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Teilhabe am Arbeitsleben - Auszüge aus dem BTHG und der Gesetzesbegründung

Teilhabe am Arbeitsleben - Auszüge aus dem BTHG und der Gesetzesbegründung

„Zu § 61 (Budget für Arbeit)

Mit der Vorschrift wird für Menschen mit Behinderungen, die Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen haben, eine weitere Alternative zur Beschäftigung in dieser Werkstatt geschaffen. Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt haben Menschen mit Behinderungen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, die aber in der Lage sind, wenigstens ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen. Die Alternative besteht darin, dass ein Lohnkostenzuschuss nebst Anleitung und Begleitung ermöglicht wird, der einen Arbeitgeber dazu bewegt, mit dem Menschen mit Behinderungen trotz dessen voller Erwerbsminderung einen regulären Arbeitsvertrag zu schließen. Diese Art der Teilhabeförderung ist bereits in einigen Bundesländern unter der Bezeichnung „Budget für Arbeit“ erfolgreich erprobt worden. Deswegen wird diese eingeführte Bezeichnung beibehalten.

Von einem Budget für Arbeit können nicht nur Werkstattbeschäftigte profitieren, die die Werkstatt verlassen wollen. Es profitieren auch Jugendliche mit Behinderungen, die im Rahmen ihrer beruflichen Orientierung für die Zeit nach ihrer beruflichen Bildung ein Budget für Arbeit in Aussicht nehmen. Nicht zuletzt profitieren Menschen mit einer seelischen Behinderung, die bereits heute dem Grunde nach anspruchsberechtigt sind, aber nicht in der Werkstatt für behinderte Menschen arbeiten wollen und deswegen gar keine Leistungen in Anspruch nehmen.

Somit greift die neue Alternative die in den Abschließenden Bemerkungen zur Staatenprüfung nach der UN-Behindertenrechtskonvention seitens der Vereinten Nationen geäußerten Anregungen auf, mehr Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen, ohne die Werkstätten grundsätzlich in Frage zu stellen. Denn Maßstab gesetzgeberischen Handelns müssen die Interessen der Menschen mit Behinderungen sein. Und viele Werkstattbeschäftigte fühlen sich in ihrer Werkstatt wohl. Für diejenigen aber, die lieber einen anderen Weg gehen, darf ein solcher Weg nicht gesetzlich verbaut sein, sondern muss ermöglicht werden. Das erfordert schon der Respekt vor den Menschen mit Behinderungen.

Ein Budget für Arbeit ist eine Alternative zum Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen, also nachdem der Mensch mit Behinderungen eine berufliche Bildung erhalten hat. Diese kann bei einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter stattfinden. Will ein Leistungsberechtigter Leistungen zur beruflichen Bildung dort nicht in Anspruch nehmen, wird die Erbringung der Leistung in der Leistungsform des Persönlichen Budgets in Betracht kommen. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.11.2011 (B 11 AL 7/10R) ist die Förderung einer Leistung der beruflichen Bildung, wie sie in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen erbracht werden, auch außerhalb einer anerkannten Werkstatt möglich, sofern die sonstigen Vorgaben des § 57 SGB IX beachtet werden und im konkreten Fall das Ziel der gesetzlich vorgesehenen Förderung in gleicher Weise erreicht werden kann. Das Persönliche Budget wird in diesem Fall von den im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen zuständigen Rehabilitationsträgern erbracht.

Absatz 1 bestimmt als Voraussetzung, dass es sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer tariflichen oder ortsüblichen Entlohnung handeln muss. Damit wird sichergestellt, dass der Mensch mit Behinderungen seinen Lebensunterhalt oder zumindest einen Großteil davon durch Einkommen bestreiten kann. Sozialversicherungspflicht besteht in der gesetzlichen Rentenversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung und in der Sozialen Pflegeversicherung. Versicherungsfreiheit dagegen besteht in der Arbeitslosenversicherung nach § 28 Absatz 1 Nummer 2 des Dritten Buches. Danach sind Personen versicherungsfrei, die wegen einer Minderung ihrer Leistungsfähigkeit dauernd nicht mehr verfügbar sind, von dem Zeitpunkt an, an dem der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung volle Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt hat. Da das Budget für Arbeit einen Personenkreis umfasst, der dem Grunde nach dem allgemeinen Arbeitsmarkt wegen voller Erwerbsminderung nicht zur Verfügung steht, liegen die Voraussetzungen für eine Befreiung in der Arbeitslosenversicherung vor. Da im Übrigen geregelt ist, dass beim Scheitern des Arbeitsverhältnisses ein Aufnahmeanspruch in die Werkstatt für behinderte Menschen besteht, ist der Mensch mit Behinderungen auch nicht auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung angewiesen.

Absatz 2 regelt den Umfang des Budgets für Arbeit im Einzelnen. Zum Budget für Arbeit gehört in erster Linie ein Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber zum Ausgleich der Minderleistung. Dabei wird es sich in der Regel um einen dauerhaften Lohnkostenzuschuss handeln, der den Unterschiedsbetrag zwischen dem tariflich oder ortsüblich gezahlten Arbeitsentgelt und dem der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des voll erwerbsgeminderten Menschen mit Behinderungen entsprechenden Arbeitsentgelt ausgleichen soll. Der Lohnkostenzuschuss ist auf eine Höhe von bis zu 75 Prozent des vom Arbeitgeber regelmäßig gezahlten Arbeitsentgeltes, im Übrigen auf einen Beitrag in Höhe von 40 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches (1.162 Euro im Jahr 2016) begrenzt. Die Höhe des Lohnkostenzuschusses ist grundsätzlich abhängig von der Höhe des gezahlten Arbeitsentgeltes und damit für den Arbeitgeber überschaubar. Durch die Begrenzung auf einen Betrag in Höhe von 40 Prozent der monatlichen Bezugsgröße ist gewährleistet, dass der Lohnkostenzuschuss in der Regel nicht höher ist als die dem Leistungsträger bei Beschäftigung in einer Werkstatt entstandenen Aufwendungen.

Der Lohnkostenzuschuss ist von dem für die Leistung zuständigen Leistungsträger unmittelbar an den Arbeitgeber auszuzahlen. Darüber hinaus wird der Mensch mit Behinderungen eine möglicherweise dauerhafte persönliche Unterstützung benötigen, um die Tätigkeit ausüben zu können. Auch die hierfür erforderlichen finanziellen Aufwendungen, etwa für eine Arbeitsassistenz oder einen Job-Coach, gehören zu den Leistungen im Rahmen des Budgets für Arbeit. Dauer und Umfang der Leistungen bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Danach können Leistungen auch zeitlich begrenzt und degressiv ausgestaltet werden. Satz 4 ermöglicht es den Ländern, durch Landesrecht auch einen von dem Prozentsatz der Bezugsgröße nach Satz 2 nach oben abweichenden Betrag für den Lohnkostenzuschuss festzulegen.

Entsprechend dem im Beihilferecht der Europäischen Union (Artikel 33 der Verordnung (EG) Nr. 651/2014 der Kommission vom 1. Juli 2014 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag) festgelegten Grundsatz eines generellen Förderausschlusses in bestimmten Fällen bestimmt Absatz 3 auch für das Budget für Arbeit, dass ein Lohnkostenzuschuss ausgeschlossen ist, wenn die Beschäftigung des Menschen mit Behinderungen ursächlich ist für die Entlassung eines anderen Mitarbeiters.

Mit Absatz 4 wird eine rechtliche Grundlage geschaffen, Unterstützungsleistungen, so die wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz, gemeinsam in Anspruch zu nehmen. Damit wird ermöglicht, dass mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam etwa die Fachdienste zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben in Anspruch nehmen können. Damit werden auch die Arbeitgeber entlastet, die mehrere Menschen mit Behinderungen beschäftigen, weil ansonsten gegebenenfalls mehrere Unterstützer im Betrieb anwesend wären.

Absatz 5 bestimmt, dass der für die Leistungen zuständige Rehabilitationsträger nicht verpflichtet ist, dem leistungsberechtigten Menschen mit Behinderungen einen öffentlichen oder privaten Arbeitgeber nachzuweisen und damit dem Menschen mit Behinderungen eine Alternative zur Teilhabe am Arbeitsleben in einer Werkstatt für behinderte Menschen zur Verfügung zu stellen“ (Drucksache 18/9522: 255f.).

§ 62 Wahlrecht des Menschen mit Behinderungen

(1) Auf Wunsch des Menschen mit Behinderungen werden die Leistungen nach den §§ 57 und 58 von einer nach § 225 anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen, von dieser zusammen mit einem oder mehreren anderen Leistungsanbietern oder von einem oder mehreren anderen Leistungsanbietern erbracht.

(2) Werden Teile einer Leistung im Verantwortungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder eines anderen Leistungsanbieters erbracht, so bedarf die Leistungserbringung der Zustimmung des unmittelbar verantwortlichen Leistungsanbieters.

Gesetzesbegründung Besonderer Teil „Zu § 62 (Wahlrecht des Menschen mit Behinderungen)

Der Mensch mit Behinderungen hat nach Absatz 1 künftig ein Wahlrecht, bei welchem Anbieter er die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Anspruch nehmen möchte. In Betracht kommt wie bisher die Werkstatt für behinderte Menschen, in deren Einzugsgebiet der Mensch mit Behinderungen seinen Wohnsitz hat. Der Mensch mit Behinderungen kann auch einzelne Module bei unterschiedlichen Anbietern wählen, etwa Leistungen der beruflichen Bildung in der Werkstatt und Leistungen zur Beschäftigung bei einem anderen Leistungsanbieter und umgekehrt.

Ein Wahlrecht, neben Leistungen nach den §§ 57, 58 zur gleichen Zeit Leistungen oder Teilleistungen in der Form des Budgets für Arbeit in Anspruch zu nehmen, besteht nicht. Mit der Aufnahme einer Beschäftigung bei einem öffentlichen oder privaten Arbeitgeber endet das andere Rechtsverhältnis.

Aus dem Wunschrecht des Menschen mit Behinderungen ergibt sich die Verpflichtung der Werkstatt, mit anderen Leistungsanbietern zusammenzuarbeiten und Leistungen anzubieten. Der unmittelbar verantwortliche Leistungsanbieter bleibt in dieser Zeit auch Verantwortlicher für die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge, soweit diese nicht durch den Leistungsträger zu entrichten sind“ (Drucksache 18/9522: 256f.).

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