Empfehlung zur Schnittstelle zwischen Eingliederungshilfe und Pflege des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V.

3. Juni 2022

Empfehlung zur Schnittstelle zwischen Eingliederungshilfe und Pflege des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V.

In der Theorie sind die Leistungen der Eingliederungshilfe (SGB IX) und die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung (SGB XI) rechtlich gleichrangig. In der Praxis führt dies zu Abgrenzungsproblemen, welche Leistungen durch die Eingliederungshilfe, die Pflegeversicherung sowie Hilfe zur Pflege (SGB XII) finanziert werden. An dieser Stelle setzt die Empfehlung des Deutschen Vereins an. Neben den rechtlichen Grundlagen und den Verfahren werden darin mögliche Abgrenzungen detailliert vorgestellt.

Die Empfehlung differenziert zunächst zwischen der Leistungserbringung einerseits in besonderen Wohnformen bzw. in Einrichtungen der Hilfe für Menschen mit Behinderungen oder Räumlichkeiten im Sinne des § 71 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI und anderseits im häuslichen Bereich. Die Bedarfsermittlung nach dem SGB IX wird anschließend der Ermittlung des Pflegegrades nach dem SGB XI und der Bedarfsermittlung im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII gegenübergestellt.

Überschneidungen und Unterschiede

Anhand einzelner Module stellt die Empfehlung Überschneidungen und Unterschiede im Rahmen der Pflegebegutachtung und der Aufgaben der Eingliederungshilfe fest. Dies wird am Bespiel Mobilität ausgeführt: Während sich die Leistungen zur Mobilität der Eingliederungshilfe auf das nähere oder weitere Umfeld bezieht, bemisst die Pflegeversicherung die Selbstständigkeit und Fähigkeit des Fortbewegens innerhalb des eigenen Wohnbereiches. Auch werden bei der Pflegebegutachtung ausschließlich motorische Aspekte und nicht die zielgerichtete Fortbewegung beurteilt.

Bedarfsermittlung im Gesamtplanverfahren

Die Empfehlung weist hinsichtlich der Bedarfsermittlung im Gesamtplanverfahren auf die Möglichkeit der verpflichtenden beratenden Teilnahme der Pflegekasse nach § 117 Abs. 3 Satz 1 SGB IX und auf die Möglichkeit des Eingliederungshilfeträgers zur Beiziehung von Unterlagen der Pflegekasse im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes nach §§ 20,21 SGB X hin.

Bei Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Bewilligung möglicher Leistungen wird empfohlen, dass sich die beteiligten Träger – also Eingliederungshilfeträger, Pflegekasse, Sozialhilfeträger – abstimmen, ggf. kooperieren und die leistungsberechtigte Person entsprechend informieren. Neben Fortbildungsangeboten wird daher die Förderung eines regelmäßigen Austauschs der Leistungsträger in der Fall- und Sachbearbeitung untereinander sowie die Entwicklung neuer Strukturen unter Einbeziehung der Leistungserbringer und der Leistungsberechtigten empfohlen.

Einzelne Abgrenzungsfragen

Exemplarisch für die Schnittstelle zur Eingliederungshilfe im häuslichen Bereich beschreibt die Empfehlung Abgrenzungsfragen der Pflegesachleistungen, des Pflegegelds, der Verhinderungspflege, des Entlastungsbetrags, der Unterstützungsleistungen im Alltag nach §§ 45a, b SGB XI (4.) sowie der wohnumfeldverbessernden Maßnahmen zu den Leistungen der Eingliederungshilfe.

Pflegesachleistungen: Mangels eindeutiger Zuordnung in den  Bereichen allgemeine Bewältigung des Alltags und der Selbstversorgung, Mobilität, Tagesstrukturierung sowie Tag-Nacht-Rhythmus, soziale Beziehungen und Kontakte im engen häuslichen Zusammenhang soll eine Klärung unter Beteiligung der Pflegekasse im Gesamtplanverfahren unter Berücksichtigung der Zielsetzung vorgenommen werden.

Pflegegeld: Zur besseren Abgrenzbarkeit der Leistungen sollen im Gesamtplanverfahren unter Beteiligung der Pflegekasse die Leistungen der Pflegeversicherung, die ggf. bereits gedeckten Bedarfe und die mit der Leistung verfolgten Ziele konkret benannt werden.

Verhinderungspflege: Das alleinige Ziel ist die Entlastung pflegender Angehörige und nicht die Deckung eines bestehenden Teilhabebedarfs der Eingliederungshilfe.

Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a SGB XI sowie der Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI haben die Funktion, pflegebedürftige Menschen bei der Alltagsbegleitung zu unterstützen und – wie die Verhinderungspflege – Pflegepersonen gezielt zu entlasten. Die Empfehlung stellt fest, dass auch der Entlastungsbetrag nicht der Deckung eines bestehenden Teilhabebedarfs der leistungsberechtigten Person dient und somit auch nicht auf die Eingliederungshilfe angerechnet werden darf.

Für den Bereich wohnumfeldverbessernder Maßnahmen nach § 40 Abs. 4 SGB XI und die Leistungen für Wohnraum nach § 77 SGB IX wird vor dem Hintergrund des Gleichranges der Eingliederungshilfeleistungen und der Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung empfohlen, in der Beratung, insbesondere der Wohn- und Pflegeberatung der Kommunen, von Menschen mit Behinderungen oder/und mit Pflegebedarf verstärkt auf die Finanzierungsmöglichkeiten zur Verbesserung des Wohnraumes und des Wohnumfeldes hinzuweisen und hierzu zu informieren.

Die Empfehlung des Deutschen Vereins können Sie hier herunterladen:

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