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BTHG-Kompass 2.7

Sie können an dieser Stelle Einsicht in die Dokumente des Themas nehmen.

Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 2.7

Zeitpunkt der Bewilligung der Eingliederungshilfe

Wird Eingliederungshilfe (§§ 53ff. SGB XII) ab Antragstellung bewilligt oder erst ab dem Zeitpunkt der Hilfeplanung? Ändert sich durch das BTHG daran etwas?

Hintergrund der Frage ist Folgendes: Häufig besteht bereits bei Antragstellung eine Lebenssituation, die es zur Vermeidung von Verschlechterungen erforderlich macht, direkt einen Leistungserbringer aufzusuchen, der im Rahmen des konkreten Hilfebedarfs unterstützend tätig wird. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers lassen es jedoch nicht zu, den Leistungserbringer selber zu entlohnen. Der Leistungserbringer geht somit in Vorleistung; aufgrund seines Fachwissens und in Kenntnis der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers, mit dem Wissen, dass Eingliederungsleistungen zumindest dem Grunde nach bewilligt werden müssten.

Von Kostenträgerseite kann eine konkrete Beurteilung des Hilfebedarfs erst ab dem Hilfeplangespräch erfolgen. Es müsste somit rückblickend auf den mutmaßlichen Unterstützungsbedarf im Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt werden.



Antwort:

Zeitpunkt der Bewilligung der Eingliederungshilfe

§ 108 Abs. 1 SGB IX n.F. lautet:

„Die Leistungen der Eingliderungshilfe nach diesem Teil werden auf Antrag erbracht. Die Leistungen werden frühestens ab dem Ersten des Monats der Antragstellung erbracht, wenn zu diesem Zeitpunkt die Vorausetzungen bereits vorlagen."

Es ist also unschädlich, den Antrag erst nach Beginn der Maßnahme zu stellen. Eine Bewilligung ist sogar rückwirkend zum Monatsanfang möglich.

Während bei der Bedarfsermittlung grundsätzlich der Bedarf im Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich ist, kommt es für eine rückwirkende Bewilligung auf den Zeitpunkt an, in dem die Maßnahme begonnen wurde.

Bedeutung von "lebensweltbezogen" und "sozialraumorientiert"

Was bedeuten die Begriffe „lebensweltbezogen“ und „sozialraumorientiert“ in § 141 SGB XII?



Antwort:

Kein eindeutiges Begriffsverständnis des Gesetzgebers

Der Gesetzgeber hat sich in der Begründung zu § 117 Abs. 1 Nr. 3 f und g SGB IX (BT-Drs. 18/9522, S. 298) leider nicht dazu geäußert, welches Begriffsverständnis damit verbunden ist, welchen rechtssystematischen Bezug die Kriterien haben und welche Rechtsfolgen mit der Beachtung der einzelnen Kriterien verbunden sein sollen. Möglicherweise sind die Lebenswelten im Recht der Eingliederungshilfe die gleichen abgrenzbaren sozialen Systeme, die gem. § 20a SGB V für die Gesundheit bedeutsam sind, nämlich die des Wohnens, des Lernens, des Studierens, der medizinischen und pflegerischen Versorgung sowie der Freizeitgestaltung einschließlich des Sports.

Vielleicht hat der Gesetzgeber des BTHG die beiden Begriffe aber auch aus der Kinder- und Jugendhilfe übernommen. Sozialraumorientierung ist eine konzeptionelle Ausrichtung Sozialer Arbeit, bei der es über die herkömmlichen Einzelfallhilfen hinaus darum geht, Lebenswelten zu gestalten und Verhältnisse zu schaffen, die es Menschen ermöglichen, in schwierigen Lebenslagen besser zurechtzukommen. Lebensweltorientierung ist ebenfalls ein Handlungskonzept der Sozialen Arbeit nach Hans Thiersch, das die Unterstützung von sozialen Zusammenhängen zum Gegenstand hat, vor allem in Familie, Nachbarschaft, Gruppen oder Gemeinde durch Förderung der vorhandenen Ressourcen und deren Nutzung bei der Lösung von sozialen Problemen.

Beide Konzepte befassen sich mit den Beziehungen zwischen Menschen und der sie umgebenden Umwelt. Ihnen ist gemein, dass sie Voraussetzungen für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen beschreiben. Die Rechtsfigur der Teilhabebeeinträchtigung erfordert ebenfalls den Blickwinkel der Lebenswelt- und Sozialraumorientierung.

Während im Gesamtplanverfahren die Lebensweltorientierung darüber hinaus keine unmittelbare rechtliche Bedeutung haben dürfte, ergibt sich aus der Sozialraumorientierung eine eigene Prüfstation bei der Bedarfsermittlung: Sind im Sozialraum Ressourcen erschließbar, die als ehrenamtliche Hilfen professionelle Unterstützung überflüssig machen?

 

Anzahl der Fälle pro Mitarbeiter/in

Wie viele Fälle können im Fallmanagement von einer Person betreut werden?

Welche Anhaltspunkte sind zu berücksichtigen?



Antwort:

Um diese Frage seriös beantworten zu können, müssen für das Arbeitsfeld die genauen Anforderungen erhoben werden, wie dies etwa bei einer Personalbemessung geschieht.

Aus vorliegende Erfahrungen und Untersuchungen zum Case Management in der Rehabilitation (1), können 4 Schlüsselfragen abgeleitet werden, um diese Anforderungen zu erheben.

  1.      Wie umfangreich und wie komplex sind die zu koordinierenden Aufgaben? Welche Bereiche der ICF sind betroffen? Eine hohe gesundheitliche Einschränkung auf der körperlichen Ebene bedeutet grundsätzlich noch keinen hohen Betreuungsbedarf. Hier kann z.B. der Hausarzt eine Lotsenfunktion wahrnehmen. Der Fallmanagementbedarf steigt, wenn darüber hinaus Einschränkungen auf der Ebene der Aktivitäten und der Partizipation an Arbeit und Gesellschaft vorliegen und eine Koordination der gesundheitlichen Leistungen mit weiteren Leistungen zur Teilhabe „wie aus einer Hand“ notwendig ist.
  2.      Handelt es sich um Leistungen eines Reha-Trägers oder sind mehrere Träger beteiligt? Wenn beim leistenden Rehaträger alle Fäden zusammenlaufen, sollte dort auch die Fallverantwortung angesiedelt werden. Wenn diese Aufgabe bei einer Person angesiedelt ist und diese sich noch mit anderen Trägern abstimmen muss, limitiert das die Zahl der gleichzeitig zu betreuenden Fälle deutlich.
  3.      Wie kompetent arbeitet das Leistungserbringernetzwerk?
    Je professioneller im Leistungserbringernetz gearbeitet wird, d.h. je mehr die Leistungserbringer bezogen auf das übergeordnete Teilhabeziel mitdenken, desto weniger hat das Fallmanagement zu tun. Umgekehrt gilt, dass bei Fällen, die eine Einbeziehung von in der Zusammenarbeit wenig erfahrenen Leistungserbringern erfordern, der Koordinationsaufwand steigt.
  4.      Wie hoch ist der Anteil beim Direktkontakt, wie groß ist der regionale Einzugsbereich und wie ist das Verhältnis von Kontaktzeit und Regiezeit? Großen Einfluss hat die Zahl der Direktkontakte zwischen dem Leistungsberechtigten und der/m Fallmanager/in sowie die Zahl der Teilhabekonferenzen. Diese erfordern zusätzliche Fahrt-, Vor- und Nachbereitungszeiten einschließlich der Dokumentation. Wenn z.B. ein Verhältnis von 1:4 angesetzt wird, macht das bei einem sehr aufwändigen Fall mit 15 h Kontaktzeit ein Gesamtaufwand von 60 h. Damit könnte z.B. eine Vollzeitstelle maximal 30 solcher Fälle betreuen.

Material:

Göckler, Rainer et al. (2014): Case Management in der Beschäftigungsförderung. Eine explorative Annäherung an Standards und Erfolgskriterien (Orientierungsstudie). In: https://www.dgcc.de/wp-content/uploads/2013/02/2014_Professionelles_Handeln_Qualifizierung_Beratung.pdf (12.12.2018).

Lichtenberg, Nina/Rexrodt, Christian/Toepler, Edwin (2017): Management der Rehabilitation. Case Management im Handlungsfeld Rehabilitation. Band 1 – Grundkurs. epubli.

Anzahl der Fälle pro Mitarbeiter/in

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