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Fachdiskussion BTHG für Akteure des Betreuungswesens

Sie können an dieser Stelle Einsicht in die Dokumente des Themas nehmen.

Inhaltsverzeichnis

Fachdiskussion BTHG für Akteure des Betreuungswesens

Bedarfsermittlung bei Vorliegen kommunikativer Beeinträchtigungen

Wie können Schwierigkeiten, insbesondere bei der Bedarfsermittlung, bei der Kommunikation mit dem Personenkreis der Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf überwunden werden?



Antwort:

Da die Bedarfsermittlung als Teil des reformierten Gesamtplanverfahrens u.a. individuell durchzuführen ist (§ 117 Abs. 1 SGB IX n.F.), spielt die Kommunikation mit der leistungsberechtigten Person im BTHG eine wichtige Rolle.

Engel und Beck (2018: 5) führen hinsichtlich dieses Kriteriums der Individualität aus, dass neben “einer wunschgemäßen Beteiligung weiterer Personen […] hier insbesondere auch die Bereitstellung von Kommunikationshilfen zu gewährleisten” ist.

Individualität und Kommunikation als zentrale Bausteine der Bedarfsermittlung nach dem BTHGBeteiligung einer Person des Vertrauens

Das BTHG sieht vor, dass am Gesamtplanverfahren auf Verlangen des Leistungsberechtigten eine Person seines Vertrauens beteiligt wird (§ 117 Abs. 2 SGB IX n.F.). Dies können etwa Angehörige oder Freunde sein, die bei der Kommunikation unterstützen können.

Die Person des Vertrauens wurde durch das BTHG auch im Bereich der Beratung und Unterstützung durch den Träger der Eingliederungshilfe aufgenommen (§ 106 SGB IX n.F.). Hierzu wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt:

“Die Regelung wird […] im Hinblick auf die Besonderheit des zu beratenden Personenkreises der Menschen mit wesentlichen Behinderungen ergänzt. Mit der Regelung, dass auf ihren Wunsch eine Person ihres Vertrauens hinzuzuziehen ist, soll insbesondere erreicht werden, dass ihnen durch die Anwesenheit und Expertise einer Vertrauensperson ein Sicherheitsgefühl vermittelt wird oder/und sie ggf. eine Hilfe zur besseren Verständigung und Kommunikation erhalten“ (BT-Drs. 18/9522: 281).

Bereitstellung weiterer Kommunikationshilfen

Eine weitere Möglichkeit, um bei der Bedarfsermittlung Schwierigkeiten in der Kommunikation zu überwinden, ist die Bereitstellung von Kommunikationshilfen, beispielsweise durch unterstützte Kommunikation, Visualisierungen, Gebärdensprache, leichte Sprache und Lormen.

Umsetzung

Diese Möglichkeiten der kommunikativen Unterstützung haben teilweise explizit Eingang in die Bedarfsermittlungsinstrumente gefunden, die derzeit in den Bundesländern entwickelt oder überarbeitet werden. So wird etwa im Bedarfsermittlungsinstrument für Baden-Württemberg dokumentiert, ob und welche Kommunikationshilfen erforderlich waren (Ministerium für Soziales und Integration 2018: 3).

Zudem wird in einigen Bundesländern angestrebt, die neuen Bedarfsermittlungsinstrumente auch in leichter Sprache zur Verfügung zu stellen (Umsetzungsbegleitung BTHG 2018).

Da das BTHG vorsieht, dass die Fachkräfte des Trägers der Eingliederungshilfe die Fähigkeit zur Kommunikation mit allen Beteiligten haben sollen (§ 97 SGB IX n.F.), kann auch der Qualifikation der Fachkräfte, beispielsweise mit Blick auf methodisches Wissen zu Kommunikationsformen (Engel/Beck 2018: 15), im weiteren Umsetzungsprozess eine wichtige Rolle zukommen.

 

Quellen

Engel, Heike/Beck, Iris (2018): Voruntersuchung als Entscheidungsgrundlage zur Entwicklung eines Instruments zur Ermittlung des Bedarfs im Rahmen der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) im Land Berlin. Abschlussbericht. Berlin: Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. In: https://umsetzungsbegleitung-bthg.de/w/files/aktuelles/senias-vorstudie-abschlussbericht.pdf (07.03.2019)

Ministerium für Soziales und Integration (2018): Ermittlung des individuellen Hilfebedarfes für Leistungen der Teilhabe in Baden-Württemberg. In: https://umsetzungsbegleitung-bthg.de/w/files/aktuelles/2018_mai_bei_bawue_final-plus-komplett.pdf (07.03.2019).

Umsetzungsbegleitung BTHG (2018): Regionalkonferenz Ost - Forum 1 Gesamt- und Teilhabeplanverfahren / Bedarfsermittlung. In: https://umsetzungsbegleitung-bthg.de/veranstaltungen/vergangene-veranstaltungen/rk-ost/forum-1/ (07.03.2019).

Zuständigkeit zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs

Wer ermittelt zukünftig den Bedarf des Leistungsberechtigten?



Antwort:

Rehabilitationsträger ermitteln den Rehabilitationsbedarf

Der Bedarf wird durch den nach § 6 SGB IX zuständigen Rehabilitationsträger, also die Bundesagentur für Arbeit, die Jobcenter, die Träger der Gesetzlichen Krankenversicherung, die Träger der Gesetzlichen Rentenversicherung, die Träger der Gesetzlichen Unfallversicherung, die Versorgungsämter und Hauptfürsorgestellen, die Jugendämter und die Träger der Eingliederungshilfe jeweils im Rahmen ihrer Zuständigkeit und mittels eines Instruments nach § 13 SGB IX ermittelt. In den einzelnen Bundesländern werden derzeit unterschiedliche Instrumente der Bedarfsermittlung angewandt, die im Zuge der Umsetzung der BTHG auf ihre Übereinstimmung mit den gesetzlichen Anforderungen überprüft und erforderlichenfalls angepasst werden.

 

Für die Träger der Eingliederungshilfe gelten seit dem 1. Januar 2018 die spezielleren Regelungen der §§ 144 ff. SGB XII bzw. ab dem 1. Januar 2020 die §§ 117 ff. SGB IX n.F. Auch nach diesen Vorschriften ermittelt der Rehabilitationsträger selbst den Rehabilitations- bzw. Teilhabebedarf des Leistungsberechtigten. § 144 Abs. 3 Ziff. 3 SGB XII bzw. § 121 Abs. 3 Ziff. 3 SGB IX n.F. bestimmen jedoch, dass neben dem Leistungsberechtigten und der Person seines Vertrauens andere "Beteiligte" in das Verfahren einbezogen werden. Das Wort "insbesondere" verdeutlicht, dass der Katalog der zu beteiligenden Stellen nicht abschließend geregelt ist.

Leistungserbringer und Bedarfsermittlung

Bisher haben die Leistungserbringer die Hilfepläne (Metzlerbogen bzw. Behandlungs- und Rehabiltationsplan) für ihre jeweiligen KlientInnen erstellt. Soll diese Aufgabe mit dem seit dem 01.01.2018 geltenden Gesamtplanverfahren nun auf die Kostenträger übergehen? Und wenn ja, wie sieht diese Umsetzung für die Praxis in den jeweiligen Bundesländern aus?



Antwort:

Rolle der Kostenträger im Gesamtplanverfahren

Das Gesamtplanverfahren war auch nach bisherigem Recht Aufgabe des Kostenträgers (§ 58 SGB XII a.F.). Die bisherige Praxis, dass Leistungserbringer Hilfepläne für ihre Klientinnen und Klienten erstellen, mag der Verfahrensvereinfachung gedient haben, ist aber spätestens seit dem 1. Januar 2018 in allen Bundesländern unzulässig. Die nunmehr obligatorische Beteiligung des Leistungsberechtigten im Gesamtplanverfahren dient unter anderem seiner Beratung und der Einbeziehung seiner Wünsche in die Bedarfsfeststellung und Leistungsplanung.

So schreibt beispielsweise das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie im Rahmen der Veröffentlichung der Arbeitsversion 2.0 des Bedarfsermittlungsinstruments B.E.Ni: "Die Bedarfsermittlung und die Durchführung des Teilhabe- / Gesamtplanverfahrens fallen allein in die Verantwortung und Zuständigkeit des Trägers der Sozialhilfe (ab dem Jahr 2020 der Träger der Eingliederungshilfe). Die Formulare sind folgerichtig vom Leistungsträger und nicht vom Leistungserbringer auszufüllen" (Niedersächsisches Landesamt für Soziales, Jugend und Familie 2018: 3).

In der Orientierungshilfe der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (BAGüS) heißt es: "Zuständig für die Gesamtplanung ist der Träger der Eingliederungshilfe, der für die Leistung zuständig ist [...] Da der Bedarfsermittlung ein zentraler Stellenwert im Gesamtplanverfahren zukommt, sind dafür entsprechende zeitliche und personelle Ressourcen einzuplanen [...] Eine Beteiligung der Leisungserbringer am Gesamtplanverfahren ist nicht vorgesehen, jedoch können Mitarbeiter des Leistungserbringers auf Wunsch des Leistungsberechtigten als Vertrauensperson beteiligt werden". (BAGüS 2018: 5f.)

Materialien

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