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BTHG-Kompass 4.5

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Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.5

Wann wird ein Teilhabeplanverfahren eingeleitet?

Wann sind die Rehabilitationsträger bzw. welcher Rehaträger ist verpflichtet, ein Teilhabeplanverfahren einzuleiten?

Bisher hat der Eingliederungshilfeträger die Kostenübernahme für das Wohnheim, in dem meine Klientin lebt, geleistet. Sie soll neben ihren Leistungen für Wohnraum künftig auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten. Meine Klientin erhält nun seit einigen Monaten gar keine Leistungen mehr. Die Akte liegt aktuell offenbar bei mehreren Rehaträgern.



Antwort:

Verantwortlich ist der "Leistende Rehabilitationsträger"

Verantwortlich für die Einleitung und die Durchführung eines Teilhabeplanverfahrens ist der sogenannte "Leistende Rehabilitationsträger". Ein Teilhabeplanverfahren ist einzuleiten, wenn mehrere Leistungen eines Trägers oder verschiedene Leistungen mehrerer Träger erforderlich sind.

Da Ihre Klientin bereits Leistungen eines Rehabilitationsträgers erhält, ist die Benatragung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben der Zeitpunkt zur Einleitung eines Teilhabeplanverfahrens. Dazu müsste ein entsprechender Antrag bei einem Rehabilitationsträger, der für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Frage kommt, gestellt werden. Welcher Rehabilitationsträger für welche Leistungsgruppe zuständig ist, ist in den §§ 5 und 6 SGB IX geregelt. 

Die Fristen für die Bearbeitung eines Antrags durch einen Rehabilitationsträger ergeben sich aus § 14 Abs. 1 SGB IX. Als Hilfestellung können Sie den Fristenrechner der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) heranziehen: https://www.reha-fristenrechner.de/

Downloads und Links

Erstattungsansprüche bei Unzuständigkeit

Im § 16 Abs. 4 Satz 1 steht:
Für unzuständige Rehabilitationsträger ist § 105 des Zehnten Buches nicht anzuwenden, wenn sie eine Leistung erbracht haben,
1. ohne den Antrag an den zuständigen Rehabilitationsträger nach § 14 Absatz 1 Satz 2 weiterzuleiten oder
2. ohne einen weiteren zuständigen Rehabilitationsträger nach § 15 zu beteiligen, 
es sei denn, die Rehabilitationsträger vereinbaren Abweichendes.
Wie ist das zu verstehen? 

Im § 16 Abs. 4 Satz 2 steht:
Hat ein Rehabilitationsträger von der Weiterleitung des Antrages abgesehen, weil zum Zeitpunkt der Prüfung nach § 14 Absatz 1 Satz 3 Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit auf Grund der Ursache der Behinderung bestanden haben, bleibt § 105 des Zehnten Buches unberührt.
Gibt es hierfür Beispiele?
Was ist, wenn von der Weiterleitung abgesehen  wurde, weil zunächst die eigene Zuständigkeit anzunehmen war und aber erst nach Ablauf der Frist von 2 Wochen im Rahmen des Einholens weiterer Informationen bekannt wird, dass ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne der §§ 5 und 6 SGB IX zuständig wäre? 
Streng genommen wurde noch keine Leistung erbracht, eine Weiterleitung ist aber nicht mehr möglich, wie geht es dann weiter?
Wann kann der nach §§ 5 und 6 SGB IX faktisch zuständige Rehabilitationsträger seine Zuständigkeit mit Hinweis auf die versäumte 2-Wochen-Frist ablehnen? 
Kann der ermittelte zuständige Rehabilitationsträger seine Unzuständigkeit ohne Angaben von Rechtsgrundlagen gegenüber dem anfragenden Rehabilitationsträger behaupten? 
Insbesondere, wenn die vorliegenden Fakten anderes belegen?
Wer ist dann einzuschalten, wenn es zu keinem Einvernehmen kommt oder keine ausreichende Begründung mitgeteilt wird?
Muss der unzuständige Rehabilitationsträger (zu Gunsten der beantragenden Person) zwingend leisten - ich denke: Ja!? 
Besteht dann grundsätzlich ein Erstattungsanspruch, wenn der § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB IX nicht vorliegt? Wenn nicht, in welchen Sachverhalten?
 



Antwort:

Erstattungsansprüche bei Unzuständigkeit

Zuständigkeit im Außen- und Innenverhältnis bei Weiterleitung bzw. Fristüberschreitung
Eine Weiterleitung bzw. Überschreitung der Frist des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bewirkt zwar eine endgültige Zuständigkeit im Außenverhältnis, es verbleibt im Innenverhältnis der Rehabilitationsträger untereinander aber bei der vorgegebenen materiell-rechtlichen Zuständigkeitsverteilung (vgl. Ulrich in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 16 SGB IX (Stand: 15.01.2018), Rn. 20). Die Regelungen zum Erstattungsverfahren der Rehabilitationsträger untereinander sind in den §§ 102 ff. SGB X und ergänzend in § 16 SGB IX enthalten.

 

Erstattungsansprüche
§ 16 Absatz 1 SGB IX regelt den Erstattungsanspruch des zweitangegangenen Rehabilitationsträgers nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für den Fall, dass sich später seine Unzuständigkeit herausstellt.
§ 16 Absatz 2 SGB IX regelt den Fall, dass es bei Einschaltung weiterer Reha-Träger gemäß § 15 SGB IX nach dem Teilhabeplan bei einer einheitlichen Bedarfsfeststellung und Bewilligung durch den erst- oder zweitangegangenen leistenden Reha-Träger verbleibt. Zu Gunsten des leistenden Reha-Trägers enthält § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB IX dann einen Erstattungsanspruch nach dem Leistungsrecht der beteiligten Träger, wenn sich im Nachhinein deren materiell-rechtliche Leistungszuständigkeit ergibt. Hat ein beteiligter Reha-Träger die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen bzw. sind sie beim leistenden Träger nicht innerhalb von zwei Wochen nach Anforderung oder im Fall einer Begutachtung nicht innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens eingegangen, kann der leistende Reha-Träger Erstattung nach den der Leistungsbewilligung zugrunde liegenden Rechtsvorschriften, also i.d.R. nach seinem Leistungsgesetz beanspruchen (Satz 2) (Ulrich in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 16 SGB IX (Stand: 15.01.2018), Rn. 15)

 

Regelungszweck § 16 Absatz 4 SGB IX
§ 16 Absatz 4 SGB IX regelt zwei Konstellationen, in denen die grundsätzlichen Erstattungsansprüche nach § 16 Absatz 1 oder 2 SGB IX, 105 SGB X ausgeschlossen sind sowie eine dritte Konstellation, für die eine Rückausnahme gilt mit der Folge einer Anwendung des § 105 SGB X.

 

Ausschluss des Erstattungsanspruchs des unzuständigen Leistungsträgers
Hat der erstangegangene Träger die Leistung in Verkennung seiner materiell-rechtlichen Unzuständigkeit erbracht und nicht weitergeleitet bzw. keinen Rehabilitationsträger nach § 15 SGB IX eingeschaltet, ist § 16 Abs. 1 SGB IX nicht einschlägig und findet der Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X gemäß § 16 Abs. 4 Satz 1 SGB IX keine Anwendung. 
Eine Erstattung nach § 16 Abs. 1 SGB IX scheidet zudem dann von vornherein aus, wenn der erstangegangene Rehabilitationsträger den Leistungsantrag ohne Weiterleitung bindend abgelehnt hat. Durch § 16 Abs. 4 SGB IX werden die §§ 102 ff. SGB X jedoch nicht umfassend ausgeschlossen, sondern angesichts der speziellen Anforderungen des § 14 SGB IX lediglich deren Ausgleichsregime modifiziert. Hintergrund hierfür ist, dass der erstangegangene Träger nicht der aufdrängenden Zuständigkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 SGB IX ausgesetzt ist, der er sich nicht entziehen kann. Für ihn ist die Erstattungsmöglichkeit vom materiell-rechtlich zuständigen (in diesem Sinne vorrangigen) Rehabilitationsträger in der Regel auf § 104 SGB X begrenzt. Der erstangegangene Träger wird in dieser Situation damit nicht – dem Primärziel der §§ 14, 15 SGB IX zuwiderlaufend – dauerhaft mit den Kosten der Rehabilitationsmaßnahme belastet. Er wird aber auch nicht wie der zweitangegangene Träger in der Rechtsfolge privilegiert, sondern erhält Erstattung nur im Umfang des § 104 Abs. 3 SGB X, also nach den für den materiell-rechtlich verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften. Ansonsten wäre der erstangegangene Träger im Zweifel versucht, den Antrag – ohne weitere Prüfung – immer rasch weiterzuleiten. (vgl. Ulrich in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 16 SGB IX (Stand: 15.01.2018), Rn. 36)
Wenn daher ein unzuständiger Rehabilitationsträger einen Antrag nicht fristgerecht weitergeleitet und die Leistung erbracht hat oder der leistende Rehabilitationsträger keinen weiteren zuständigen Rehabilitationsträger nach § 15 beteiligt hat, kann keine Erstattung verlangt werden.

 

Rückausnahme vom Ausschluss des § 105 SGB X
Hat ein Rehabilitationsträger von der Weiterleitung abgesehen, weil innerhalb der Frist die Ursache der Behinderung nicht geklärt werden konnte, aber Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit insb. der Unfallversicherung vorlagen, so soll gemäß § 16 Abs. 4 Satz 2 SGB IX der Ausschluss des § 105 SGB X nicht greifen. Zur Begründung führt der Gesetzgeber an, dass in diesen Fällen die weitere Bearbeitung durch einen anderen Rehabilitationsträger nicht den Interessen des Leistungsberechtigten entsprechen würde. Die Leistungsberechtigten sollen nicht aus rein formalen Gründen an einen Rehabilitationsträger verwiesen werden, der im Rahmen einer qualifizierten Prognosebetrachtung im Ergebnis nicht zuständig sein wird. Sollte sich die Prognosebetrachtung als unzutreffend erweisen, wird der Rehabilitationsträger, der auf die Weiterleitung nach § 14 Abs. 1 S. 3 verzichtet hat, durch den Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X geschützt (BT-Drs. 18/9522: 237). 
Ein weiterer Anspruch nach § 105 SGB X liegt nach der Rechtsprechung vor (BSG 8.3.2016 – B 1 KR 27/15 R, BeckRS 2016, 68587), wenn ein erstangegangener Rehabilitationsträger einen Antrag außerhalb der Frist weitergeleitet hat und dieser Rehabilitationsträger den Antrag nochmals an den leistungsrechtlich zuständigen Rehabilitationsträger abgegeben hat (vgl. Anm. Peters-Lange, Fachbeiträge Forum D, v. 6.12.2016).(NPGWJ/Jabben, 14. Aufl. 2020, SGB IX § 16 Rn. 9, 10).
 

Beteiligung des Jobcenters

Seit 01.01.2022 ist gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB IX das Jobcenter wie ein beteiligter Reha-Träger nach § 15 SGB IX vom leistenden Reha-Träger nach § 14 SGB IX am Teilhabeplanverfahren verpflichtend zu beteiligen, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 14 SGB IX auch Leistungen nach dem SGB II beantragt sind oder erbracht werden. Das heißt, ein Teilhabeplan ist zu erstellen, wenn die leistungsberechtigte Person zum Zeitpunkt der Antragstellung oder im Verlauf des Teilhabeplanverfahrens Leistungen nach dem SGB II beantragt hat oder bezieht. Der Teilhabeplan dokumentiert dann auch die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 12 SGB IX). Ist für die Beteiligung des Jobcenters im Teilhabeplanverfahren die Zustimmung des Leistungsberechtigten erforderlich? Welche Informationen dürfen zwischen dem Rehaträger und dem Jobcenter ohne bzw. mit Zustimmung des Leistungsberechtigten ausgetauscht werden?



Antwort:

Teilnahme ist ohne Zustimmung des Leistungsberechtigten möglich

Die Einholung der Zustimmung des Leistungsberechtigten ist nicht erforderlich. Die Einschaltung sollte jedoch in Abstimmung mit dem Leistungsberechtigten erfolgen. Die Einschaltung der Jobcenter ist soweit der Leistungsberechtigte Leistungen nach dem SGB II beantragt oder erhält im § 19 SGB IX geregelt.

Es dürfen die für das Rehabilitationsverfahren erforderlichen Informationen ausgetauscht werden. Stichwort: Leistungsbild. Die Abstimmung der Jobcenter mit den Reha-Trägern während aller Rehabilitationsverfahren ist im Rahmen der §§ 19 ff SGB IX datenschutzrechtlich abgesichert.

In der Regel stimmt der Leistungsberechtigte bei der Antragsstellung auf Leistungen zur Teilhabe der Weitergabe von medizinischen Daten an andere Sozialleistungsträger für deren gesetzliche Aufgabenerfüllung oder für die Erfüllung eigener gesetzlicher Aufgaben des Reha-Trägers zu. Diese Zustimmung der  Weitergabe kann der Leistungsberechtigte jederzeit ohne Angaben von Gründen widersprechen. Das kann allerdings dazu führen, dass die Leistungen auf Teilhabe ganz oder teilweise versagt oder entzogen werden.

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