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BTHG-Kompass 4.5

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Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.5

Wirkung und Wirksamkeit

Gibt es Beispiele in den Landerahmenverträgen zur Wirkung, Wirksamkeit und zu Wirkannahmen?



Antwort:

Allgemein vorweg: Das Recht der Eingliederungshilfe solldurch das BTHG personenzentriert ausgerichtet werden. Um die Fachleistung personenbezogen bereitstellen zu können, wurde das Gesamtplanverfahren in §§117 ff. SGB IX geschaffen, das auf dem Teilhabeplanverfahren nach §§ 19 ff. SGBIX aufbaut und dieses ergänzt. Damit die Ziele der Eingliederungshilfe auch durch die Leistungserbringer erreicht werden und die Leistungsträger ihrem Sicherstellungsauftrag gerecht werden können, sind in Landesrahmenverträgen nach § 131 SGB IX Grundsätze und Maßstäbe für die Wirtschaftlichkeit und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen sowie Inhalt und Verfahren zur Durchführung von Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen zu regeln (§ 131 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB IX). In Leistungsvereinbarungen sind Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen der Eingliederungshilfe zu vereinbaren (§ 125 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX).
Die Wirtschaftlichkeit und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistung kann vom Träger der Eingliederungshilfe geprüft werden(§ 128 Abs. 1 S. 1 SGB IX) und festgestellte Abweichungen von Leistungspflichten können mit Vergütungskürzungen sanktioniert werden (§ 129SGB IX). Über § 123 Abs. 4 SGB IX wird der Leistungserbringer verpflichtet, Leistungen unter Beachtung des Gesamtplans zu erbringen und sich somit an den individuell festgestellten Teilhabezielen der Leistungsberechtigten zu orientieren.
Der Verweis auf die zu erreichende Wirksamkeit der Leistung ist durch das BTHG neu hinzugetreten und steht exemplarisch für die intendierte personenzentrierte Ausrichtung des Gesetzes. Er wird sowohl mit dem Begriff der Qualität als auch mit dem Begriff der Wirtschaftlichkeit in Zusammenhanggesetzt. Durch das BTHG findet aufgrund der angestrebten Personenzentrierung der Leistung und der damit verbundenen Festschreibung von Teilhabezielen im Teilhabe- und Gesamtplan eine Neuausrichtung des Wirtschaftlichkeitsbegriffsstatt. Da das Ziel der Leistung klar beschrieben ist, geht es nicht darum, auf Grundlage einer allgemein gehaltenen Leistungsvereinbarung unter Verweis auf einen Leistungstyp eine Leistung zu erstellen, sondern mit dieser Leistung auch tatsächlich festgelegte und überprüfbare Ziele zu erreichen. Unwirksame Leistungen sind als unwirtschaftlich zu betrachten und dementsprechend auch nur wirksame Leistungen als wirtschaftlich.
 Alle untersuchten Landesrahmenverträge beschreiben Qualität anhand des Donabedian-Prinzips. Das ist eine im Qualitätsmanagement sozialer Dienste und Einrichtungengebräuchliche Unterscheidung.
•    Strukturqualität erfasst die Bereitstellungsleistung, die zur Erbringung er Dienstleistungen vorgehaltenwerden.
•    Prozessqualität bezieht sich auf die fachliche und organisatorische Art und Weise, wie in Koproduktion mit Leistungsberechtigten und anderen Akteuren soziale Dienstleistungen ausgestaltet werden.
•    Ergebnisqualität wird an der Erreichung von Zielen gemessen und ist daran erkennbar, welche Effekte auftreten bzw. welcher Outcome bei den Leistungsberechtigten und anderen Akteuren auftritt.
Die einzelnen Qualitätsdimensionen sind in den LRV sehr ausführlich beschrieben. Eine Verbindung zwischen Gesamtplan als Instrument zur Wirkungskontrolle auf der individuellen Ebene (§ 121 Abs. 2 S. 1 SGB IX) und Wirksamkeitsannahmen auf der institutionellen Ebene wird z.B. durch Regelungenhergestellt, die Leistungserbringung nach Gesamtplan als Teil der Prozessqualität verorten, wie in Punkt 7.2.2 LRV NW:
„Zur Prozessqualität gehören insbesondere die bedarfsgerechte Leistungserbringung unter Beachtung des Gesamtplans und der Wünsche der Leistungsberechtigten sowie deren regelmäßige Reflexion.“
Der LRV MV unterstreicht die zentrale Stellung des Gesamtplans bei der Erfassung der Wirkung der Leistung, indem er teilweise den Gesetzestext von § 121 Abs. 2 SGB IX wiederholt. Siehe § 4 Abs. 17 LRV MV:
„Im Gesamtplan setzt der Träger der Eingliederungshilfe die Anforderungen des § 121 SGB IX um. Der Gesamtplan wird gemeinsam mit der leistungsberechtigten Person erstellt.
Der Gesamtplan dient dazu, die Bedarfe gemeinsam mit der leistungsberechtigten Person aus dem Zuständigkeitsbereich der Eingliederungshilfe in einem gesetzlich definierten Verfahren (§ 117 SGB IX) zu erheben und ggf. in die Teilhabeplanung zu integrieren.
Er ermöglicht die Steuerung, Wirkungskontrolle und Dokumentation des Teilhabeprozesses.“
Der LRV NW nimmt in Punkt 7.2.3 Abs. 2 eine Definition des Begriffs Wirkung vor, wie er aus Sicht der Vertragsparteien im Kontext der Eingliederungshilfe verstanden werden kann:
„Wirkungen sind auf der Ebene der jeweils leistungsberechtigten Person der intendierte Erhalt und die Veränderungen, die mittels zielorientierter Arbeit gemeinsam mit leistungsberechtigten Personen, deren Lebensumfeld oder der Gesellschafterreicht werden.
Die Wirkung im Einzelfall ist nicht Gegenstand von Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 128 SGBIX. Sie wird im Rahmen der Wirkungskontrolle im Gesamtplanverfahren (§121 Abs.2 SGB IX) im Hinblick auf die im Gesamtplan dokumentierten Ziele und unter Berücksichtigung der Leistungen anderer Leistungserbringer (auf der Grundlage u.a. der Bücher SGB V, VIII, IX, XI und XII des Sozialgesetzbuches) erörtert.“
Wirkungen werden hier entsprechend der im Gesetz angelegten Konzeption im Rahmen der Überprüfung des Gesamtplans erhoben. Auch der LRV Thüringen verortet die Dimension der Wirkung in der Präambel auf der Ebene des Individuums:
„Die personenzentrierte Komplexleistung nach Teil II gewährleistet die wirkungsorientierte Erbringung der im Einzelfall geplanten und vereinbarten Leistungen der Teilhabe (und anderer Leistungen) an jedem Ort, an 24 Stunden und 365 Tagen im Jahr aufgrund einer prospektiven, wirkungsorientierten Einschätzung des notwendigen Leistungsumfanges.“ 
Der Begriff Wirksamkeit kann im Recht der Eingliederungshilfe als institutioneller Beitrag zur Erfüllung von Teilhabezielen im Einzelfall verstanden werden. Dabei ist in den Landesrahmenverträgen noch kein einheitliches Begriffsverständnis erkennbar und an einigen Stellen wird auch noch Bedarf zur Weiterentwicklung festgestellt.
Zwei Regelungsmuster in den Landesrahmenverträgen sind die Wirksamkeit von Leistungserbringern (auch) anhand des Gesamtplans zu beurteilen und eine diskursive Feststellung der Wirksamkeit von Angeboten.
Ersteres Regelungsmuster findet sich z.B. in Brandenburg, NRW, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Thüringen. Der LRV Brandenburg formuliert in § 10 Abs. 4:
 „Bei der Beurteilung der Wirksamkeit eines Leistungsangebotes ist auch das angestrebte Ziel des Gesamtplanverfahrens nach§ 117 SGB IX bzw. das vereinbarte Ziel gemäß Teilhabezielvereinbarung nach §122 SGB IX mit dem tatsächlich erreichten Zustand zu vergleichen.“
 Der LRV Thüringen schreibt in § 12 Abs. 3:
 „Die Wirksamkeit der Leistungen ergibt sich aus den im Einzelfall vereinbarten Zielen und Indikatoren sowie den in der Konzeption, als Grundlage des Leistungsangebots, sozialräumlich vereinbarten Zielsetzungen.“
 In Punkt 8.4 Abs. 3 LRV Nordrhein-Westfahlen  findet sich diese Formulierung:
 „Werden über alle Leistungsberechtigten im Betrachtungszeitraum in einem erheblichen Maße individuelle Ziele nicht erreicht oder übertroffen, tritt der Träger der Eingliederungshilfe mit dem Leistungserbringer in einen Qualitätsdialog. Ziel des Qualitätsdialogs ist die fachliche Leistungserbringung.“
Regelungen zu einer diskursiven Erhebung der Wirksamkeit finden sich in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. 
Das ausführlichste Verfahren dazu wurde in Mecklenburg-Vorpommern entwickelt. Anlage 7 des LRV Mecklenburg-Vorpommern formuliert:
 „Der Prozess zur Erarbeitung der Merkmale zur Einschätzung der Wirksamkeit des Angebots wird vom Träger der Eingliederungshilfe verantwortet und erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Leistungserbringer. Die konkreten Merkmale werden
•    für die Perspektive der leistungsberechtigten Personen durch die Vertretung der Leistungsberechtigten eines Angebotes unter Beteiligung aller, zumindest jedoch einer aussagekräftigen Anzahl der Leistungsberechtigten dieses Angebotes,
•    für die Perspektive nahestehender Personen, Angehörigen und rechtliche Betreuungen durch von diesen bestimmten Vertreter*innen in Abstimmung mit den Beteiligten ihrer Gruppe,
•    für die Perspektive der Mitarbeitenden des Leistungserbringers durch die Vertretung oder die Gesamtheit der Mitarbeiter*innen eines Angebots,
•    für die Perspektive der Mitarbeitenden der Leistungsträger unter Beteiligung von Mitarbeiter*innen des Fallmanagements und der Sachbearbeitung erarbeitet. Inhaltlicher Bezugspunkt der Merkmale soll stets die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sein (§ 27 LRV MV).“
 In vielen der aktuell vorliegenden Landesrahmenverträge werden Grundsätze für Wirkung und Wirksamkeit der Leistung auch als weiterzuentwickelnde Materie aufgeführt. Insofern werden die hier dargestellten Modelle mit Sicherheit noch überarbeitet.
Die Verwendung der Begriffe Wirkung und Wirksamkeit im Gesetz und die Aufgabe der Vertragsparteien, Grundsätze und Maßstäbe für die Wirtschaftlichkeit und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen zu vereinbaren, sorgt nach wie vor für Unsicherheit und es wird diskutiert, welche Maßstäbe anzulegen sind und wie man dem Ansinnen des Gesetzgebers gerecht werden kann.
Die begriffliche Koppelung des Begriffs Wirksamkeit mit Qualitätssicherung wird durch die gesetzliche Konzeption nahegelegt und von den Vertragsparteien aufgegriffen. In Punkt 2.7.5 LRV Sachsen findet sich z.B. diese Regelung:
„Ergebnisqualität ist als Zielerreichungsgrad der Leistungserbringung zu verstehen und beschreibt zugleich die Wirksamkeit der Leistungen. Dabei ist das angestrebte Ziel mit dem  tatsächlich erreichten Zustand zu vergleichen.“
Das verursacht Sozialwissenschaftler*innen Bauchschmerzen, weil diese bei Wirksamkeitsnachweisen an aufwendige Studien mit randomisierten Kontrollgruppendesigns denken. Die Ergebnisse dieser Studien müssten dann gesammelt, bewertet und in aufwendigen Verfahren zu evidenzbasierten Expertenstandards verdichtet werden, wie sie beispielsweise aus der Pflege bekannt sind. Die Ergebnisse der Studien würden so den Weg zurück in Qualitätsvorgaben für Leistungen der Eingliederungshilfe finden. Ein anderer Ansatz wäre es, Wirkungsmodelle zu formulieren, aus denen sich für bestimmte Bereiche aggregierte Ankerwirkungsmodelle ableiten lassen, die in Qualitätsvorgaben und Fachkonzepten aufgegriffen werden könnten.
Dazu wird in der Literatur vielfach noch Forschungsbedarf festgestellt. Das sehen die Vertragsparteien der Landesrahmenverträge, wie bereits erwähnt, ähnlich. In mehreren Verträgen finden sich Formulierungen, die Forschungsbedarf zu Grundsätzen und Maßstäben für die Wirtschaftlichkeit und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen beschreiben. So z.B. in § 37 Abs.3 LRV BW:
„Die Rahmenvertragsparteien sind sich einig, dass die Grundsätze für die Wirtschaftlichkeit, Qualität einschließlich Wirksamkeit sowie dazugehörige Prüfungsgrundsätze gemeinsam umfassend entwickelt werden. Die Rahmenvertragsparteien wollen dazu  gemeinsam mit der Interessensvertretung einen andauernden gemeinsamen Austausch installieren, der die Erfüllung der Pflichten aller Beteiligten – vor Ort und im Land im Blick hat. Im Rahmen einer von der Vertragskommission SGB IX einzurichtenden Arbeitsgruppe werden dazu unteranderem Definitionen, Kriterien und Instrumente erarbeitet“
Oder in § 6 LRV Hessen:
„Die Vertragspartner verpflichten sich, die Grundsätze und Maßstäbe der Wirksamkeit der Leistungserbringung –einschließlich möglicher Indikatoren ihrer Bewertung – in den zukünftigen Rahmenverträgen nach § 131 SGB IX weiter zu entwickeln.“
Präambel LRV Niedersachsen:
„Ferner werden die Regelungen zur Qualität   einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen entlang der Grundsätze des  BTHG weiterentwickelt.“
Punkt 2.7.6 LRV Sachsen:
„Die Kommission nach Teil C erarbeitet zu Qualität und Wirksamkeit der Leistungen eine Empfehlung für die Rahmenvertragspartner.“
§ 12 LRV Schleswig-Holstein:
„Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass eine Entwicklung von einheitlichen Maßstäben für die Wirksamkeit von Leistungen weiterer Untersuchungen bedarf. Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, den Leistungsberechtigten eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht, um die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern. Die Leistung soll sie befähigen, ihre Lebensplanung und -führung möglichst selbstbestimmt und eigenverantwortlich wahrnehmen zu können. Die aufgrund der Regelungen dieses Rahmenvertrages vereinbarten und erbrachten Leistungen sollen vor diesem Hintergrund hinsichtlich ihrer Wirksamkeit vorrangig an diesen Grundsätzen und im Interesse der Leistungsberechtigten beurteilt werden.“
Mit der Schließung dieser Forschungslücke sollte zeitnahbegonnen werden. Leistungsträger und Leistungserbringer sollten das auch als Aufgabe verstehen, die nicht an Landesgrenzen Halt macht. Es gibt z.B. bereits Überlegungen zu einem gemeinsamen Fond von Bund und Ländern, der Forschungsvorhaben in dem Bereich finanzieren könnte.
Antwort Michael Beyerlein:
Dazu konnten in einer kursorischen Analyse der Verträge folgende Regelungen gefunden werden:
§ 29 LRV Baden-Württemberg  (Regelungen für ehemals ambulante, nicht gepoolte Angebote):
(1) Werden geplante Leistungen vom Leistungsberechtigten nicht spätestens drei Kalendertage vor dem vereinbarten Leistungstermin abgesagt oder werden sie vom Leistungsberechtigten nicht in Anspruch genommen, ohne dass die Gründe vom Leistungserbringers zu vertreten sind, wird die vereinbarte Vergütung vollumfänglich weitergezahlt. Soweit ein Leistungsfall unter die Regelungen nach Abs. 3 fällt, wird die Leistungspauschale entsprechend abgesenkt.
(2) Können in den Fällen des Abs.1 S. 1 geplante Leistungen regelmäßig (mindestens zwei aufeinanderfolgende Termine) nicht erbracht werden, informiert der Leistungserbringer den Leistungsträger unverzüglich darüber und stimmt sich mit ihm über die Fortführung der Eingliederungshilfemaßnahme ab. Dasselbe gilt auch im Falle absehbarer längerer Krankheit (ab vier zusammenhängenden Wochen).
(3) Die vereinbarte Leistungspauschale 
a) entfällt vollständig, wenn das für den Einsatz eingeplante Personal ersatzweise Leistungen für einen anderen Leistungsberechtigten erbringt oder nachweisbar erbringen kann. In diesem Fall wird ein pauschaler Aufwandsersatz für die ausgefallene Leistung im Umfang von25 % der ausgefallenen Vergütung erstattet.
b) entfällt ab einer Dauer von mehr als vier zusammenhängenden Wochen,
- in denen der Leistungsberechtigte die Leistungen wegen Krankheit und vergleichbaren Gründen nicht in Anspruch genommen hat,
- bei einer außerplanmäßigen Beendigung der Hilfen, auf die sich der Leistungserbringer nicht einstellen konnte. 
Arbeitsrechtliche Bestimmungensind zu beachten.
Für den Fall, dass die Leistung für den konkreten Leistungsberechtigten nicht wie geplant erbracht werden kann, ist - soweit möglich und zumutbar - für diesen eine adäquate Ersatzleistung (an anderem Ort oder zu anderer Zeit) zu erbringen. Dies gilt insbesondere bei Krankenhaus- oder Reha-Aufenthalten. 
(4) § 28 Abs. 5 LRV gilt entsprechend (Für den sich jeweils ergebenden Fortzahlungszeitraum hat der   jeweilige Leistungserbringer das Angebot für den betroffenen Leistungsberechtigten freizuhalten und seine Leistungsbereitschaft aufrechtzuerhalten, so dass die Unterbrechung bei Bedarf jederzeit beendet und die Leistungserbringung übergangslos fortgesetzt werden kann).
§ 22 Abs. 1 Nr. 1 LRV Berlin:
(1) Rechnungslegung und Abschlagszahlungen 
1. Die Rechnungslegung erfolgt spätestens nach 12 Monaten unabhängig vom Bewilligungszeitraum im Rahmen einer Abrechnung aufgrund der erbrachten Leistungen, dokumentiert in den monatlichen Leistungsnachweisen. Überschreitungen oder Unterschreitungen können innerhalb des verbleibenden Bewilligungszeitraums ausgeglichen werden.
a. Erbrachte Leistungen sind Leistungen für und mit dem Leistungsberechtigten wie sie vom Träger der Eingliederungshilfe bewilligt und zwischen Leistungsberechtigtem und Leistungserbringer terminlich verabredet wurden. 
b. Wenn der Termin nicht 24Stunden vorher vom Leistungsberechtigten abgesagt wird, ist die Wegezeiterbrachte Leistung und zu vergüten. Die übrige Zeit des vereinbarten Termins ist bezüglich der Vergütung daraufhin zu betrachten, inwieweit ersparte Aufwendungen beim Leistungserbringer entstehen. Dieses Risiko der Verlustzeit wird hälftig geteilt zwischen dem Träger der Eingliederungshilfe und dem Leistungserbringer. Die Verlustzeit wird dokumentiert und ist hälftig als erbrachte Leistung anzuerkennen. 
c. Die Leistungsnachweise sind unverzüglich im Hinblick auf ihre sachliche Richtigkeit von Seiten des Trägers der Eingliederungshilfe zu überprüfen. Bei Beanstandungen ist der Leistungserbringer zu benachrichtigen.
§ 15 Abs. 5 und 6 LRV Mecklenburg-Vorpommern:
(5) Kann der Leistungserbringer eine 1:1-Leistung zu einem Termin (Datum, Uhr-zeit), den er mit der leistungsberechtigten Person vereinbart hat, nicht erbringen, ohne dass der Leistungserbringer vom Ausfall der Leistungserbringung mindestens zwölf Stunden vor dem geplanten Termin Kenntnis hatte, entstehen Ausfallzeiten. Der Leistungserbringerrechnet dann gegenüber dem Leistungsträger den Anspruch auf Vergütung etwaiger Fahrzeiten und von fünf Minuten Fachleistung ab.
(6) Angebotene und teilweise nicht in Anspruch genommene Gruppenleistungen (gepoolte Leistungen und Gruppenangebote) werden vom Leistungsträger vollständig vergütet, sofern nicht eine Vergütung nach Absatz 8 erfolgt. Die nicht in Anspruch genommenen Leistungen werden auf die bewilligten Leistungen der jeweiligen leistungsberechtigten Person angerechnet und können nicht nachgeholt werden. Soweit die Gruppenleistungen vollständig nicht in Anspruch genommen werden, wird nur die Zeit bis zur Realisierung, dass eine Leistungserbringung nicht möglich ist, vergütet.
 

Wirkung und Wirksamkeit

Leistungspauschalen

Sind aus einzelnen Rahmenverträgen Beispiele zur Höhe der Leistungspauschalen bekannt, ohne das eine Vorwegnahme der Regelungen in den Vereinbarungen nach § 125 SGB IX erfolgt?



Antwort:

Leistungspauschalen

Die Möglichkeit, die Höhe von Leistungspauschalen festzulegen, wurde in den vorhandenen Landesrahmenverträgen eher zurückhaltend genutzt. Einige Verträge verweisen auf die Möglichkeit, die Höhe der Vergütungspauschale bzw. Elemente davonlandeseinheitlich festzulegen. Die Festlegung von landeseinheitlichen Pauschalen wird dabei jedoch als zweite Alternative nach einer Vereinbarung anhand prospektiv kalkulierter Kosten genannt. So lautet z.B. die Formulierung in § 8 Abs. 3 des LRV Hamburg:
„Der Kalkulation der Vergütung werden die für die Laufzeit der Vereinbarung im Voraus zu kalkulierenden Kosten oder die durch die Vertragskommission SGB IX festgesetzten Pauschalen gem. Anlage 5.1 - 5.5.9 zugrunde gelegt.“
Oder die entsprechende Formulierung in § 7 LRV Sachsen-Anhalt:
„Der Kalkulation der Vergütung werden die für die Laufzeit der Vereinbarung im Voraus zu kalkulierenden Kosten oder die durch die ‚GK 131‘ festgesetzten Pauschalen zugrunde gelegt.“
Die Festlegung der Pauschalen ist dann also der Vertragskommission zugewiesen.
Der Berliner Rahmenvertrag schließt die Festlegung landeseinheitlicher Leistungspauschalen explizit aus, vgl. § 22 Abs. 3 LRV Berlin:
„Die für Soziales zuständige Senatsverwaltung wird künftig auf Grundlageeiner solchen Musterkalkulation einen individuellen Preis für eine Zeiteinheit/Fachleistungsgruppe mit den Anbietern verhandeln. Es wird demnach keinen einheitlichen Preis für das gesamte Land Berlin geben.“

Regelungen zu Assistenzleistungen zur Freizeitgestaltung

Existieren zur Umsetzung personenorientierter Leistungen in den Landesrahmenverträgen Regelungen für Assistenzleistungen zur Freizeitgestaltung und zur Sozialraumgestaltung und kann das als Bedarf anerkannt werden?



Antwort:

Individuelle Assistenzleistung und ihr Bezug zum Sozialraum der Leistungsberechtigten ergeben sich aus dem Gesamtplan

Zu Leistungen zur soziale Teilhabe gehören unter anderem Assistenzleistungen. Diese werden zur selbstbestimmten und eigenständigen Bewältigung des Alltages einschließlich der Tagesstrukturierung erbracht und umfassen insbesondere auch Leistungen für die Freizeitgestaltung einschließlich sportlicher Aktivitäten (§78 Abs. 1 SGB IX).

Ob ein Bedarf für Teilhabeleistungen besteht, wird nach Antragstellung nach den Vorgaben des § 118 SGB IX ermittelt. Daran schließt sich die Feststellung des Bedarfs und die Aufstellung des Gesamtplans nach §121 SGB IX an. Dieser enthält u.a. Aussagen dazu, welche Ziele mit den Leistungen zur Teilhabe erreicht werden sollen (§ 19 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX) und er enthält Informationen über Art, Inhalt, Umfang und Dauer der zu erbringenden Leistungen (§ 121 Abs. 4 Nr. 3 SGB IX) und die Einbeziehung von Diensten und Einrichtungen bei der Leistungserbringung. Im Gesamtplanverfahren ist auch das Kriterium der Sozialraumorientierung zu beachten (§ 117 Abs. 1 Nr. lit. g SGBIX). Nach Kahl und Gundlach (Beitrag D33-2021 unter www.reha-recht.de) bedeutet das in der Praxis, dass Leistungsträger und -erbringer in der Gesamtplanung und anschließenden Angebotsumsetzung gleichermaßen die Ebene des Individuums und dessen Lebenswelt, umgebende Netzwerke, aber auch die Ebenen der Sozialstruktur und Organisation einbeziehen, also dass im Rahmen der Leistung nicht nur einzelfallspezifische Hilfen zur Verfügung gestellt werden, sondern auch außerhalb der Person liegende Barrieren bearbeitet werden.

Assistenzleistungen beziehen sich jedoch in erster Linie auf den Einzelfall. Eine Rahmenleistungsbeschreibung aus dem Landesrahmenvertrag NRW (Anlage A, Punkt 5.1) beschreibt die Assistenzleistung als „situationsgerechte Unterstützung der leistungsberechtigten Person im Tagesverlauf unter Berücksichtigung ihrer Orientierungs- und Handlungsfähigkeit im täglichen Leben und in ihrem Sozialraum.“

Die Leistung ist also im individuellen Sozialraum verortet, gestaltet ihn aber darüber hinaus nicht. Die Gestaltung des Sozialraums wird als Aufgabe mehreren Akteuren zugeordnet (LRV NW Anlage J. 4):

„Die Gestaltung eines inklusiven Sozialraums ist Aufgabe aller staatlichen Ebenen. Es ist Aufgabe des Staates und seiner ausführenden Organe und damit auch der Rehabilitationsträger, für einen barrierefreien Sozialraum zu sorgen, d. h. die Faktoren zu beseitigen, die die Menschen mit Behinderungen in ihrem individuellen Alltagbehindern. 

Dabei geht es nicht nur um Sozialleistungen für die Förderung der Anpassung des Wohnraumes und Wohnumfeldes an die Anforderungen der Menschen mit Behinderung, sondern auch um die Beseitigung physischer, informationeller und kommunikativer Barrieren sowie von Vorurteilen oder Fehleinstellungen, die Menschen mit Behinderungen in ihrer sozialen Teilhabe einschränken.“

Darin erkennt man das SONI-Schema der Sozialraumorientierung wieder, wonach Ziel der Arbeit mit Leistungsberechtigten eine Aktivierung ist, die sich an ihrem  Willen orientiert. Die Erschließung von Ressourcen im Sozialraum braucht fallunspezifische Arbeit und erfordert von Organisationen Flexibilität und das Ausbrechen aus alten Denkmustern sowie eine fachdienstübergreifende Aufbaustruktur.

Der Landesrahmenvertrag Thüringen ist in seiner Leistungsstruktur stark an diesem Konzept ausgerichtet. Er enthält in § 4 die folgenden zwei Absätze:

„(1) Hilfen nach Teil 2 des SGBIX werden für alle Leistungsberechtigten sozialräumlich erbracht. Die Definition der jeweiligen sozialräumlichen Grenzen und Zuordnungen obliegt dem örtlichen Träger der Eingliederungshilfe, wobei eine Aufgliederung des administrativen Territoriums einer Kommune in mehrere Sozialräume möglich ist. Den individuellen Bedarfen der jeweiligen Leistungsberechtigten ist durchentsprechend flexible und offene Konzepte Rechnung zu tragen. Die sozial-räumliche Abgrenzung der örtlichen Träger der Eingliederungshilfe muss nicht deckungsgleich mit den Lebensräumen der Leistungsberechtigten, die sich über mehrere nach Satz 2 zu definierende Sozialräume erstrecken können, sein. 

(2) In Bezug auf die wesentlichen Leistungsmerkmale (Sozialraum, Ziel, Art und Umfang der Leistung, personelle und sächliche Ausstattung sowie Leistungs- und Qualitätsanforderungen) stellen die personenzentrierten Komplexleistungen im Sozialraum typisierte Formen zur Leistungserbringung dar. Diese sollen: 

  • alle anerkannten Bedarfe an Leistungen der Eingliederungshilfe abdecken, 

  • strukturersetzend wirken(Wandlung von Angeboten nach Teil III und IV),

  • die Selbstbestimmung und Selbstbefähigung der Leistungsberechtigten fördern und 

  • vorrangig durch Kooperationen im Sozialraum die Verfügbarkeit und Erreichbarkeit aller für die Leistungserbringung notwendigen räumlichen und sächlichen Ressourcengewährleisten. 

Der mittels Integriertem Teilhabeplan Thüringen (ITP) festgestellte Bedarf bildet die  inhaltliche Basis der Leistung. Dabei muss eine hinreichende Differenzierung des Leistungsspektrums entsprechend der regional unterschiedlichen Anforderungen gewährleistet sein.“

Der Beitrag von Leistungserbringern zu Sozialraumgestaltung wird in den Landesrahmenverträgen z.B. in Regelungen zur Prozessqualität beschrieben. Vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 5 und 6 LRV BE, § 11 Abs. 3 LRV BE, § 10 Abs.3 LRV ST. Der LRV Brandenburg legt in § 10 Abs. 3 fest:

„Die Prozessqualität umfasst insbesondere […] Maßnahmen zur Vernetzung der Angebote des Leistungserbringers in den Sozialraum […]“,

in NRW (Punkt 7.2.2 Abs. 1) findet sich die Formulierung

„Zur Prozessqualität gehören insbesondere […] Zusammenwirken der Fachkräfte (Reflexion, Koordination, Kooperation), die Anbindung in Kooperationsstrukturen und Umsetzung interdisziplinärer und trägerübergreifender Zusammenarbeit […]“.

Insofern ist die Gestaltung des Sozialraums eine wichtige Aufgabe verschiedener Akteure und insbesondere auch von Leistungserbringern. Die Finanzierung der personenunabhängigen Sozialraumarbeit erfolgt z.B. in NRW nicht über zeitbasierte Leistungspauschalen zur Assistenz, sondern über kontextabhängige Tagespauschalen im Rahmen eines Fachmoduls (LRV NW, Anlage H).

Dahinter steht vermutlich die Annahme, dass die Notwendigkeit zur Gestaltung des Sozialraums grundsätzlich für alle Leistungsberechtigten besteht und es entsprechend Sinn macht, diese Arbeit losgekoppelt von individuellen Assistenzleistungen pauschaliert zu vergüten.

Individuelle Assistenzleistung und ihr Bezug zum Sozialraum der Leistungsberechtigten ergeben sich aus dem Gesamtplan.

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