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BTHG-Kompass 4.1

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Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.1

Eingliederungshilfe als Ermessensleistung

Können auch LeistungsempfängerInnen des SGB XI in vollstationären Einrichtungen Leistungen zur sozialen Teilhabe nach SGB IX erhalten? Nach § 99 Abs. 3 SGB IX können diese Leistungen doch auch Menschen ohne Behinderung, dafür aber mit "anderen schweren Beeinträchtigungen" zuerkannt werden. Könnte das auf altersbedingte Gebrechlichkeit zutreffen?



Antwort:

Eingliederungshilfe als Ermessensleistung

Leistungen zur Sozialen Teilhabe sind in § 113 SGB IX geregelt, die Inhalte sind in Absatz 2 exemplarisch, also nicht abschließend aufgezählt. In Absatz 3 ist geregelt, dass die Leistungen nach Absatz 2 Nummer 1 bis 8 sich nach den §§ 77 bis 84 SGB IX bestimmen, soweit sich aus Teil 2 (Eingliederungshilferecht) nichts Abweichendes ergibt.
Für die in § 78 Abs. 2 SGB IX geregelten Assistenzleistungen gilt, dass die Leistungsberechtigten über die konkrete Gestaltung der Leistungen hinsichtlich Ablauf, Ort und Begleitung der Leistungsberechtigten entscheiden. Daher können auch in besonderen Wohnformen Leistungen der Sozialen Teilhabe erbracht werden.
Beim leistungsberechtigten Personenkreis ist zwischen Personen, die eine wesentliche Behinderung haben oder von einer solchen bedroht sind (§ 99 Abs. 1 SGB IX) und Menschen mit anderen geistigen, seelischen, körperlichen oder Sinnesbeeinträchtigungen, durch die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren in der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sind, zu unterscheiden (§ 99 Abs. 3 SGB IX). Erstere besitzen einen Anspruch auf die Eingliederungshilfeleistung, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, letztere besitzen nur einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung des Eingliederungshilfeträgers.
Ermessensleistungen kommen vor allem bei Menschen in Betracht, deren Fähigkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft nicht wesentlich beeinträchtigt ist oder deren Behinderung nicht länger als sechs Monate andauern wird. Das Ermessen ist auf Null reduziert, wenn die Ablehnung der Leistung zu einer Ungleichbehandlung führen würde. (NPGWJ/Winkler, 14. Aufl. 2020, SGB IX § 99 Rn. 9)
In verfassungskonformer Anwendung des § 99 Abs. 3 SGB IX kann eine Ermessensreduzierung auf Null dann eintreten, wenn etwa in vergleichbaren Fällen in anderen Sozialleistungssystemen, wie der Krankenversicherung und dem SGB II, Rehabilitationsleistungen erbracht würden, sofern die versicherungsrechtlichen oder sonstigen besonderen leistungsrechtlichen Voraussetzungen dieser Gesetzbücher erfüllt wären. (Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 99 SGB IX (Stand: 04.11.2021), Rn. 43)
Bei einer Ermessensreduzierung kann das Ermessen der Verwaltung im Einzelfall derart eingeschränkt sein, dass nur eine einzige Entscheidung ermessensfehlerfrei ist. In diesem Fall spricht man von einer Ermessensreduktion auf Null.

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Welche Kriterien muss eine Leistung zur sozialen Teilhabe der Eingliederungshilfe erfüllen?

Gibt es feste und objektive Kriterien, die ein Angebot erfüllen muss, um als Leistung zur sozialen Teilhabe im Rahmen der Eingliederungshilfe in Frage zu kommen?



Antwort:

Kein verbindlicher Kriterienkatalog

Es gibt keinen feststehenden und verbindlichen Kriterienkatalog für Angebote zu Leistungen der Sozialen Teilhabe. Die Leistungen der Sozialen Teilhabe sind im BTHG konkret beschrieben (siehe §§ 113 ff. u. § 76 bis § 84 SGB IX) und müssen sich am jeweils relevanten individuellen Bedarf messen. Der Katalog der Leistungen ist nicht abschließend, so dass auch Raum bleibt für andere oder weitere Bedarfe. In der Praxis wird zwischen Leistungsträger, Leistungsberechtigtem und Leistungserbringer zu klären sein, was angemessen und verhältnismäßig und fachlich realisierbar ist. Dafür müssen in den Bundesländern die Landesrahmenverträge die Voraussetzungen und Orientierungen schaffen.

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Sozialraum

Der Sozialraum wird bei den Leistungen zur Sozialen Teilhabe besonders hervorgehoben. Die Leistungen sollen dazu beitragen, dass Leistungsberechtigte möglichst selbstbestimmt und eigenverantwortlich in ihrem Sozialraum leben können.

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