Unterlagen für die Prüfung der Unterlagen
Was im Rahmen der aktuellen Regelung zur Einkommensprüfung zunächst allein angefordert werden sollte und dürfte, ist der letzte vorliegende Steuerbescheid. Denn allein die (zu versteuernden) Gesamteinkünfte des vorvergangenen Jahres (also Einkommen abzgl. Werbungskosten) bilden die Summe, die mit der Bezugsgröße (im Wesentlichen das durchschnittliche Jahreseinkommen als Steuerbrutto im betreffenden Jahr in Deutschland, laut statistischen Daten) verglichen werden. Nun haben die wenigsten der leistungsberechtigten Personen eine Steuererklärung gemacht, und daher können auch wohl nur wenige einen Steuerbescheid beibringen. Ist es rechtens, dass dann die Kontoauszüge eingereicht werden müssen. Und kann sogar beides verlangt werden, also Steuerbescheid und Kontoauszüge?
Antwort:
In begründeten Einzellfällen sind auch Kontoauszüge zulässig
Nach § 135 Abs. 1 SGB IX ist die „Summe der Einkünfte“ des Vorvorjahres nach dem Einkommensteuergesetz sowie bei Renteneinkünften die Bruttorente des Vorvorjahres maßgeblich. Bei der Prüfung ist in einem ersten Schritt zu fragen, ob ein Einkommensteuer-Bescheid für das Vorvorjahr vorgelegt werden kann. In zahlreichen Fällen in der Praxis wird es keinen Einkommensteuer-Bescheid geben. Damit ist die Prüfung des Einkommens nicht generell beendet. Dazu nachfolgend einzelne Beispiele:
a) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit: Arbeitnehmer/innen sind nur in bestimmten Fällen zur Abgabe einer Einkommensteuer-Erklärung verpflichtet. Diese Fälle sind in § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG genannt (bspw. Nr. 1: wenn die positive Summe der Einkünfte, von denen keine Lohnsteuer einbehalten worden ist, mehr als 410 € beträgt). Es kann den Fall geben, dass auch bei höheren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für das Vorvorjahr keine Pflicht zur Veranlagung besteht und ferner (noch) kein (freiwilliger) Antrag auf eine Veranlagung gestellt wurde.
Bei Einkünften von Nichtselbständigen sind die Verdienstbescheinigungen für das Vorvorjahr als geeignete Unterlagen vorzulegen, soweit (noch) kein Einkommensteuer-Bescheid erteilt wurde. Häufig werden die Einkünfte unter den Einkommensgrenzen nach § 136 SGB IX liegen (bspw. das Arbeitsentgelt für eine Beschäftigung im Arbeitsbereich einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen). Soweit im Einzelfall die Einkommensgrenzen (voraussichtlich) überschritten werden könnten, ist zu prüfen, ob vom Bruttoarbeitslohn höhere Werbungskosten abzusetzen sind, die den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.000 € jährlich übersteigen.
b) Renteneinkünfte: Bei Renten ist nach § 135 Abs. 1 SGB IX die Bruttorente des Vorvorjahres maßgeblich und nicht nur der (geringere) steuerpflichtige Teil der Rente. Falls ein Einkommensteuer-Bescheid vorliegen sollte, ist hieraus in der Regel auch die volle Bruttorente (Jahresbetrag der Rente) ersichtlich. Soweit (noch) keine Einkommensteuer-Veranlagung für das Vorvorjahr durchgeführt wurde, sind die Rentenbezugsmitteilungen als geeignete Unterlagen zur Prüfung anzusehen.
c) Einkünfte des laufenden Jahres: Nach § 135 Abs. 2 SGB IX sind die voraussichtlichen Jahreseinkünfte des laufenden Jahres im Sinne des § 135 Abs. 1 SGB IX zu ermitteln und zugrunde zu legen, wenn zum Zeitpunkt der Leistungsgewährung eine erhebliche Abweichung zu den Einkünften des Vorvorjahres besteht (bspw. Arbeitslosigkeit, erstmalige Aufnahme einer Beschäftigung oder Rentenbeginn im laufenden Jahr). Naturgemäß kann für das laufende Jahr kein Einkommensteuer-Bescheid erteilt sein. Hierzu sind andere geeignete Unterlagen für die Prüfung einer erheblichen Abweichung vorzulegen (bspw. Bescheinigung über den Bezug von Einkommensersatzleistungen, Verdienstbescheinigung oder Rentenbezugsmitteilung).
Der Begriff des Einkommens in § 135 SGB IX im Zusammenspiel mit den (höheren) Einkommensgrenzen nach § 136 SGB IX führt in der Praxis häufig dazu, dass Kontoauszüge keine Standard-Unterlagen für die Prüfung des Einkommens sind. In begründeten Einzelfällen sind auch Kontoauszüge als geeignete Unterlagen anzusehen (bspw. einmalige sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG oder als Beleg für eine erhebliche Abweichung im laufenden Jahr).