„II.1.4 Teilhabe am Arbeitsleben verbessern
Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden personenzentriert weiterentwickelt. Vorrangiges Ziel ist eine Teilhabe am Arbeitsleben von Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Es entspricht dem Verständnis der UN-BRK, für Menschen mit Behinderungen „Beschäftigungsmöglichkeiten und beruflichen Aufstieg auf dem (allgemeinen) Arbeitsmarkt […] zu fördern“ (Artikel 27). Im Übrigen wird hier die in den „Abschließenden Bemerkungen über den ersten Staatenbericht Deutschlands“ formulierte Empfehlung aufgegriffen, die Voraussetzungen für einen inklusiven Arbeitsmarkt zu schaffen. Jeder Mensch mit Behinderung soll entsprechend seinem individuellen Leistungsvermögen durch passgenaue Leistungen und Förderung die für ihn größtmögliche Teilhabe am Arbeitsleben erreichen. Im Interesse der Menschen mit Behinderungen soll eine Beschäftigung weder eine Über- noch eine Unterforderung gemessen an seinem Leistungsvermögen bedeuten.
Bei der Teilhabe am Arbeitsleben geht es darum, Menschen mit Behinderungen mehr Möglichkeiten insbesondere auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verschaffen. Die beabsichtigten Regelungen gehören zu einem Gesamtprogramm, das in den letzten Jahren Schritt für Schritt umgesetzt wird: Die Unterstützte Beschäftigung bietet seit 2009 auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt neue Chancen für Menschen mit Behinderungen im Grenzbereich zur WfbM. Über die Initiative Inklusion (Handlungsfeld 1) wird die berufliche Orientierung aus dem Ausgleichsfonds gefördert. Ziel ist es, mittelfristig alle Schülerinnen und Schüler mit Behinderung in Förder- und Regelschulen über ihre individuellen Möglichkeiten für den weiteren beruflichen Werdegang zu orientieren (gemeinsam mit den Eltern, Lehrkräften, potenziellen Dienstleistern und Leistungsträgern).
Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Anschluss an eine berufliche Orientierung gibt es nur, wenn die entsprechenden Ausbildungs- und Arbeitsplätze auch bereitstehen: Die Handlungsfelder 2 und 3 der Initiative Inklusion stellen deshalb Mittel für zusätzliche Ausbildungs- und Arbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen zur Verfügung. Im Rahmen des Förderprogramms der Bundesregierung zur intensivierten Eingliederung und Beratung von schwerbehinderten Menschen entwickeln Agenturen für Arbeit, gemeinsame Einrichtungen und zugelassene kommunale Träger fortschrittliche Konzepte, um schwerbehinderte Menschen zusätzlich zum Regelgeschäft in Ausbildung und Beschäftigung zu integrieren. Darüber hinaus wirbt die deutsche Wirtschaft mit der Kampagne „Inklusion gelingt“ und dem Projekt „Wirtschaft Inklusiv“ bei ihren Mitgliedsunternehmen dafür, mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze für Menschen mit Behinderung bereitzustellen. Dieses Ziel verfolgt auch die Förderung der Inklusionskompetenz bei Handwerks-, Industrie- und Handelskammern sowie Landwirtschaftskammern im Handlungsfeld 4 der Initiative Inklusion. Weitere Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt werden entstehen, wenn entsprechend dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 24. September 2015 Integrationsprojekte stärker gefördert werden.
Mit diesem Gesetz sollen vor allem den Menschen mit Behinderungen, die heute einen Anspruch auf Leistungen in einer WfbM haben, Chancen außerhalb der Werkstatt eröffnet werden. Das Gesamtprogramm wird damit abgerundet.
Für Menschen mit Behinderungen, die dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, wird die Möglichkeit eröffnet, entweder in einer WfbM oder bei einem anderen Leistungsanbieter zu arbeiten oder eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufzunehmen. Die Zulassung anderer Leistungsanbieter erfolgt mit Maßgaben unter den strengen Zulassungskriterien für WfbM. So sollen ein hoher Qualitätsstandard gesichert und Verdrängungseffekte regulär Beschäftigter vermieden werden.
Künftig sollen Arbeitgeber, die bereit sind, dauerhaft voll erwerbsgeminderte Menschen, die Anspruch auf Leistungen im Arbeitsbereich einer WfbM haben, zu beschäftigen, durch ein „Budget für Arbeit“ unterstützt werden, mit dem ein unbefristeter Lohnkostenzuschuss zum Ausgleich der dauerhaften Minderleistung des behinderten Beschäftigten und eine im Einzelfall notwendige Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz finanziert werden können. Menschen mit Behinderungen, die sich für eine Förderung durch das Budget für Arbeit entscheiden, haben ein Rückkehrrecht in die WfbM. Soweit die Betroffenen Leistungen der Eingliederungshilfe beziehen, wird das Budget für Arbeit vom Träger der Eingliederungshilfe erbracht.
Mit dem Budget für Arbeit greift dieses Gesetz erfolgreiche Projekte aus den Bundesländern auf: Unter anderem Rheinland-Pfalz, Hamburg, Niedersachsen und die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe haben das Budget für Arbeit auf regionaler Ebene erprobt und dabei nachhaltige Erfolge bei der Integration von dauerhaft voll erwerbsgeminderten Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt erzielt“ (Drucksache 18/9522: 193f.).