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Fachdiskussion BTHG für Akteure des Betreuungswesens
Mit der dritten Reformstufe des BTHG wird am 1. Januar 2020 in der Eingliederungshilfe ein Systemwechsel vollzogen: Menschen mit Behinderungen erhalten nun auch in den bisherigen "Komplexeinrichtungen" ihre Fachleistungen der Eingliederungshilfe unabhängig von den Grundsicherungsleistungen. Vertreterinnen und Vertreter des Betreuungswesens stehen daher vor der Herausforderung, sowohl im veränderten System der Eingliederungshilfe als auch im System der Grundsicherung zu agieren. Für die Leistungsberechtigten, die bisher in ihrer eigenen Wohnung betreut wurden, ändert sich diesbezüglich nichts.
Beteiligung beendet –
Rechtliche Grundlagen
Beitrag #1016
Für sämtlicher meiner Betreuten, die vom BTHG betroffen ändert sich nichts, nur der formale Aufwand steigt beträchtlich und den bekomme ich als gesetzliche Betreuung nicht bezahlt: weder die Antragsflut, die notwendig war, noch die Nachbereitung, weil alle Behörden anders reagieren, andere Formulare haben, anders mit den Zahlungen umgehen und teilweise bis heute keine klaren Entscheidungen getroffen haben.
Besonders für Menschen mit einem sehr hohen Hilfebedarf, die bislang kein Girokonto hatten ist die Regelung absurd. Sie haben jetzt noch weniger Geld zur Verfügung, weil die Kontoführungsgebühren jetzt noch oben drauf kommen und die Heime teilweise überlegen, die Taschengeldverwaltung ganz abzuschaffen..
Alle Kostenträger versuchen zudem so viel wie möglich Arbeit auf díe gesetzlichen Betreuer abzuwälzen und sträuben sich gegen die Direktzahlung vom Amt.
Ich finde die Lage äußerst unübersichtlich und Praxis-fremd in der Folge.
Beitrag #1015
Mit der Überführung der Eingliederungshilfe in das SGB IX wurde mit dem Teil 2 ein neues eigenes Leistungsrecht für die Eingliederungshilfe geschaffen, in dem klar zwischen Fachleistungen und existenzsichernden Leistungen getrennt wird. Eingliederungshilfeleistungen sind dann nur noch Fachleistungen; nur diese können dann von den Leistungserbringern mit den Eingliederungshilfeträger abgerechnet werden. Damit ist auch aufgrund der fehlenden Träger-Gesamtverantwortung einer stationären Einrichtung die Pflicht zur Eigengeldverwaltung und Barbetragsverwaltung entfallen. Aber es besteht doch ein Anspruch auf Barmittelverwaltung als Assistenzleistung zur selbstbestimmten Alltagsbewältigung. Wie könnte hier ein „best-Practise-Modell“ aussehen, welches keinen bürokratischen Mehraufwand verursacht, aber dennoch allen Bewohner*innen den Zugang und einen Überblick über den aktuell zur Verfügung stehenden Barbetrag ermöglichen? Hier scheinen die Anspruchshaltungen von gesetzlichen Betreuer*innen, Rechtspfleger*innen und Leistungserbringer*innen doch manches Mal sehr weit auseinander zu liegen.
Beitrag #1014
Ich betreue eine Person mit dem Merkzeichen "G" im Schwerbehindertenausweis. Die Person lebt in einer Einrichtung. Sie erhält Grundsicherung bei Erwerbsminderung sowie einen Mehrbedarf zur Grundsicherung. Die Einrichtung, in der die betreute Person lebt, fordert mich nunmehr auf, neben den Unterkunftskosten auch den Mehrbedarf an die Einrichtung zu zahlen. Ist dies tatsächlich und auf Dauer so gedacht und angebracht?
Ich gehe vielmehr davon aus, dass der Mehrbedarf dem Leistungsberechtigten zur freien Verfügung steht. Gespräche mit der Einrichtung und dem Sozialhilfeträger konnten nicht zur Klärung beitragen.
Beitrag #1012
Im Rahmen des Anspruchs auf selbstbestimmte und eigenverantwortliche Lebensplanung und -führung finde ich es sehr befremdlich, dass der Gesetzgeber bei der Trennung von Fachleistung und existenzsichernder Leistung im Rahmen der Kosten der Unterkunft eine Möblierungspauschale für den "individuellen Wohnraum" erheben lässt. Da kommt doch durch die Hintertür der Anstaltscharakter wieder durch die Türe, indem dann durch den Leistungserbringer wieder alle Zimmer unisono eingerichtet werden. Wie verträgt sich das mit dem Anspruch, dass die Wünsche/Bedürfnisse/Möglichkeiten der Zielgruppe im Mittelpunkt stehen und hinreichend berücksichtigt sind? Gerade das Wohnen/die Einrichtung des persönlichen Lebensbereiches ist ein Ausdruck von Individualität.
Beitrag #1013
Viele neue Paragraphen und neue Behörden. Wer haftet, wenn ein Ehrenamtlicher (Nicht-Fachmann) einen Termin versäumt?
Also steigt das Risiko für ehrenamtliche Betreuer?
Beitrag #1001
Bis zuletzt wurden die Kosten für Leistungsempfänger, die in einer Einrichtung leben, direkt vom Sozialhilfeträger an die Einrichtung, in der die Person lebt, gezahlt. Ab sofort müssen Leistungsempfänger selbst über sein Konto verfügen und die Unterkunftskosten an die Einrichtung überweisen. Oft kommt es vor, dass Leistungsempfänger die Notwendigkeit dieser „Mietzahlungen“ unterschätzen. Wie kann sichergestellt werden, dass z.B. Mietzahlungen an den Leistungserbringer überwiesen werden, ehe das Geld für andere Zwecke ausgegeben wurde?
Beitrag #1002
Welche Rahmenbedingungen sind zu schaffen, um ein Höchstmaß an Selbstbestimmung für die betreute Person zu erreichen?
Beitrag #1005
Beitrag #1003
§ 1896 Abs. 2 BGB sieht vor, dass eine Betreuung nicht erforderlich ist, sofern die Angelegenheiten des Betreuten "durch andere Hilfen [...] besorgt werden können". Was ist darunter zu verstehen?
Beitrag #1010
Mit tut sich eine ziemliche Diskrepanz im gesamten BTHG in der Zusammenschau mit den hier aufgeführten anderen Gesetzen auf: Wünsche des Menschen versus der sog. Angemessenheit der Leistungen, die aber nicht definiert wird.
Einerseits soll es dem Leistungsempfänger ermöglicht werden, mehr eigene Gestaltungsfreiheit zu haben, soweit, so gut.
Dem sind jedoch fast engere Grenzen als vorher gesetzt - zum Einen sind die zur persönlichen Verfügung stehenden Geldmittel eher weniger als vorher, es fallen jetzt z. B. Bankgebühren und Mehrwertsteuer für die Verpflegung in der besonderen Wohnform an, zum anderen wird auf Angemessenheit der Leistungen abgestellt. Der Leistungsträger hat einen umfangreichen Katalog an Aufgaben zur Hilfeplanung, aber in den meisten Fällen kann er das nötige Fachpersonal nicht vorhalten, da es diese Fachleute in der nötigen Anzahl gar nicht gibt.
Bleibt die große Frage: Was ändert sich eigentlich, ausser dass die Änderungen immensen kostspieligen Verwaltungsaufwand nach sich ziehen? Die Antwort ist nicht schwer: Es wird sich nichts ändern - außer, dass die Kosten steigen und das zur Verfügung stehende Geld für die die Menschen mit Behinderung erheblich geschmälert wird, dazu kommt die ausufernde Bürokratie, welche die knapp bemessene Zeit für den Menschen immer mehr reduziert.