Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt.

Wenn Sie den Browser Internet Explorer nutzen, stehen Ihnen nicht alle Funktionen dieser Seite zur Verfügung.
Um den vollen Funktionsumfang nutzen zu können, benutzen Sie einen aktuellen Browser (z.B. Firefox oder Edge).

BTHG-Kompass 2.2

Sie können an dieser Stelle Einsicht in die Dokumente des Themas nehmen.

Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 2.2

Änderung des leistungsberechtigten Personenkreises der Eingliederungshilfe im Detail

Welcher genaue Personenkreis wird durch Art. 25a BTHG (zum Personenkreis nach § 99 SGB IX) nicht mehr erfasst und welche Menschen könnten einen Anspruch haben?



Antwort:

Änderung des leistungsberechtigten Personenkreises der Eingliederungshilfe im Detail

Im BTHG wurde die Neuregelung des Zugangs zum leistungsberechtigten Personenkreis durch die unbestimmten Rechtsbegriffe „in einer größeren Anzahl der Lebensbereiche“ und „in einer geringeren Anzahl der Lebensbereiche“ offengelassen. In einem Forschungsvorhaben wurden unterschiedliche Berechnungsvarianten hinsichtlich der Anzahl der Lebensbereiche untersucht, um herauszufinden, ob und bei welcher Anzahl der Lebensbereiche sich keine Veränderungen beim Personenkreis gegenüber der derzeit geltenden Rechtslage ergeben. Aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsvarianten lässt sich die Frage, welcher Personenkreis nicht mehr erfasst und welche Menschen einen Anspruch haben könnten, nur mit Bezug auf die jeweilige Berechnungsvariante beantworten.

Die Aktenanalyse des Forschungsvorhabens hat ergeben, dass etwa bei Anwendung des Kriteriums, dass die Ausführung von Aktivitäten in mindestens fünf Lebensbereichen ohne personelle oder technische Unterstützung oder in mindestens drei Lebensbereichen auch mit personeller oder technischer Unterstützung nicht möglich ist, 9,1 Prozent der derzeitigen Leistungsbezieher aus der Leistungsberechtigung herausfallen würden (BT-Drs. 19/4500: 38). Überdurchschnittlich hoch wäre dieser Anteil bei Personen mit Sehbehinderung (10,7 Prozent), mit Suchterkrankung (16,1 Prozent) und ohne genaue Angabe der Behinderungsart (12,7 Prozent) sowie bei Personen mit einem niedrigen Grad der Behinderung (21,6 Prozent) (ebd.).

Eine weitere Berechnung wurde für diejenige Teilgruppe vorgenommen, bei der in maximal drei Lebensbereichen eine Einschätzung nicht möglich war (entspricht rund 71 Prozent aller Akten). Anhand dieser Berechnung würden noch 2,4 Prozent der derzeitigen Leistungsbezieher aus der Leistungsberechtigung herausfallen (ebd.). Ersetzt man die Vorgabe fünf bzw. drei aus neun durch vier bzw. zwei aus neun, würden bei Betrachtung der Teilgruppe mit maximal drei fehlenden Einschätzungen der Beeinträchtigung eines Lebensbereichs 0,9 Prozent der Leistungsbezieher herausfallen (ebd.: 39).

Die Auswertung der ergänzenden Interviews hat ergeben, dass bei derzeitigen Leistungsbeziehern nach dem Kriterium „5 oder 3 aus 9“ eine Restgröße von 31,7 Prozent und nach dem Kriterium „4 oder 2 aus 9“ von 17,9 Prozent der interviewten Personen nicht mehr zum leistungsberechtigten Personenkreis gehören würde. Dies würde u. a. Personen mit seelischer Behinderung und Menschen mit Suchterkrankung in überdurchschnittlichem Maße betreffen (ebd.: 62 ff.).

Zugleich hat die Auswertung der ergänzenden Interviews aber auch zu der wesentlichen Erkenntnis geführt, dass ein erheblicher Teil von Personen, der heute keine Leistungen der Eingliederungshilfe bezieht, zum leistungsberechtigten Personenkreis neu hinzukommen würde (ebd.: 90). So würden 63 Prozent der interviewten Personen, die keine Eingliederungshilfeleistungen beziehen, nach dem Kriterium „5 oder 3 aus 9“ zum leistungsberechtigten Personenkreis neu hinzukommen (79,3 Prozent nach dem Kriterium „4 oder 2 aus 9“). Hiervon wären in überdurchschnittlichem Maße u. a. Menschen mit geistiger Behinderung und Suchtkranke betroffen (ebd.: 62 ff.).

Vertragsrecht

Mit Inkrafttreten der reformierten Eingliederungshilfe am 1. Januar 2020 müssen die Träger der Eingliederungshilfe mit den Leistungserbringern neue Rahmenverträge und Leistungsvereinbarungen abgeschlossen haben. Das BTHG regelt das Vertragsrecht neu.

Mitwirkung der maßgeblichen Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen an den Rahmenverträgen

Gemäß § 131 Abs. 2 SGB IX wirken die durch Landesrecht bestimmten maßgeblichen Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen bei der Erarbeitung und Beschlussfassung der Rahmenverträge mit.

Was bedeutet das konkret? Ergibt sich daraus auch ein Stimmrecht für die Interessenvertretung oder gar ein Vetorecht?



Antwort:

In § 131 Abs. 1 SGB IX ist festgelegt, welche Beteiligten die Rahmenverträge schließen. Dies sind die Träger der Eingliederungshilfe auf Landesebene und die Vereinigungen der Leistungserbringer. Die Interessenverbände der Menschen mit Behinderungen sind somit nicht Vereinbarungspartner der Rahmenverträge.

Die Interessenverbände der Menschen mit Behinderungen wirken lediglich bei der Erarbeitung und Beschlussfassung mit. Es geht nur um ein „Mitwirken“ im Sinne einer beratenden Funktion und nicht um ein „Mitbestimmen“. Die beratende Funktion der maßgeblichen Interessenvertretungen wird auch im ursprünglichen Regierungsentwurf hervorgehoben. (BT-Drs 18/9522:300)

Dies ist auch unter dem Gesichtspunkt sachgerecht, dass nur die Träger der Eingliederungshilfe als Kostenträger einerseits und die Leistungserbringer andererseits entsprechende Pflichten aus den Rahmenverträgen zu tragen haben, nicht jedoch die maßgeblichen Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen.

Die Mitwirkung ist "durch die Teilnahme an den Verhandlungen und die Möglichkeit schriftlicher Stellungnahmen umsetzbar" und "nicht auf ein frühes Stadium des Landesrahmenvertrages beschränkt". (v.Boetticher, Das neue Teilhaberecht, Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden,  2018:218)

a.A. Plagemann, Kurzgutachten zur Auslegung des § 131 Abs. 2 SGB IX

 

Träger der Eingliederungshilfe und Vereinigungen der Leistungserbringer als Vertragsparteien

Unsere Webseiten verwenden Cookies zur Verbesserung der Bedienung und des Angebots sowie zur Auswertung von Webseitenbesuchen. Einzelheiten über die von uns eingesetzten Cookies und die Möglichkeit diese abzulehnen, finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.