Uns bewegt aktuell folgende Frage im Kontext der Öffnung der WfBM für Andere Anbieter §60 SGB IX:
Wir sind als Träger angetreten, eine Zahl von ca. 30 Beschäftigungsmöglichkeiten in dezentralen Arbeitsprojekten am ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Wir sind der Überzeugung, dass wir die Sonderwelten der Werkstätten nur dann überwinden können, wenn wir stattdessen Arbeitsprojekte schaffen, die in realen Arbeitsbezügen angesiedelt sind. Unser eigenes Hotel und mehrere gastronomische Objekte zeugen hiervon.
Nun haben wir festgestellt, dass die finanziellen Rahmenbedingungen für sogenannte Andere Anbieter identisch mit denen der Werkstattträger sind.
Wenn wir die oben genannten 30 Plätze umsetzen würden, würde uns u. a. eine 0,25 VZ-Stelle für den Sozialdienst zur Verfügung stehen. Das sind 9,75 Stunden pro Woche. Da wir in unserer Konzeption wie oben genannt von kleinen Satellitenbetrieben ausgehen, müsste der Sozialdienst mobil aufgestellt sein. Kein Problem.
Wenn man die Annahme trifft, dass diese Person aber nicht vollkommen ohne Dienst- und Fallbesprechung sein sollte und zusätzlich die notwendigen Fahrtstrecken einkalkuliert, verbleibt eine sehr geringe Zeit von wenigen Minuten pro Monat und Rehabilitant. Der Sozialdienst verdampft sozusagen auf den Wegstrecken zwischen den Einsatzorten.
In einer Werkstatt geht er einfach fallbezogen von Raum zu Raum und hat sein eigenes Büro. Ein Sozialdienst findet demnach bei der Konzeption kleiner Einsatzbetriebe faktisch nicht statt.
Nahezu ähnlich verhält es sich im Arbeitsbereich. Der Fachkraftschlüssel von 1:12 ist für Projekte mit personell großen Einsatzbereichen machbar. Ein gastronomisches Projekt bspw. hat aber nur in den seltensten Fällen einen so großen Personalbedarf (die Menschen sind Vollzeit da!). Im Gegenteil: Die kleinen Projekte zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass eben nicht 10 oder 15 psychisch kranke Menschen auf einem Haufen arbeiten (Stichwort Sonderwelten).
Unsere Konzeption mit kleinen Einsatzbetrieben mit jeweils 3-4 Werkstattplätzen würde somit in finanzieller Hinsicht bedeuten, dass wir diese Projekte ohne Sozialdienst und zu 70 bis 80 Prozent ohne Arbeitsanleitung durchführen müssten.
Um wirtschaftlich profitabel zu sein, müssten die Kosten hierfür durch Profite in anderen Bereichen erwirtschaftet werden. Integrationsbetriebe scheiden hier aus, da die Kostensituation hier noch prekärer ist und darüber hinaus ein starker Creaming-Effekt in der Klientenauswahl nötig ist, um keine roten Zahlen zu schreiben.
Mir fehlen aktuell die Ideen, wie wir unsere Ideen wirtschaftlich solide umsetzen sollen. Daher meine Prognose: Unter den jetzigen Rahmenbedingungen werden vor allem Träger den §60 SGB IX umsetzen, die im Kern nichts anderes anbieten als die jetzigen Werkstätten: Große Gruppen in großen Hallen.
Gerade Träger von SGB II Maßnahmen haben oft große Hallen mit Metallwerkstätten, Schreinereien etc. herumstehen. Dort ist es ein leichtes Unterfangen, solch ein Werkstattangebot zu machen und das als Ko-Finanzierung zu nutzen. Ob das im Sinn des BTHG ist?
Aber vielleicht schätze ich die Sache auch gerade falsch ein?
Was denken Sie zu diesen Ausführungen?
Gibt es positive Zeichen, die ich übersehen habe?
Antwort:Andere Leistungsanbieter müssen die Vorgaben der Werkstättenverordnung (WVO) – bis auf einige Ausnahmen (u. a. keine förmliche Anerkennung notwendig, keine Mindestplatzzahl, Beschränkung des Angebots auf (Teil-)Leistungen nach § 57 oder § 58 SGB IX) – erfüllen (§ 60 Abs. 2 SGB IX). Insofern gelten für andere Leistungsanbieter auch hinsichtlich der Personalanforderungen die Vorgaben der WVO.
Gemäß § 9 WVO richtet sich die Zahl der Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung im Berufsbildungs- und Arbeitsbereich nach der Zahl und der Zusammensetzung der behinderten Menschen sowie der Art der Beschäftigung und der technischen Ausstattung des Arbeitsbereichs. Das Zahlenverhältnis von Fachkräften zu behinderten Menschen soll im Berufsbildungsbereich 1:6, im Arbeitsbereich 1:12 betragen.
Erfüllung der Vorgaben der Werkstättenverordnung auch bei PersonalanforderungenQualitätsprüfung als Voraussetzung für die Zulassung anderer LeistungsanbieterPräzisierung der Qualitätsprüfung durch die Bundesländer und die Träger der Eingliederungshilfe – Regelungen in NRWMaterial