Bedarfsermittlung und Leistungsplanung auf Grundlage der ICF

Veranstaltungsrückblick

Bedarfsermittlung und Leistungsplanung auf Grundlage der ICF

Vom 7. bis 9. März 2018 haben sich 49 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Thema „Bedarfsermittlung und Leistungsplanung auf Grundlage der ICF“ informiert und ausgetauscht. Die zweite Vertiefungsveranstaltung des Projekts Umsetzungsbegleitung BTHG fand in Weimar statt.

Die Vertiefungsveranstaltung wurde in Kooperation mit Thomas Schmitt-Schäfer und Eva Maria Keßler von „transfer – Unternehmen für soziale Innovation“ durchgeführt. Zentrale Inhalte der Vertiefungsveranstaltung waren die Grundlagen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG), der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) sowie der Bedarfsermittlung im Kontext der reformierten Teilhabe- und Gesamtplanung. Dabei wurden auch die bestehenden und neu konzipierten Bedarfsermittlungsinstrumente verschiedener Bundesländer einbezogen und diskutiert.

Zu den Teilnehmenden gehörten Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Fallmanagerinnen und Fallmanager, Teilhabe- und Hilfeplanerinnen und -planer sowie Abteilungs- und Bereichsleiterinnen und -leiter der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe aus dem gesamten Bundesgebiet. Darüber hinaus waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesministerien, der Leistungserbringer sowie der fachspezifischen Organisationen von und für Menschen mit Behinderungen vertreten.

Bedarfsermittlung und Leistungsplanung nach dem BTHG

Zum Einstieg gab Florian Steinmüller, wissenschaftlicher Referent im Projekt Umsetzungsbegleitung BTHG, Einblick in den Hintergrund, die rechtlichen Änderungen im Rahmen des BTHG, die Reformstufen sowie landesrechtliche Regelungen aus.

Im Anschluss stellte Thomas Schmitt-Schäfer von transfer die rechtlichen Grundlagen und Neuregelungen der Bedarfsermittlung und Leistungsplanung nach dem BTHG vor und klärte die entsprechenden Begriffe:

  • frühzeitige Bedarfserkennung (§ 12 Abs. 1 SGB IX),
  • allgemeine Grundsätze für die Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs (§ 13 Abs. 1 SGB IX),
  • der neue Behinderungsbegriff (§ 2 Abs. 1 SGB IX),
  • das Teilhabeplanverfahren (§ 19 Abs. 1 SGB IX),
  • das Gesamtplanverfahren (§ 117 Abs. 1 SGB IX n.F.),
  • ICF-Orientierung der Bedarfsermittlungsinstrumente (§ 118 Abs. 1 SGB IX n.F.).

In diesem Zusammenhang wurden auch aktuelle Publikationen in die Vorstellung einbezogen, so u. a. die Orientierungshilfe zur Gesamtplanung der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (BAGüS) und der Arbeitsentwurf der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) „Gemeinsame Empfehlung Reha-Prozess“ (PDF-Dokument).

Die Fragen der Teilnehmenden drehten sich u. a. darum, in welchen Fällen ein Gesamtplanverfahren und in welchen Fällen ein Teilhabeplanverfahren anzuwenden ist. Die Referentinnen und Referenten erläuterten, dass das Teilhabeplanverfahren immer dann anzuwenden ist, wenn Leistungen verschiedener Leistungsgruppen oder mehrerer Rehabilitationsträger erforderlich sind – oder auf Wunsch des Leistungsberechtigten, auch wenn die beiden erstgenannten Voraussetzungen nicht vorliegen. Das Gesamtplanverfahren ist immer anzuwenden, wenn der Träger der Eingliederungshilfe alleiniger Rehabilitationsträger ist. Außerdem ergänzt der Gesamtplan das Teilhabeplanverfahren um die Spezifika der Eingliederungshilfe.

Kennenlernen der ICF und Arbeit mit Bedarfsermittlungsinstrumenten

Am zweiten Veranstaltungstag stand die Arbeit mit der ICF und die Bearbeitung konkreter Fälle von Menschen mit geistigen und seelischen Behinderungen im Mittelpunkt. Die Vorstellung der ICF-Komponenten und die Fallbearbeitung durch die Teilnehmenden erfolgte dabei anhand verschiedener Bedarfsermittlungsinstrumente:

  • Individuelle Hilfeplanung (IHP 3) des Landschaftsverbands Rheinland,
  • Individuelle Teilhabeplanung (THP) Rheinland-Pfalz,
  • Bedarfsermittlungsinstrument Nordrhein-Westfalen (BEI_NRW),
  • Integrierte Teilhabeplanung (ITP) Thüringen,
  • BedarfsErmittlung Niedersachsen (B.E.Ni),
  • Gesamtplan Hamburg,
  • Verlaufs- und Entwicklungsbericht des Verfahrens Hilfebedarf von Menschen mit Behinderung (HMB).

Die Fallbearbeitung umfasste dabei auch drei durch die Teilnehmenden im Vorfeld der Veranstaltung anonymisiert eingebrachte Fälle.

Fallbearbeitung vor dem Hintergrund der ICF-Komponenten

Eva Maria Keßler und Thomas Schmitt-Schäfer von transfer stellten die verschiedenen ICF-Komponenten vor und erläuterten die rechtlichen Grundlagen gemäß den Regelungen des BTHG. Im weiteren Verlauf des zweiten und dritten Veranstaltungstags stand die Bearbeitung der ICF-Komponenten der Körperfunktionen und -strukturen, Aktivitäten, Kontextfaktoren und Partizipation (Teilhabe) im Mittelpunkt. Frau Keßler und Herr Schmitt-Schäfer erläuterten diese zunächst jeweils in einem Vortrag. Anschließend wendeten die Teilnehmenden sie in Arbeitsgruppen auf die konkreten Fälle an. Darüber hinaus wurden auch Leitziele und Teilhabeziele vorgestellt.

Zunächst wurden die rechtlichen Grundlagen von Zielen in der Eingliederungshilfe vorgestellt, konkret die angestrebte Wohn- und Lebensform (Leitziele) und wie diesbezügliche (Leit-)Ziele mit Hilfe der ICF bestimmt werden können. In Arbeitsgruppen bestimmten die Teilnehmenden auf Grundlage von zwei Fallbeispielen die angestrebte Wohn- und Lebensform bzw. die Leitziele bestimmt und mit der Ist-Situation der leistungsberechtigten Person verglichen. In der Diskussion mit den Teilnehmenden wurde u.a. der Unterschied zwischen Wünschen und Leitzielen geklärt, der insbesondere darin besteht, dass in Leitzielen die Wünsche der leistungsberechtigten Person konkretisiert und dadurch schließlich für die konkrete Leistungsplanung relevant werden.

Im Anschluss beschäftigten sich die Teilnehmenden mit der konkreten Analyse mit Hilfe der ICF. Für die Komponente der Körperfunktionen identifizierten die Arbeitsgruppen zwei Kapitel der Körperfunktionen aus der ICF sowie die konkreten Items, die für die Beeinträchtigungen der Körperfunktionen für den entsprechenden Fall relevant sind. Nach einer Einführung in die Komponente der Aktivität analysierten die Arbeitsgruppen die für ihren Fall relevanten Kapitel und Items der Aktivitäten, um zu beschreiben, was die Person tun kann und was die Person nicht tun kann.

Eine weitere Arbeitsgruppenphase drehte sich um die Kontextfaktoren. Da die personenbezogenen Faktoren aufgrund der international stark unterschiedlichen kulturellen Hintergründe nicht in der ICF klassifiziert sind, beschäftigten sich die Teilnehmenden hauptsächlich mit den Umweltfaktoren. Zwei für den Fall als relevant erscheinende Kapitel der Umweltfaktoren wurden von den Arbeitsgruppen ausgewählt und eingeschätzt, welche Items Förderfaktoren oder Barrieren der Person beschreiben.

Zum Abschluss stand die Komponente der Partizipation bzw. Teilhabe im Fokus. Die Teilnehmenden betrachteten unter Berücksichtigung aller bis dahin erarbeiteten Ergebnisse, wie sich der Zugang der Person zu den ihr wichtigen Lebensbereichen gestaltet. Sie begründeten zudem, ob Teilhabe gegeben ist oder nicht.

Auf Wunsch der Teilnehmenden schloss Thomas Schmitt-Schäfer die Veranstaltung mit einem Überblick über die Schnittstelle zwischen Eingliederungshilfe und Pflegeversicherung.

 

 

BTHG-Kompass

Bedarfsermittlung und ICF-Orientierung

Erfahren Sie mehr zum Thema Bedarfsermittlung und ICF-Orientierung in unserem BTHG-Kompass.

Fotodokumentation

Ergebnisse der Arbeitsgruppen

Hier können Sie die Fotodokumentation der Ergebnisse der Arbeitsgruppen herunterladen.

Materialien

Präsentationen der Referenten

Hier können Sie alle Präsentationen der Referentinnen und Referenten als ZIP-Datei herunterladen.

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