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Vom Bedarf zur Leistung: Personenzentrierung in der Eingliederungshilfe

Sie können an dieser Stelle Einsicht in die Dokumente des Themas nehmen.

Inhaltsverzeichnis

Vom Bedarf zur Leistung: Personenzentrierung in der Eingliederungshilfe

Anwendung des Teilhabeplanverfahrens

In welchen Fällen muss ein Teilhabeplanverfahren durchgeführt werden?



Antwort:

Ausgangspunkt: Leistungen mehrerer Rehabilitationsträger oder verschiedene Leistungsgruppen

Der Teilhabeplan ist nach § 19 SGB IX nur dann zu erstellen, soweit Leistungen mehrerer Rehabilitationsträger oder verschiedener Leistungsgruppen gem. § 5 SGB IX erforderlich sind. Dagegen ist in der Eingliederungshilfe ein Gesamtplan für jede leistungsberechtigte Person und auch bei Einzelleistungen zu erstellen.

Zweck des Teilhabeplanverfahrens ist, vor allem in komplexeren Fallgestaltungen, die effektive Zuständigkeitsklärung. Vermieden werden soll, dass Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Menschen Nachteile haben, wenn sie verschiedene Teilhabeleistungen von einem oder mehreren Trägern bekommen.

Dass Leistungen mehrerer Leistungsgruppen erforderlich sind, ist nicht immer auf den ersten Bick zu erkennen, sofern sie nicht gleichzeitig oder nacheinander beantragt werden. Möglicherweise muss also ein Gesamtplanverfahren in ein Teilhabeplanverfahren übergeführt werden, wenn z. B. während der Antragsprüfung in den ersten 14 Tagen nach Antragseingang erkannt wird, dass Leistungen weiterer Leistungsgruppen in Betracht kommen. Dann hat möglicherweise eine Teilweiterleitung gem. § 15 Abs. 1 SGB IX zu erfolgen, die wiederum ein Teilhabeplanverfahren erforderlich macht.

Zweck des Teilhabeplanverfahrens ist auch, dass Leistungen mehrerer Rehabilitationsträger nahtlos und wie aus einer Hand zu erbringen sind. Das betrifft auch Leistungen, die nicht nebeneinander zum gleichen Zeitpunkt, jedoch in einem von vornherein absehbaren Zeitraum nacheinander zu erbringen sind, wie z.B. in einer Werkstatt für behinderte Menschen Leistungen der Arbeitsagentur im Eingangs-/Berufsbildungsbereich und danach Leistungen des Eingliederungshilfeträgers im Arbeitsbereich.

 

Redaktionelle Ergänzung:

Ein Teilhabeplan ist zudem auf Wunsch des Leistungsberechtigten zu erstellen, auch wenn weder Leistungen aus verschiedenen Leistungsgruppen noch von mehreren Rehabilitationsträgern vorliegen.

Während § 141 Abs. 1 SGB XII (und § 121 Abs. 1 SGB IX ab 01.01.2020) für die Träger der Eingliederungshilfe den Gesamtplan zwingend (auch für einzelne Leistungen einer einzigen Leistungsgruppe) vorschreibt und die Inhalte des § 19 dort enthalten sein müssen, regelt § 19 Abs. 2 Satz 3 SGB IX, dass ein Teilhabeplan auch für Einzelleistungen anderer Rehabilitationsträger zu erstellen ist, wenn der Leistungsberechtigte das wünscht.

Ein solcher Teilhabeplan dient nicht allein der Transparenz der Verfahren, sondern auch der Vermeidung von Doppelbegutachtungen. Zudem können die Erkenntnisse aus vorangegangenen Teilhabeplänen dazu dienen, die Erbringung individueller und wirksamer Teilhabeleistungen durch andere Rehaträger zu erleichtern.

Es ist daher von Vorteil für den Leistungsberechtigten, auf die Erstellung eines Teilhabeplans zu bestehen.

Teilhabeplanung bei sachlich oder zeitlich auseinanderligenden Verfahren

Gemäß § 25 Abs. 2b der gemeinsamen Empfehlung wird die Teilhabeplanung im Sinne von Abs. 2a nicht durchgeführt, wenn die verschiedenen Verwaltungsverfahren sachlich oder zeitlich so weit auseinanderliegen, dass ihre Verknüpfung über die Teilhabeplanung keine verbesserte Erreichung des Ziels der Teilhabe des Antragstellers ermöglicht. Wie kann das in der Praxis beurteilt werden? Inwieweit müssen Verwaltungsverfahren sachlich auseinanderliegen? Ist dies bei unterschiedlichen Sozialleistungsbereichen der Fall oder schon bei unterschiedlichen Leistungsgruppen? Wie weit müssen die Anträge zeitlich auseinanderliegen?



Antwort:

Orientierung an Lebenssituation und Teilhabeziel des Leistungsberechtigten

Die Beurteilung muss anhand der konkreten Lebenssituation und des Teilhabeziels des Leistungsberechtigten erfolgen. Es kommt weder darauf an, wie weit die Anträge zeitlich auseinanderliegen, noch darauf, ob Leistungen aus unterschiedlichen Leistungsgesetzen erbracht werden, sondern allein darauf, ob die Leistungen zur Erreichung des Teilhabeziels gleichzeitig erbracht werden müssen oder ob man das Teilhabeziel ebenso gut erreicht, wenn die Leistungen nacheinander erbracht werden.

 

Beispiel:

Ein Blindenhund wird sowohl zur Teilhabe am Arbeitsleben als auch zur sozialen Teilhabe benötigt. Seine Ausbildung kostet Geld. Im Rahmen des Teilhabeplanverfahrens ist zu klären, welchen Anteil des Blindenhundes welcher Rehabilitationsträger übernimmt, da der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung keine Leistungen zur sozialen Teilhabe erbringt. Benötigt wird aber ein vollständiger Hund zum Zeitpunkt des Beginns einer Umschulungsmaßnahme. Es wird nicht benötigt: ein halber Hund oder zwei „kleine“ Hunde, wie sie als Ergebnis getrennter Verwaltungsverfahren denkbar wären.

Teilhabeplan- und Gesamtplanverfahren bei Menschen mit psychischen Erkrankungen

Als Sozialarbeiterin bei einem Leistungserbringer stelle ich fest, dass bisher für die von mir leistungsberechtigten Menschen mit psychischen Erkrankungen kein Teilhabeplan- oder Gesamtplanverfahren vom Kostenträger durchgeführt wurde.

Gibt es dafür auch Sanktionsmöglichkeiten?



Antwort:

Regelungen des Gesamtplanverfahrens auch für Menschen mit psychischen Erkrankungen

Seit dem 1. Januar 2018 gelten mit den §§ 141 ff. SGB XII (§ 121 ff. ab dem 01.01.2020) detaillierte Regelungen für das Gesamtplanverfahren. Danach ist auch für leistungsberechtigte Menschen mit psychischen Erkrankungen eine individuelle Bedarfsermittlung sowie ein transparentes, trägerübergreifendes, interdisziplinäres, konsensorientiertes, individuelles, lebensweltbezogenes sowie sozialraum- und zielorientiertes Gesamtplanverfahren vorgeschrieben. 

Sollte seit Inkrafttreten der neuen Rechtslage das Verfahren, wie von Ihnen beschrieben durchgeführt worden sein, dürfte der das Verfahren beendende Bescheid (Leistungsbescheid oder Ablehnungsbescheid) bereits aus formalen Gründen rechtswidrig sein.

Im Rechtsbehelfs- bzw. Klageverfahren kann der Antragsteller, also der Leistungsberechtigte, nicht aber der Leistungserbringer ein regelkonformes Verfahren durchsetzen.

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