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BTHG-Kompass 4.5

Sie können an dieser Stelle Einsicht in die Dokumente des Themas nehmen.

Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.5

Mitwirkung durch maßgebliche Interessensvertretungen

Besteht im Rahmen der Mitwirkung der durch Landesrecht bestimmten maßgeblichen Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen bei der Erarbeitung und Beschlussfassung der Rahmenverträge nach § 131 Abs. 2 SGB IX ein Stimmrecht?



Antwort:

Kein aktives Stimmrecht

Die Mitwirkung von Menschen mit Behinderung im Sinne von Partizipation ist in Art. 4  Abs. 3 der UN-BRK geregelt:

„Bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Rechtsvorschriften und politischen Konzepten zur Durchführung dieses Übereinkommens und bei anderen Entscheidungsprozessen in Fragen, die Menschen mit Behinderungen betreffen, führen die Vertragsstaaten mit den Menschen mit Behinderungen, einschließlich Kindern mit Behinderungen, über die sie vertretenden Organisationen enge Konsultationen und beziehen sie aktiv ein.“

Das konkretisiert sich in den §§ 94 Abs. 4, 125 Abs. 3 Satz 4 SGB IX sowie für die Landesrahmenverträge in § 131 Abs. 2 SGB IX. Dort ist geregelt, dass die durch Landesrecht bestimmten maßgeblichen Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen bei der Erarbeitung und Beschlussfassung der Rahmenverträge mitwirken. Unter Mitwirkung versteht der Regierungsentwurf des BTHG eine beratende Einbeziehung in Verfahren und Beschlussfassung (BT-Drs. 18/9522, S. 300).

Die Regelung wird auch  in der Literatur nicht als Stimmrecht der maßgeblichen Interessenvertretung gewertet, sondern als Gelegenheit, neben der aktiven Mitarbeit an den Vertragsinhalten zum Inhalt von Rahmenverträgen und zu einzelnen dort beabsichtigten Regelungen Stellung zu nehmen und zum Beispiel Zustimmung, Kritik oder Ablehnung zu einzelnen Regelungen in geeigneter Weise, z.B. in Formeiner Anlage zu Gehör zu bringen (Rosenow, in: Fuchs/Ritz/Rosenow, § 131 SGBIX, Rn. 81; ähnlich Streichsbier, in: Grube / Wahrendorf / Flint, § 131 SGB IX,Rn. 15).

In den Landesrahmenverträgen wird oft zu Beginn darauf hingewiesen, dass Menschen mit Behinderungen an der Erarbeitung mitgewirkt haben. Auch bei den in allen Verträgen verankerten Vertragskommissionen zur Weiterentwicklung der Verträge wird Menschen mit Behinderung eine Beteiligung zugesprochen, jedoch nirgends ein aktives Stimmrecht.

Anforderungen an die Transparenz

Sind aus einzelnen Landesrahmenverträgen Regelungen bekannt, die Anforderungen an die Transparenz der Verträge vorsehen?



Antwort:

Ergebnisse der Vereinbarungen sind zugänglich zu machen

Bundesgesetzlich ist in § 123 Abs. 2 S. 4 SGB IX geregelt, dass das Ergebnis der Vereinbarung wischen Leistungserbringer und dem zuständigem Träger der Eingliederungshilfe den Leistungsberechtigten in einer wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen ist. Das bezieht sich auf die Vereinbarungen nach §125 SGB IX. In einzelne Rahmenverträge ist die Verpflichtung aufgenommen, die Rahmenverträge in leichter Sprache zugänglich zu machen. So zum Beispiel in §87 LRV Baden-Württemberg:

„Der LRV einschließlich der vertragsrelevanten Beschlüsse der Vertragskommission, die schriftlichen Vereinbarungen sowie die Prüfungsergebnisse sind in leichte Sprache zu übersetzen und den Leistungsberechtigten in deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden, über andere Kommunikationshilfen oder in einer anderen für sie geeigneten Form zugänglich zu machen. Die Verpflichtung nach Satz 1 richtet sich hinsichtlich des LRV und der vertragsrelevanten Beschlüsse der Vertragskommission an die Rahmenvertragsparteien gemeinsam, im Übrigen an die jeweils örtlich   zuständigen Träger der Eingliederungshilfe.“

§ 57 LRV Rheinland-Pfalz:

„Dieser Rahmenvertrag wird in leichte Sprache übersetzt. Den Leistungsberechtigten sollen auf Verlangen die Vereinbarungen nach § 125 SGB IX in deutscher Gebärdensprache, mitlautsprachbegleitenden Gebärden, über andere Kommunikationshilfen oder in einer anderen für sie geeigneten Form zugänglich gemacht bzw. in leichte Sprache übersetzt werden. Gleiches gilt für den Rahmenvertrag.“

§ 14 Abs. 5 LRV Sachsen-Anhalt:

„Der Leistungsträger übersetzt den Rahmenvertrag in Leichte Sprache und macht diesen den leistungsberechtigten Personen in wahrnehmbarer Form zugänglich.“

Gewaltschutzkonzeption

Der Landesrahmenvertrag Baden-Württemberg sieht als Teil der Strukturqualität vor, dass Leistungserbringer über eine Gewaltschutzkonzeption verfügen. Findet sich eine solche Regelung auch in anderen Landesrahmenverträgen?



Antwort:

Thema Gewaltschutz in mehreren Landesrahmenverträgen verankert

Das Thema Gewaltschutz ist in mehreren der derzeit vorhandenen Landesrahmenverträgen nach § 131 SGB IX verankert. So wird beispielsweise als Teil der Qualitätsregelungen vorgegeben, dass Leistungserbringer über ein Konzept zum Gewaltschutz verfügen (§ 37 Abs. 5 LRV Baden-Württemberg, § 8 LRV Berlin, § 5 Abs. 3 LRV Bremen) oder dem Themaanderweitig Rechnung tragen müssen (§ 10 LRV Rheinland-Pfalz, § 14 LRV Saarland, § 7 LRV Niedersachsen).

Seit 01.01.2022 ist mit § 37a SGB IX eine bundesgesetzliche Regelung in Kraft, die Leistungserbringern geeignete Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt für Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Menschen, insbesondere für Frauen und Kinder mit Behinderung und von Behinderung bedrohte Frauen und Kinder auferlegt. Adressaten der Regelung sind die Leistungserbringer aller Rehabilitationsträger, unabhängig davon, in welcher Form und an welchem Ort sie ihre Leistung erbringen (BT-Drs. 19/27400, S. 61).

Als geeignete Maßnahme zum Gewaltschutz wird insbesondere ein auf die Einrichtung oder Dienstleistungen zugeschnittenes Gewaltschutzkonzeptgenannt. Als Teil des Gewaltschutzkonzepts führt die Bundesregierung zum Beispiel Fortbildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen für Mitarbeitende, Präventionskurse für Menschen mit Behinderungen, Vernetzung mit externen Partnern und feste interne Ansprechpersonen wie zum Beispiel Frauenbeauftragte oder Kinderschutzbeauftragte in Einrichtungen sowie Beschwerdestellen unda ndere geeignete Beteiligungsstrukturen auf (BT-Drs. 19/27400, S. 62).

Was die Ausgestaltung von Gewaltschutzkonzepten angeht, sind die Landesrahmenverträge bisher wenig konkret. Teilweise sollen dazu noch genauere Regelungen ausgearbeitet werden. Aufgrund der gesetzlichen Regelung in§ 37a SGB IX ist zu erwarten, dass sich Institutionen wie die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation oder der Deutsche Verein mit dem Thema befassen und ggf. Empfehlungen formulieren, deren Umsetzung in der Eingliederungshilfe vertraglich vereinbart werden kann.

Es gibt aber bereits jetzt Konzepte, an denen man sich orientieren kann. Die bereits erwähnte Begründung für das Teilhabestärkungsgesetz verweist auf S. 46 auf folgende Veröffentlichungen:

  • Handlungsempfehlung zur Gewaltprävention, WfbM Landesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen, Berlin 2017;

  • Checkliste Gewaltprävention, Bundesvereinigung Lebenshilfe e. V., Dezember 2017;

  • Rahmenvereinbarung zur Qualitätssicherung und Gewaltprävention in nordrheinwestfälischen Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, September 2019;

  • Handreichung zur Prävention von und zum Umgang mit Gewalt, Bezirk Oberbayern, 2015.

Ansonsten gibt es Bestrebungen, das Thema Gewaltprävention auf Ebene der Landesheimgesetze zu regeln.

Der Abschlussbericht einer Arbeitsgruppe aus NRW finden Sie hier.

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