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BTHG-Kompass 4.1

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Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.1

Antragserfordernis und Kostenübernahme

Frage zum Antragserfordernis § 108 SGB IX: In einem Fall erhält der Fachausschuss Kenntnis, dass Leistungen über Tag (z.B. WfbM) benötigt werden. Der Leistungserbringer nimmt den Leistungsberechtigten inzwischen in der WfbM auf. Der Fachausschuss informiert den EGH-Träger und dieser übersendet dem Leistungsberechtigten die Antragsunterlagen. Diese gehen zwei Monate später beim EGH-Träger ein. Ab wann sind die Kosten für die WfbM vom EGH-Träger zu übernehmen?



Antwort:

Das Antragserfordernis für Eingliederungshilfeleistungen nach § 108 SGB IX wurde durch das BTHG eingeführt und gilt seit 1. Januar 2020. 

Eine Rückwirkung des Antrages ist nach § 108 Abs. 1 S. 2 SGB IX nur bis zum Ersten des Monats der Antragstellung möglich.

Wenn es sich um einen Antrag auf Eingliederungshilfeleistungen handelt, der bis zum 31. Dezember 2019 gestellt wurde, gilt indes der Kenntnisgrundsatz nach § 18 SGB XII. Es kommt also auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung des Eingliederungshilfeträgers an, die Kosten werden rückwirkend ab Kenntniserlangung übernommen.

Antragserfordernis und KostenübernahmeDownloads und Links

Zuständigkeit bei Umzug nach Antrag

Wer ist für die Hilfegewährung nach SGB IX bei einem Umzug zuständig, wenn der Antrag noch während des Aufenthaltes am alten Wohnort gestellt wurde, die Hilfe aber erst am neuen Wohnort beginnt?



Antwort:

Die Zuständigkeit bei Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB IX ist in § 98 SGB IX geregelt. Nach § 98 Absatz 1, Satz 1, Alt. 1 SGB IX ist für die Eingliederungshilfe der Träger der Eingliederungshilfe, in dessen Bereich die leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt der ersten Antragstellung nach § 108 Absatz 1 SGB IX  hat, örtlich zuständig. In § 108 SGB IX ist das Antragserfordernis für Eingliederungshilfeleistungen nach dem SGB IX geregelt. 
Es kommt für die örtliche Zuständigkeit somit nicht auf den Zeitpunkt des Beginns der Leistungsgewährung, sondern auf den Zeitpunkt der Antragstellung an.

Zuständigkeit bei Umzug nach Antrag

Zuständigkeit bei Bestandsfällen

Was ist, wenn sich in einem bereits nach neuem Recht entschiedenen Fall die örtliche Zuständigkeit rückwirkend ändert, weil z. B. das Jugendamt rückwirkend ins Jahr 2019 Kostenerstattung geltend macht und damit 2019 ein anderer Bezirk zuständig gewesen wäre?



Antwort:

Zuständigkeit bei Bestandsfällen

Durch Artikel 2 Nummer 6 des Angehörigen-Entlastungsgesetzes vom 10. Dezember 2019 (BGBl I 2019, 2135) wurde der Absatz 5 des § 98 SGB IX mit Wirkung vom 1. Januar 2020 neu gefasst. Die Vorschrift ist auf Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales vom 6. November 2019 (BT-Drs. 19/14868) eingefügt worden, um die örtliche Zuständigkeit bei Bestandsfällen unverändert zu lassen und bei der Überführung bestehender Leistungsfälle Zuständigkeitskonflikte zu vermeiden (BT-Drs. 19/14868: 23). Da § 94 Abs. 1 SGB IX unberührt bleibt, können die Länder abweichende Regelungen treffen (Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 98 SGB IX (Stand: 09.09.2021), Rn. 1_1).


Nach § 98 Abs. 5 SGB IX gilt für Personen, die am 31. Dezember 2019 Leistungen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung bezogen haben und auch ab dem 1. Januar 2020 Leistungen nach Teil 2 SGB IX erhalten, das der Träger der Eingliederungshilfe örtlich zuständig ist, dessen örtliche Zuständigkeit sich am 1. Januar 2020 im Einzelfall in entsprechender Anwendung von § 98 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5 SGB XII oder in entsprechender Anwendung von § 98 Absatz 2 Satz 1 und 2 in Verbindung mit § 107 SGB XII ergeben würde. 


Ein Erstattungsverfahren nach § 16 SGB IX, §§ 103 ff. SGB X ändert zudem nicht rückwirkend die Zuständigkeit, da durch die Erstattung gerade eine Diskrepanz zwischen materiell-rechtlicher Zuständigkeit im Innenverhältnis und endgültiger Zuständigkeit im Außenverhältnis kompensiert werden soll. 


Zur Vermeidung zukünftiger Erstattungsverfahren erscheint vorliegend eine Fallübergabe zielführend. Nach Auffassung des BSG (01.03.2018 - B 8 SO 22/16 R) ist eine Fallübergabe im Anwendungsbereich des § 14 SGB IX zwar ausgeschlossen. Der VGH München hat in einer früheren Entscheidung (07.10.2013 - 12 B 11.1886) einen Anspruch auf Fallübernahme im Zusammenhang mit einem bestehenden Kostenerstattungsanspruch aber bejaht. Das BVerwG (22.06.2017 - 5 C 3.16) hält Fallübergaben bei Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zwischen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe für zulässig (vgl. Grünenwald in: https://umsetzungsbegleitung-bthg.de/bthg-kompass/bk-schnittstellen/egh-kjh/fdk-3-1-m1004/). 

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