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BTHG-Kompass 4.1

Sie können an dieser Stelle Einsicht in die Dokumente des Themas nehmen.

Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.1

Einsatz des Einkommens nach § 142 SGB IX

Wie erfolgt der Einsatz des Einkommens bei einem volljährigen Heimsonderschülers nach § 142 SGB IX?



Antwort:

Aufbringung der Mittel für Kosten des Lebensunterhalts in Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen

Für minderjährige Leistungsberechtigte gilt die Trennung von existenzsichernden Leistungen und Fachleistungen der Eingliederungshilfe nicht. Der Leistungsträger kann gem. § 142 Abs. 1 bei der Unterbringung eines minderjährigen Menschen mit Behinderung in einer ehemals stationären Einrichtung, in dem Leistungen über Tag und Nacht oder über Tag erbracht werden, die Eltern zu einem Kostenbeitrag für die Verpflegung zur Kasse beten. Der Beitrag darf nur in Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen vom Leistungsberechtigten bzw. dessen Eltern oder Elternteil gefordert werden. Dies soll einen Ausgleich darstellen für die zu Hause eingesparte Verpflegung.

Der Begriff „häusliche Ersparnisse“ ist aber mit praktischer Unsicherheit verbunden, denn sie liegen nur vor, falls tatsächlich finanzielle Vorteile durch die stationäre Unterbringung entstehen. In der Praxis wird daher geschätzt, welche Aufwendungen anfallen würden, wenn der Leistungsberechtigte nicht stationär untergebracht wäre (vgl. Grube und Wahrendorf 2018: 816). Nur in Höhe der individuell prognostizierten Ersparnisse ist eine Kostenbeteiligung zumutbar. Daher können die Kosten je nach finanzieller Lage variieren, sind aber durch die in der Einrichtung tatsächlich entstandenen Kosten begrenzt (vgl. Harder et al. 2018: 1079).

Der Leistungsträger ist jedoch gem. § 142 Abs. 2 dazu verpflichtet, anfallende Leistungen auch dann im vollem Umfang zu erbringen, wenn dies – bzw. ihren Ehegatten oder Eltern – die Aufbringung der Mittel zu einem Teil zuzumuten ist (Bruttoprinzip). Dies soll gewährleisten, dass Leistungen der Eingliederungshilfe rechtzeitig und umfassend für Leistungsberechtigte gewährt werden und nicht etwa aufgrund finanzieller Erwägungen der Eltern oder eines Elternteils unterbleiben oder hinausgezögert werden.

Weiteres Einkommen & Vermögen wird nicht herangezogen, da ein Beitrag bei Leistungen gem. § 138 SGB IX nicht aufzubringen ist.

Diese Regelungen gelten gem. § 142 Abs. 3 auch für volljährige Leistungsberechtigte, die in besonderen Ausbildungsstätten über Tag und Nacht oder über Tag untergebracht sind. § 142 Abs. 1 und Abs. 2 finden hingegen keine Anwendung in Bezug auf die Eltern dieser volljährigen Leistungsberechtigten. Die (auf die "häusliche Ersparnis" begrenzte) Heranziehung für die Kosten des Lebensunterhaltes gilt - wie schon im bisherigen Recht nach dem SGB XII - nur für die volljährigen Leistungsberechtigten selbst.

Materialien

Anrechnung einer Erbschaft

Maßgeblich für einen Beitrag aus Einkommen ist das in § 135 Abs. 1 definierte Einkommen. Was ist mit Einkommen/Vermögen aus einer Erbschaft. Nach der Zuflusstheorie wird es, wenn der Zufluss während des Bedarfszeitraums erfolgt, als Einkommen klassifiziert. Eine Erbschaft fällt aber nicht unter den in § 135 ABs. 1 genannten Einkommensbegriff. Bleibt die Erbschaft dann unberücksichtigt oder entfällt die Zuflusstheorie durch das BTHG?



Antwort:

Anrechnung einer Erbschaft als Vermögen gemäß § 139 SGB IX

Die Bemessung des neuen Eigenbeitrages unterscheidet sich inhaltlich und systematisch deutlich von den bisherigen Regelungen. So bezieht sich die Einkommensermittlung nach § 135 Abs. 1 SGB IX auf das steuerrechtliche Einkommen des Vorvorjahres. Mittels gestaffelter Einkommensgrenzen wird der Eigenbetrag danach festgesetzt. Hierbei handelt es sich um eine pauschale Berechnung. Es wird kein neuer Betrag festgesetzt, wenn sich das Einkommen während des Bezugszeitraumes verändert (vgl. Kuhn-Zuber 2018: 2)


Erbschaften sind kein Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG und damit dem eindeutigen Wortlaut des § 135 Abs. 1 SGB IX nach, nicht bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigen. Es erfolgt also sowohl aufgrund der „Einkommensart“ als auch des pauschalen Charakters der Bemessung des Eigenbetrages keine neue Berechnung, wenn eine Erbschaft während des betreffenden Zeitraumes „zufließt“.


Allerdings können Erbschaften Vermögen gemäß § 139 SGB IX darstellen. Relevant wird dies dann, wenn hierdurch die Vermögensfreigrenze (150 % der Bezugsgröße – 59.220 Euro für das Jahr 2022) des § 139 SGB IX überschritten wird. Vor Inanspruchnahme der Leistungen ist das nicht geschützte Vermögen gemäß § 140 Abs. 1 SGB IX vorrangig einzusetzen. Ein Überschreiten der Vermögensfreigrenze ist also mit Ausnahme des § 140 Abs. 2 SGB IX als Leistungsausschlussgrund zu betrachten. Nach der Zuflusstheorie wäre das Erbe im Folgemonat als Vermögen zu betrachten. Anders als beim Einkommen, dessen Bemessung sich in der Regel auf das Vorvorjahr bezieht, ist die Vermögensgrenze auf die Gegenwart bezogen. Somit stellt eine Erbschaft, die zum Überschreiten der Vermögensfreigrenze führt, eine wesentliche Änderung in den Vermögensverhältnissen dar und kann die Leistungsbewilligung ggf. nach § 48 Abs. 1 S.2 Nr. 3 SGB X aufheben.

Materialien

Anrechnung eines Grundstücks

Ich nehme Leistungen der Eingliederungshilfe in Anspruch, beziehe aber keine Grundsicherung. Wird ein Grundstück, das von mir bewohnt wird, bei der Vermögensberücksichtigung herangezogen? Wie sieht es mit der Anrechnung von Mieteinnahmen aus vermieteten Grundstücken aus?



Antwort:

Berücksichtigung eines Grundstücks bei der Heranziehung des Einkommen & Vermögen in der Eingliederungshilfe

Seit dem 1. Januar 2020 gelten neue Regelungen zur Einkommens- und Vermögensanrechnung in der Eingliederungshilfe SGB IX. Es ist hierbei zu einem umfassenden Systemwechsel gekommen. Freibetragsgrenzen orientieren sich nun an der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs.1 SGB IV (das Durchschnittsentgelt aller Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr).

Bezüglich des Vermögens beträgt der Freibetrag nun, gem. § 139 SGB IX, 150 Prozent der jährlichen Bezugsgröße (2022: 59.220,- Euro). Falls Leistungen der Eingliederungshilfe bezogen werden, muss für die Leistungen zunächst das eigene Vermögen bis zum Freibetrag aufgebraucht werden. Zum Vermögen zählt dazu zunächst gem. § 139 SGB IX das gesamte verwertbare Vermögen, also alles was sich veräußern lässt. Allerdings gibt es gem. § 90 Abs. 2 SGB XII geschütztes Vermögen, welches nicht angerechnet werden darf. Hierzu zählt auch gem. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII ein angemessenes Hausgrundstück, wenn es selbst bewohnt wird. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes. Das eigene Grundstück wird somit voraussichtlich nicht bei der Vermögensanrechung berücksichtig, so lange es als angemessen bewertet wurde.

Mieteinnahmen durch ein Grundstück

Die Mieteinnahmen durch ein Grundstück werden allerdings im SGB IX als Einkommen nach § 136 Absatz 2 Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 2 SGB IX angesehen. Danach sind 75 Prozent der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV frei, also 29.610 € (im Jahr 2022). Der Freibetrag bei dieser Einkunftsart ist damit geringer als der bei Erwerbstätigkeit.

Bei der Einkommensanrechnung in der Eingliederungshilfe wird gem. § 136 SGB IX das Einkommen herangezogen, aus dem die leistungsberechtigte Person das überwiegende Einkommen erwirtschaftet.

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