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BTHG-Kompass 4.1

Sie können an dieser Stelle Einsicht in die Dokumente des Themas nehmen.

Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.1

Grundsicherungsleistung und Unterhaltsansprüche

Wir haben immer wieder das Problem, dass Menschen mit psychischer Behinderung, die volljährig sind und aufgrund psychischer Behinderung nicht erwerbsfähig, keine Grundsicherung bzw. Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten.
Psychisch Beeinträchtigte gerade, wenn sie jünger sind, haben i. d. R.  keine unbefristete Erwerbsminderung bzw. unfähigkeit. Bis zum 25. Lebensjahr sind dann die Eltern noch zuständig. Und erst danach können diese Menschen Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten. Wir konnten nichts finden, was einen Hinweis gegeben hätte, dass sich mit dem BTHG etwas daran geändert hat. Trifft das zu?



Antwort:

Gesetzlcher Forderungsübergang von Unterhaltsansprüchen bei Bezug von Grundsicherungsleistungen

Zivilrechtliche Unterhaltsansprüche gegenüber den Eltern werden beim Bezug von Grundsicherungsleistungen mittels gesetzlichem Forderungsübergang auf den Grundsicherungsträger übertragen und zwar sowohl bei Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII (§ 94 SGB XII) als auch nach dem SGB II (§ 33 SGB II).

Grundsicherungsleistungen für nicht dauerhaft erwerbsgeminderte Menschen richten sich nach dem SGB II. 

In § 33 Abs. 2 SGB II sind Ausnahmen von dem Forderungsübergang geregelt. Eine Ausnahme gilt nach § 33 Abs. 2 Ziffer 2 SGB II für den Fall, dass die unterhaltsberechtigte Person mit der oder dem Verpflichteten verwandt ist und den Unterhaltsanspruch nicht geltend macht. Von dieser Ausnahme werden wiederum zwei Ausnahmen gemacht. So soll der gesetzliche Forderungsübergang in der vorgenannten Konstellation doch gelten für Unterhaltsansprüche minderjähriger Leistungsberechtigter und für Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet und die Erstausbildung noch nicht abgeschlossen haben.

Eine in § 94 SGB XII aufgenommene Regelung, dass Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Eltern erst ab einem  jährliches Gesamteinkommen von mehr als 100 000 Euro zu berücksichtigen sind, ist im § 33 SGB II nicht enthalten. Eine Änderung des § 33 SGB II durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist nicht erfolgt.

Behindertentestament und Einkünfte aus Vermietung

Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe ist gemäß § 92 SGB IX ein Beitrag aufzubringen. Für die Ermittlung dieses Beitrags sind nach § 135 SGB IX die Summe der Einkünfte des Vorvorjahres nach § 2 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes maßgeblich.

Einkünfte nach EStG können u. a. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sein. Wie ist damit umzugehen, wenn diese Einnahmen aus Verpachtung durch ein Behindertentestament geschützt sind. Gemeint ist damit, dass im Testament Grundvermögen vererbt wurde, die Pachteinnahmen aus diesem Grundstück als Früchte zweckbestimmt für den Menschen mit Behinderung einzusetzen sind und vom Zugriff durch den Träger der Eingliederungshilfe ausgenommen sind.

Zeitgleich werden die Pachteinnahmen jedoch versteuert.

Sind die Einkünfte in die Beitragsermittlung einzubeziehen oder wiegt die Regelung des Testaments höher?



Antwort:

Zur „Summe der Einkünfte“ nach dem Einkommensteuergesetz gehören auch „Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung“. Die Einkünfte sind dabei der Saldo aus den Einnahmen (Mieteinnahmen für Wohnungen etc.) nach Abzug der Werbungskosten (bspw. Absetzung für Abnutzung, Schuldzinsen, Erhaltungsaufwendungen). Lediglich dieser Saldo wird versteuert und ist im Rahmen von § 135 Abs. 1 SGB IX relevant.

Steuerrechtlich können auch Einkünfte aus Vermietung erzielt werden, wenn man nicht Eigentümer einer vermieteten Immobilie ist, sondern durch ein Testament ein Nießbrauchvermächtnis erlangt hat. Falls für die leistungsberechtigte Person ein Nießbrauch auf eine vermietete Immobilie bestellt ist, fallen auch diese Einkünfte unter § 135 Abs. 1 SGB IX. Da die leistungsberechtigte Person nicht Eigentümer ist, gehört die Immobilie nicht zum Vermögen nach § 139 SGB IX.

Das Wort „Behindertentestament“ findet sich nicht im Erbrecht des BGB. Der Begriff hat sich vielmehr in der juristischen Fachliteratur und in der Rechtsprechung entwickelt (bspw. BGH, Beschluss vom 24.07.2019, XII ZB 560/18). Allgemein wird als Behindertentestament eine Verfügung von Todes wegen bezeichnet, die insbesondere von Eltern eines Kindes mit Behinderungen verfasst wird und Sonderregeln für das Kind mit Behinderungen enthält. In der Praxis kann es um ziemlich komplizierte erbrechtliche Konstruktionen gehen. Häufig ist das Ziel, das Kind mit Behinderungen zu begünstigen und gleichzeitig das Vermögen zu erhalten (bspw. kombinierte Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft sowie einer Dauertestamentsvollstreckung oder bspw. ein Nießbrauchvermächtnis). Ob dabei nicht nur das Vermögen, sondern auch noch das Einkommen geschützt ist, wird von den konkreten Sonderregelungen im Einzelfall abhängen. Grundsätzlich sind nach § 135 Abs. 1 SGB IX alle dort genannten Einkünfte maßgeblich, die der leistungsberechtigten Person zuzurechnen sind. Durch die Einkommensgrenzen nach § 136 SGB IX ist bereits ein höherer Teil des Einkommens geschützt. Die Einkommensgrenzen unterliegen automatisch einer Dynamisierung und erhöhen sich jedes Jahr.

Heranziehung der Einkünfte hängt vom Einzelfall ab

Anrechnung Pflegegeld aus einer privaten Pflegeversicherung

Ist Pflegegeld aus einer privaten Pflegeversicherung (bspw. "Bahr-Pflege") auf Leistungen der Einglierungshilfe anzurechnen, wenn die leistungsberechtigte Person in einer besonderen Wohnform untergebracht ist und die Eingliederungshilfemaßnahmen auch Pflegeleistungen umfassen? Oder stehen die Mittel der privaten Pflegezusatzversicherung komplett frei zur Verfügung?



Antwort:

Anrechnung Pflegegeld aus einer privaten Pflegeversicherung

Pflegegeld aus einer privaten Pflegeversicherung ist nicht bei der Beitragsermittlung nach § 136 SGB IX zu berücksichtigen. Welche Einkommensarten bei der Eingliederungshilfe berücksichtigt werden, ist in § 135 SGB IX geregelt. Maßgeblich für die Ermittlung des Beitrages nach § 136 SGB IX ist insoweit die Summe der Einkünfte des Vorvorjahres nach § 2 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes sowie bei Renteneinkünften die Bruttorente des Vorvorjahres.

Zu berücksichtigende Einkünfte sind Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 EStG), Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG), Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG), Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG), Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG), Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG) und Sonstige Einkünfte nach § 22 EStG (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Welche Einkünfte zu den sonstigen Einkünften gehören bestimmt § 22 EStG. Diese werden nach steuerrechtlichen Vorschriften ermittelt.

Andere Einkünfte als die aufgeführten werden nicht berücksichtigt. Dies gilt insbesondere für steuerfreie Einnahmen nach § 3 EStG. Steuerfreie Einkünfte sind gem. § 3 Ziffer 1, Lit. a) EStG unter anderem aus Leistungen aus einer Pflegeversicherung.

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