung zu stellen?

Wie ist zu verfahren, wenn in einer geschlossenen Einrichtung eine rechtliche Betreuung beispielsweise nur in der Gesundheitssorge und der Aufenthaltsbestimmung vorliegt, nicht aber in der Vermögenssorge?

Was ist von Seiten der Einrichtung zu veranlassen, wenn eine Person mit Behinderung (z. B. einer psychischen Erkrankung) ablehnt, bei dem fortan erforderlichen Antrag auf Grundsicherung mitzuwirken?



Antwort:

Regelung in Landesrahmenverträgen ist sinnvoll

Geschlossene Einrichtungen werden mit großer Wahrscheinlichkeit auch ab dem 1. Januar 2020 als stationäre Einrichtungen behandelt werden mit der Folge, dass die Finanzierung wie bisher als „Komplettpaket“ durch den Träger der Eingliederungshilfe über Grund- und Maßnahmepauschale und Investitionsbetrag erfolgen wird. Fraglich ist hierbei, ob auf geschlossene Einrichtungen die Norm des § 134 SGB IX („Sonderfälle“) direkt oder analog angewendet werden kann. Meines Erachtens kann die Beantwortung dieser Frage offenbleiben, da das BTHG die Vereinbarung auch einer Grundpauschale nicht ausschließt, sondern in § 134 SGB IX ausdrücklich zulässt und andererseits von einem Weiterexistieren stationärer Einrichtung (vgl. Wortlaut des § 103 Abs. 1 SGB IX) ausgeht. Bei Vorliegen einer stationären Einrichtung, worunter geschlossene Einrichtungen zweifelsfrei fallen dürften, sieht § 27b Abs. 1 S. 1 SGB XII ausdrücklich vor, dass „der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen den darin erbrachten sowie in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt umfasst.“

Im Freistaat Thüringen wurde deshalb im Entwurf zum Landesrahmenvertrag nach § 131 SGB IX in § 26 Abs. 2 geregelt, dass „die Vergütung [...] in der Regel aus der Grundpauschale für Unterkunft und Verpflegung, der Maßnahmepauschale sowie einem Betrag für betriebsnotwendige Anlagen einschließlich ihrer Ausstattung (Investitionsbetrag)“ besteht.

Sinnvollerweise sollte dies in jedem Bundesland im Rahmenvertrag nach § 131 SGB IX explizit geregelt werden.

Sofern in Ihrem Bundesland eine ähnliche rahmenvertragliche Regelung wie in Thüringen existiert, entfällt das Erfordernis der Beantragung von Grundsicherungsleistungen, da der Lebensunterhalt dann Bestandteil der Eingliederungshilfe ist. Für die Erlangung des Barbetrages und der Kleidergeldpauschale nach § 27b SGB IX ist nach § 18 Abs. 1 SGB XII kein gesonderter Antrag vonnöten (die Sozialhilfe setzt mit Bekanntwerden des Hilfebedarfs ein).

Für die Eingliederungshilfe gilt allerdings ab dem 1. Januar2020 nach § 108 Abs. 1 SGB IX ein Antragserfordernis. Dieses wird aber nach § 108 Abs. 2 SGB IX dann eingeschränkt, wenn der Hilfebedarf bereits in einem Gesamtplanverfahren festgestellt worden ist. In diesen Fällen ist dann also kein (erneuter) Antrag erforderlich.

Das Antragserfordernis nach § 108 Abs. 1 SGB IX ist meines Erachtens in geschlossenen Einrichtungen in zweierlei Hinsicht zu betrachten:

Sofern eine Unterbringung durch richterlichen Beschluss nach § 1906 BGB oder nach einem Unterbringungsgesetz des jeweiligen Bundeslandes gegeben ist, kann von der untergebrachten Person sinnvollerweise kein Antrag gefordert werden. Lediglich den Betreuer trifft die Pflicht, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Sofern dessen Betreuung nicht auch die Vermögenssorge umfasst, dürfte dies unschädlich sein, da die Berechtigung zur Antragstellung bereits aus den Aufgabenbereichen Gesundheitssorge und Aufenthaltsbestimmung folgt. Jedenfalls folgt dieses Recht aber auch aus dem Aufgabenbereich „Vertretung vor Behörden“.

Wenn sich die Betroffenen aber freiwillig in einer geschlossenen Einrichtung aufhalten und sich weigern, einen Antrag auf Eingliederungshilfe zu stellen und sie nicht unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt stehen, mithin also in ihrer Geschäftsfähigkeit nicht eingeschränkt sind, kann die Betreuung durch den Leistungserbringer nicht fortgesetzt werden und der Heimvertrag kann nach § 12 WBVG gekündigt werden. Eine gesetzliche „Pflicht“ zur Beantragung von Eingliederungshilfe besteht jedenfalls nicht.

Allerdings wird in der Regel anzunehmen sein, dass für Bewohner in geschlossenen Einrichtungen bereits ein Gesamtplanverfahren durchgeführt wurde und die Beantragung von Eingliederungshilfe daher nach § 108 Abs. 2 SGB IX obsolet ist.

Hinsichtlich Ihrer letzten Teilfrage (Verweigerung eines Antrages auf GruSi durch Person mit psychischer Erkrankung) verweise ich auf meine vorstehenden Ausführungen, sofern sich diese Frage auf geschlossene Einrichtungen bezieht.

Ansonsten muss aufgrund der Leistungstrennung in sogenannten besonderen Wohnformen befürchtet werden, dass die Lebensunterhaltskosten (KdU, Regelbedarf) in der Wohnform nicht gedeckt werden können. Auch hier wäre der Leistungserbringer nach § 12 WBVG berechtigt, den Heimvertrag zu kündigen.

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