Teilhabeplan- und Gesamtplanverfahren bei Menschen mit psychischen Erkrankungen
Als Sozialarbeiterin bei einem Leistungserbringer stelle ich fest, dass bisher für die von mir leistungsberechtigten Menschen mit psychischen Erkrankungen kein Teilhabeplan- oder Gesamtplanverfahren vom Kostenträger durchgeführt wurde.
Gibt es dafür auch Sanktionsmöglichkeiten?
Regelungen des Gesamtplanverfahrens auch für Menschen mit psychischen Erkrankungen
Seit dem 1. Januar 2018 gelten mit den §§ 141 ff. SGB XI detaillierte Regelungen für das Gesamtplanverfahren. Danach ist auch für leistungsberechtigte Menschen mit psychischen Erkrankungen eine individuelle Bedarfsermittlung sowie ein transparentes, trägerübergreifendes, interdisziplinäres, konsensorientiertes, individuelles, lebensweltbezogenes sowie sozialraum- und zielorientiertes Gesamtplanverfahren vorgeschrieben.
Sollte seit Inkrafttreten der neuen Rechtslage das Verfahren, wie von Ihnen beschrieben, durchgeführt worden sein, dürfte der das Verfahren beendende Bescheid (Leistungsbescheid oder Ablehnungsbescheid) bereits aus formalen Gründen rechtswidrig sein. Im Rechtsbehelfs- bzw. Klageverfahren kann der Antragsteller, also der Leistungsberechtigte, nicht aber der Leistungserbringer ein regelkonformes Verfahren durchsetzen.
Angehörige können als Vertrauensperson teilnehmen
Am Gesamtplanverfahren ist gem. § 144 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII (§121 Abs. 3 Nr. 2 SGB IX n.F.) eine Vertrauensperson des Leistungsberechtigten zu beteiligen. Angehörige können also direkt am Verfahren teilnehmen, soweit der Leistungsberechtigte sie als Vertrauensperson benennt.
Erste Orientierungshilfe für die Mitarbeiter
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Sozialhilfeträger hat im Februar 2018 ihre Orientierungshilfe für die Mitarbeiter/-innen in der Eingliederungshilfe veröffentlicht (BAGüS 2018). Diese Orientierungshilfe hat zwar keinen normativen und rechtverbindlichen Charakter, beschreibt das durch den Gesetzgeber vorgesehene Verfahren aber gut und wird anhand der Erfahrungen der Praxis in den Jahren 2018 und 2019 weiterentwickelt.
Weitergehende Pflichten für Träger der Eingliederungshilfe ab 1. Januar 2020
Damit korrespondierend werden den Trägern der Eingliederungshilfe ab 1. Januar 2020 neue und weiterreichende Beratungs-und Unterstützungspflichten auferlegt (§ 106 SGB IX n.F.), die die rechtlichen Betreuer entlasten und es dem Betroffenen und seinen Angehörigen erleichtern, sich über Angebote zu informieren und ggf. erforderliche Anträge richtig zu stellen bzw. adäquate Beratungsangebote wahrzunehmen.
Materialien
- BAGüS (2018): Orientierungshilfe zur Gesamtplanung §§ 117 ff. SGB IX / §§ 141 ff. SGB XII (Stand: Februar 2018). Download des Dokuments im PDF-Format (PDF-Dokument) (30.10.2019).