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BTHG-Kompass 4.1

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Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.1

Wann gelten bei Leistungen zur Hilfe zur Pflege die Einkommens- und Vermögensregelungen der Eingliederungshilfe?

Wenn jemand im Alter von über 65 Jahren erstmals Eingliederungshilfeleistungen und gleichzeitig Leistungen der Hilfe zur Pflege erhält, gelten dann die Einkommens- und Vermögensvorschriften der Eingliederungshilfe oder der Hilfe zur Pflege?



Antwort:

Regelungen der Eingliederungshilfe gelten nur bei erstmaligem Bezug von Leistungen vor der Regelaltersgrenze

Hilfe zur Pflege nach § 64a ff. SGB XII ist eine bedarfsorientierte Sozialleistung zur Unterstützung pflegebedürftiger Personen, die den notwendigen Pflegeaufwand nicht aus eigenen Mitteln sicherstellen können. Sie kommt somit zum Einsatz, wenn entweder die finanziell gedeckelten Leistungen der sozialen Pflegeversicherung im Einzelfall nicht ausreichen, die pflegbedürftige Person nicht pflegeversichert ist, die Pflegebedürftigkeit nicht länger als sechs Monate andauert oder die Pflegversicherung aus anderen Gründen nicht leisten muss und die pflegebedürftige Person die Leistungen nicht aus eigenen Mitteln zahlen kann (von Boetticher und Kuhn-Zuber 2019: 143).

Die Leistungen der Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2 bis 5 häusliche, teilstationäre und vollstationäre Pflege sowie Kurzzeitpflege. Falls die leistungsberechtigte Person simultan Leistungen zur häuslichen Pflege und Eingliederungshilfe bezieht, werden die Pflegeleistungen von denen der Eingliederungshilfe umfasst. Hier gilt das sog. „Lebenslagenmodell“. Voraussetzung für das Lebenslagenmodell ist, dass die leistungsberechtigte Person die Teilhabeziele nach Maßgabe des Gesamtplans erreicht bzw. erreichen kann und bereits vor Erreichen der Regelaltersgrenze nach SGB VI Leistungen der Eingliederungshilfe in Anspruch genommen hat. In dem Fall gelten für die leistungsberechtigte Person die günstigeren Anrechnungsregelungen bzgl. des Einkommen und Vermögens nach § 135 ff. SGB IX.

Wenn die leistungsberechtigte Person allerdings erstmalig Leistungen der Eingliederungshilfe im Rentenalter bezieht, werden die Leistungen von unterschiedlichen Trägern getragen. Außerdem kommen dann auch die ungünstigeren Freibetragsgrenzen nach § 82 ff. SGB XII (Einkommen: 2x Regelbedarfsstufe 1 zzgl. Wohnkosten und Familienzuschläge; Vermögen: 30.000 €) zur Anwendung. Des Weiteren werden Leistungen der Pflege in Einrichtungen nach § 65 SGB XII in keinem Fall von der Eingliederungshilfe mit umfasst (von Boetticher und Kuhn-Zuber 2019: 144).

Quellen

Gleichzeitiger Bezug von Leistungen der Grundsicherung und Eingliederungshilfe

Gilt die Vermögensgrenze der Grundsicherung bei gleichzeitigem Bezug von Grundsicherung und Eingliederungshilfe? Beispiel: Der Klient ist in einer WfbM, wohnt stationär in der Einrichtung und bezieht Grundsicherung.



Antwort:

Leistungsberechtigte Person kann nicht von den günstigeren Konditionen der Eingliederungshilfe profitieren

Vor allem durch die im Rahmen der 3. Reformstufe des BTHG eingeführte Trennung der Leistungen in Fachleistungen und existenzsichernden Leistungen zum 1. Januar 2020 besteht vermehrt die Notwendigkeit für Menschen mit Behinderungen und/oder pflegebedürftige Menschen zwei oder gar drei Leistungen simultan beantragen zu müssen. Dabei stoßen sie je nach beantragter Leistung auf unterschiedliche Regelungen zur Einkommens- und Vermögensanrechnung. Auch die Anrechnung des Partnereinkommen- vermögen kann je nach Leistung variieren.

Bei der Anrechnung des Vermögens geht es hierbei vor allem um das sog. Schonvermögen. Das Vermögen, dass die leistungsberechtigte Person ansparen darf. Das geschützte Vermögen gem. § 90 SGB XII bleibt hingegen bei allen Leistungen unangetastet. Während in der Eingliederungshilfe der Vermögensfreibetrag 150 Prozent der jährlichen Bezugsgröße der Sozialversicherung gem. § 18 SGB IV (59.220 Euro im Jahr 2021) beträgt, liegt der Freibetrag in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nur bei 5.000 Euro.

Falls die leistungsberechtigte Person Leistungen der Eingliederungshilfe bezieht, die nicht gem. § 138 SGB IX beitragsfrei gewährt werden, bleiben vom Vermögen theoretisch 150 Prozent der Bezugsgröße unberücksichtigt. Da in diesem Beispiel jedoch gleichzeitig Leistungen der Grundsicherung bezogen werden und hier eine deutlich niedrigere Freibetragsgrenze vorliegt, kann die leistungsberechtigte Person von den günstigeren Konditionen in der Eingliederungshilfe nicht profitieren.

Da die Person Grundsicherung bezieht, bleibt in diesem Fall auch der Werkstattlohn nicht unberührt. Beim Lohn werden dabei 50 Prozent der Differenz vom Bruttolohn abzüglich ein Achtel der Regelbedarfsstufe (RBS) 1 als Freibetrag geschont. Auch das Partnereinkommen- und vermögen wird, im Gegensatz zur Eingliederungshilfe, bei der Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung herangezogen.

Downloads und Links

Gleichzeitiger Bezug von Leistungen aus unterschiedlichen Sozialleistungssystemen

Wie sieht es bei gleichzeitigem Bezug von Jugendhilfeleistungen und Leistungen der Pflege oder Eingliederungshilfe in stationären Einrichtungen aus, z.B. Erziehungsstellen. Wer wird herangezogen? Müssen Rechnungen an das Kind/Eltern gestellt werden?



Antwort:

Das Einkommen und Vermögen wird für jede Leistung unabhängig voneinander geprüft

Bei Bezug von Leistungen aus unterschiedlichen Sozialleistungssystemen fallen die Kostenbeteiligungen für die leistungsberechtigte Person sehr unterschiedlich aus. Zudem müssen für die unterschiedlichen Leistungen auch jeweils die dafür vorgesehenen Freibetragsgrenzen beim Einkommen und Vermögen berücksichtigt werden. Neben den Freibetragsgrenzen liegen bspw. im SGB VIII und SGB IX auch unterschiedliche Definitionen für Einkommen und Vermögen vor. Das heißt, dass in jedem Sozialleistungssystem individuell geregelt ist, was unter Einkommen und Vermögen fällt.

In der Kinder- und Jugendhilfe ist die Kostenbeitragspflicht in den §§ 91ff. geregelt. So haben bspw. junge Menschen bis zum 27. Lebensjahr gem. § 94 Abs. 6 SGB VIII nach Abzug der in § 93 Abs. 2 SGB VIII genannten Beträge 75 Prozent ihres Einkommens als Kostenbeitrag einzusetzen. Zudem können sie neben dem geschützten Vermögen nach § 90 SGB XII noch 5.000 Euro als Schonvermögen ansparen.

In der Eingliederungshilfe richtet sich der Eigenbeitrag nach der jährlichen Bezugsgröße der Sozialversicherung § 18 SGB IV. Für volljährige Antragstellende sowie für Eltern von minderjährigen Leistungsberechtigten bedeutet dies, dass ihre Einkommensgrenze je nach überwiegendem Einkommen gem. § 136 SGB IX zwischen 85 - 60 Prozent der jährlichen Bezugsgröße liegt. Der Wert kann sich noch um Kinder- oder Partnerzuschläge erhöhen. Zudem kann neben dem geschützten Vermögen gem. §. 140 SGB IX noch 150 Prozent der jährlichen Bezugsgröße angespart werden.

Bei der Inanspruchnahme von Leistungen zur Pflege bekommen die Leistungsberechtigten im ambulanten Bereich wahlweise Pflegegeld oder Pflegesachleistungen und im stationären Bereich Pflegesachleistungen von der Pflegeversicherung, die sich an den fünf unterschiedlichen Pflegegraden orientieren. Je höher der Pflegegrad ausfällt, desto höher fällt auch die Leistung aus. Falls die Leistungen in dem jeweiligen Pflegegrad und das zusätzliche eigene Einkommen und Vermögen nicht ausreichen um die Pflege sicherzustellen, kann zudem von der leistungsberechtigten Person ergänzend Leistungen zur Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII beantragt werden. Dabei darf der Antragstellende bei Leistungen zur Hilfe zur Pflege gem. § 66a SGB XII ein Vermögen von 25.000 Euro ansparen, sofern dieser Betrag ganz oder überwiegend als Einkommen aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit während des Leistungsbezugs erworben wird.

Alle drei Regelungen zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen werden bei der Beantragung der jeweiligen Leistungen unabhängig voneinander geprüft.

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