Programm
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Eröffnung durch Lars Ehm (Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen)
Die Veranstaltung wurde durch Lars Ehm, Gruppenleiter Inklusion von Menschen mit Behinderungen beim Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen, eröffnet. Herr Ehm ging zunächst auf den Paradigmenwechsel ein, der mit dem BTHG einhergeht und der aus seiner Sicht lange überfällig war. Entscheidend sei nun, die gesetzlichen Verbesserungen auch in der Praxis umzusetzen. In NRW seien u.a. das Ausführungsgesetz und das einheitliche Bedarfsermittlungsinstrument BEI_NRW wichtige Umsetzungsschritte gewesen. Für die weitere Umsetzung sei es wichtig, die Erkenntnisse aus den Projekten der modellhaften Erprobung einzubeziehen und die Personenzentrierung als Leitziel des BTHG nicht zu vergessen.
Einführung in das Projekt Umsetzungsbegleitung BTHG durch Michael Löher (Deutscher Verein)
Herr Löher ging zunächst auf den sehr beteiligungsorientierten Gesetzgebungsprozess ein, der schließlich Ende 2016 zum Abschluss geführt wurde. Nun gelte es, sich gemeinsam auf den Weg zu machen und im gegenseitigen Austausch sowie mit gegenseitigem Verständnis an die Umsetzung des Gesetzes zu gehen. Der Gesetzgeber hat bereits vorhergesehen, dass die Systemumstellung eine Menge an Fragen und Unsicherheiten bei allen Beteiligten aufwirft und die Möglichkeit geschaffen, die Träger der Eingliederungshilfe bei diesem Prozess zu begleiten. Mit dieser Aufgabe habe er den Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. betraut, dessen Mitglieder aus allen Akteursgruppen des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses kommen und dessen Markenzeichen es geradezu ist, den offenen Austausch zwischen den Leistungsträgern, der öffentlichen und der freien Wohlfahrt, den Fachverbänden der Menschen mit Behinderungen, den kommunalen Spitzenverbänden und den Ländern zu befördern.
Herr Löher stellte die Maßnahmen und Formate des Projekts vor und appellierte an die Anwesenden, nicht länger darüber nachzudenken, wie das Gesetz besser hätte sein können, sondern sich unter anderem im Rahmen des Projekts am gegenseitigen Austausch zu beteiligen. Man müsse und könne die Umsetzung nur gemeinsam bewerkstelligen und auf diese Weise könne man gemeinsam dafür Sorge tragen, dass Menschen mit Behinderungen im Bundesgebiet möglichst einheitliche Lebensverhältnisse vorfinden.
Überblick zum aktuellen Umsetzungsstand des BTHG auf Bundesebene durch Dr. Rolf Schmachtenberg (BMAS)
Herr Dr. Schmachtenberg stellt das BTHG als weiteren Schritt auf einem schon länger beschrittenen Weg zu mehr Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen dar. Zugleich diene es der besseren Steuerungsfähigkeit in der Eingliederungshilfe. Er würdigte insbesondere die Rolle der Länder, die daran ein großes Interesse hatten und ohne die das Gesetz nicht hätte verabschiedet werden können. Er zeigt sich daher sehr erfreut darüber, dass es gelungen ist, fünf Regionalkonferenzen im Bundesgebiet zu organisieren.
Bundesprogramm „Rehapro“ und Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung
Herr Dr. Schmachtenberg erläuterte im Folgenden nochmals das stufenweise Inkrafttreten einschließlich des bereits angelegten „Nachsteuerungszeitprozesses“ bis zum 1. Januar 2023. Er ging im Anschluss auf den Stand der Umsetzung der Veränderungen in Teil 1 des SGB IX ein. Für die Teilnahme am Bundesprogramm Rehapro (gem. § 11 SGB IX) liegen 140 Projektskizzen vor. Nur zehn der vorgelegten Skizzen mussten zurückgewiesen werden, für die anderen werden im Dezember die vollständigen Anträge erwartet, die dann so schnell wie möglich auch beschieden werden sollen. Die Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung war ein wichtiges Anliegen, um nicht nur über Partizipation zu reden, sondern sie auch zu machen. Die Beratungsstellen tatsächlich einzurichten war nicht überall gleich leicht und es geht nicht überall in derselben Geschwindigkeit. Allerdings kann für sämtliche bewilligten Beratungsstellen die Arbeitsfähigkeit zum 1. Januar 2019 hergestellt werden und die EUTB kann so zu einer Einrichtung werden, um Erfahrungen mit dem Teilhabeplanverfahren auf individueller Ebene auszutauschen.
Reform der Eingliederungshilfe SGB IX Teil 2
1. Untersuchung Leistungsberechtigter Personenkreis
Herr Dr. Schmachtenberg ging weiter auf die Veränderungen in Teil 2 des SGB IX n.F. und die weiteren Maßnahmen des Bundes zur Umsetzungsunterstützung ein. Er erläuterte hier zunächst die Untersuchung zum leistungsberechtigten Personenkreis und die Schwierigkeiten dieser Untersuchung, die darin bestehen, keinen derzeit Leistungsberechtigten künftig auszuschließen und zugleich keine signifikante Erhöhung der Zahl der Leistungsberechtigten über die Neudefinition des § 99 SGB IX n.F. herbeizuführen. Die Untersuchung ist abgeschlossen und hat ergeben, dass ein quantitatives Zugangskriterium nach der ICF (fünf aus neun Lebensbereichen o.ä.) zu Änderungen des Leistungsberechtigten Personenkreises führt. Das BMAS wird jetzt einen neuen partizipativen Prozess zur Erarbeitung eines neuen Kriteriums für den Leistungszugang initiieren.
2. Modellhafte Erprobung
Im Rahmen der modellhaften Erprobung werden insgesamt 31 Modellprojekte durch den Bund gefördert. Die Kommunen unterscheiden sich in regionalen Gegebenheiten und Verwaltungsorganisation und sollen in ihrer jeweiligen Beschaffenheit die neuen Vorschriften in sieben im Gesetzgebungsverfahrens besonders umstrittenen Regelungsbereichen ausprobieren, bevor sie in Kraft treten. Die damit verbundene Hoffnung ist das Entstehen von Checklisten und hilfreiche Hinweise, die danach auch für andere nutzbar sind. Ferner könnten Probleme, die sich bis Anfang 2019 abzeichnen, noch bis zum 1. Januar 2020 durch den Gesetzgeber behoben werden.
3. Wirkungsprognose
Die Wirkungsprognose, die insbesondere die Verbesserung der Teilhabe für Menschen mit Behinderungen untersuchen soll, beginnt mit einer Bestandsaufnahme des Status Quo. Dazu gab es eine Machbarkeitsstudie und die Hauptuntersuchung wird voraussichtlich im 1. Quartal 2019 ausgeschrieben.
4. Finanzuntersuchung
Auch hierzu hat es eine Vorstudie gegeben, die sich mit den zugrunde zu legenden Annahmen und der Datengrundlage beschäftigt hat. Die Untersuchung der finanziellen Auswirkungen des Gesetzes ist an das ISG vergeben worden. Es werden Daten bis 2021 erhoben.
5. Länder-Bund-AG und AG Personenzentrierung
Es gibt einen regen Länder-Bund-Austausch über mehrere Gremien.
In der Länder-Bund-AG findet der Austausch zu den wissenschaftlichen Untersuchungen nach Art. 25 BTHG statt. Die dazu gehörige UAG „Grundsatzfragen der Sozialpolitik“, hat zuletzt die „Empfehlungen zur Trennung der Leistungen außerhalb der Kosten der Unterkunft“ erarbeitet. Die AG Personenzentrierung hatte bereits zuvor eine gemeinsame Empfehlung zur Auslegung des § 42 a SGB XII und ein Modell zur Flächenzuordnung als Grundlage für die verwaltungsrechtliche Umsetzung der Leistungstrennung in den Ländern erarbeitet.
6. Partizipation im Umsetzungsprozess
Herr Dr. Schmachtenberg verwies darauf, dass sämtliche Begleitinitiativen des Bundes mit partizipativen Elementen für die Vertreter von Menschen mit Behinderungen ausgestattet sind. Zumeist findet diese Beteiligung in Beiräten der Projekte statt. Die Länder-Bund-AG berät sich mit Behindertenvertretern vor den Sitzungen, um deren Anregungen in den Entscheidungsprozess einfließen zu lassen und informiert im Nachgang über das Ergebnis dieser Bemühungen. Partizipation sei Neuland und sehr begrüßenswert für alle Beteiligten. Sie könne und dürfe jedoch die Entscheidungen demokratisch legitimierter Gremien nicht ersetzen und nicht damit verwechselt werden.
Herr Dr. Schmachtenberg wünschte allen bei der Umsetzung des Gesetzes viel Erfolg und wies darauf hin, dass insbesondere das Land Nordrhein-Westfalen mit seinen beiden großen Landschaftsverbänden hierfür gute Voraussetzungen bietet.
Der aktuelle Umsetzungsstand des BTHG bei den Landschaftsverbänden in NRW durch Matthias Münning (LWL)
Zwei Landschaftsverbände lernen zu kooperieren
Herr Münning stellte zunächst die Landschaftsverbände und die Anzahl und Struktur der durch diese unterstützten Leistungsberechtigten vor. Er ergänzte die Ausführungen von Herrn Dr. Schmachtenberg zur Geschichte des BTHG um die Bemerkung, dass ein weiterer wesentlicher Meilenstein die Einführung des Bundessozialhilfegesetzes 1961 war. Von diesem Zeitpunkt an gab es in der Bundesrepublik Deutschland einen Rechtsanspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung.
Bereits 2003 hat der Landesgesetzgeber in NRW ein Gesetz zur Ambulantisierung der Leistungen im Land gemacht. Seither wurden in beiden Landschaftsverbänden unterschiedliche Hilfeplanverfahren entwickelt, die jetzt zu einem einheitlichen Instrument, dem BEI_NRW entwickelt wurden. Im Zuge dieser Entwicklung haben schon viele Menschen stationäre Einrichtungen verlassen.
Beide Landschaftsverbände sind gemeinsam Träger des Modellprojekts „TexLL“ im Rahmen der modellhaften Erprobung.
Ziel des Art 19 UN-BRK und des BTHG: möglichst selbstbestimmte Lebensführung
Wie kommt man zu einer personenzentrierten Leistung? Dabei gibt es im Wesentlichen zwei Kernthemen, das sind die Bedarfsfeststellung einerseits und die Trennung der Leistungen andererseits.
1. Bedarfsfeststellung
Vom nunmehr geschaffenen einheitlichen Instrument zur Bedarfsfeststellung BEI_NRW ist das Verfahren zu unterscheiden, mit dem man dann tatsächlich zur Leistung gelangt. Dieses Verfahren hat sich seit 2003 in beiden Landschaftsverbänden unterschiedlich entwickelt und wird weiterhin in beiden Landschaftsverbänden unterschiedlich bleiben (s. Forum 4).
2. Leistungstrennung
Die komplexen Fragestellungen die mit der Trennung der existenzsichernden Leistungen von den Fachleistungen der Eingliederungshilfe (für Bewohner der bisherigen stationären Einrichtungen der Eingliederungshilfe) einhergehen, wird in NRW durch das von beiden Landschaftsverbänden gemeinsam getragene Verbundprojekt „TexLL“ bearbeitet. Dort werden ausgewählte Einrichtungen untersucht, ggf. die verwendeten Instrumente korrigiert, die Umsetzung wird evaluiert und zur flächendeckenden Umsetzung vorbereitet.
Hauptproblem ist, dass der Bund für die Höhe der existenzsichernden Leistungen Vorgaben macht, weil er die existenzsichernden Leistungen zu großen Teilen bewilligt, die Abgrenzung zu den Fachleistungen aber schwierig ist. Diese Vorgaben sind zu beachten. Grundlage dafür bilden in NRW die Empfehlungen der AG Personenzentrierung für die Flächenaufteilung und die Empfehlungen der LBAG zu den existenzsichernden Leistungen außerhalb der KdU.
Auch diese Empfehlungen beantworten allerdings nicht alle Fragen.
Bis zum 1. Januar 2020 müssen und werden diese Herausforderungen jedoch bewältigt werden, damit die Kommunen wirksame Grundsicherungsbescheide erlassen können.
Die Leistungserbringer müssen klären, welche Teile der Existenzsicherung Teil ihres Leistungsangebotes ist, um klären zu können, welcher Teil des Regelsatzes dem Bewohner verbleibt.
Wie kommt man zur Fachleistung der Eingliederungshilfe?
Hier sind zum 1. Januar 2020 Leistungen genauer als bisher zu definieren. Insbesondere für die Abgrenzung der Assistenzleistungen sind die Verhandlungspartner zu den Landesrahmenverträgen im Augenblick intensiv in der Diskussion. Ebenso intensiv werden derzeit Kriterien der Qualitätssicherung diskutiert.
Die Finanzierungsstruktur der Leistungen der Eingliederungshilfe für die bisherigen stationären Einrichtungen muss zum 1. Januar 2020 komplett umgestellt werden.
3. Auswirkungen des Systemwechsels auf das Verhandlungsgeschehen
Herr Münning stellte kurz die Inhalte des Positionspapiers „Eckpunkte einer Bundesempfehlung nach § 131 Abs. 3 SGB IX“ der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW) und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (BAGüS) vor, die eine wesentliche Grundlage für die Rahmenvertragsverhandlungen bilden und in dessen Präambel es heißt:
„Bei der Gestaltung der Rahmenverträge ist auszuschließen, dass bislang durch die Träger der Eingliederungshilfe finanzierte Leistungen ab dem 1. Januar 2020 nicht mehr finanziert werden. Es ist nicht nur sicherzustellen, dass die Leistungsberechtigten durch das neue Recht nicht benachteiligt werden, es ist auch sicherzustellen, dass die ihnen erbrachten Leistungen finanziert werden. Die Rechte der Leistungsberechtigten dürfen durch die Umstellung auf das neue Vertragsrecht nicht gefährdet werden. Es hat nicht den Zweck, die Finanzierung bisheriger Leistungen entfallen zu lassen; ein Zweck ist die Transparenz des Leistungsgeschehens.“
Herr Münning hebt hervor, dass es im Augenblick wirklich und nach übereinstimmender Meinung der Beteiligten nicht darum geht, Geld zu sparen oder die Situation von Menschen mit Behinderungen zu verschlechtern. Es geht lediglich darum, den Systemwechsel zu realisieren. Er weist mehrfach darauf hin, dass das die Voraussetzung dafür ist, individuelle Teilhabemöglichkeiten künftig weiterzuentwickeln.
4. Umsetzungsschritte bis 2020 bei Leistungsträgern und -erbringern
Es gibt einen vereinbarten Zeitplan, der zwar bis jetzt nicht vollständig eingehalten wurde. Herr Münning ist jedoch optimistisch, dass zeitnah ein Landesrahmenvertrag verbschiedet werden kann.
Es verhandeln in NRW zwei Landschaftsverbände, drei kommunale Spitzenverbände, zehn Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, weitere privatgewerbliche Anbieter und am Schluss muss noch die Abstimmung mit den Vertretern der Verbände der Menschen mit Behinderungen. Das ist ein komplizierter Prozess.
5. Teilhabe am Arbeitsleben
Die Landschaftsverbände setzen bei Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben in enger Orientierung an die UN-BRK klare Prioritäten. Menschen mit Behinderungen soll es ermöglicht werden, am allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
In NRW habe es über das Budget für Arbeit bereits 2.000 Wechselfälle aus WfbM in den allgemeinen Arbeitsmarkt gegeben. In NRW wird der Schwerpunkt der Arbeit auch weiterhin auf den Übergängen in den allgemeinen Arbeitsmarkt und damit in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse liegen.
6. Leistungen der EGH für Kinder- und Jugendliche
Immer mehr Kinder geraten aus der Jugendhilfe in die Sozialhilfe, häufig genug deshalb, weil sich herausstellt, dass nicht eine seelische Behinderung im Vordergrund steht, sondern etwa eine „intellektuelle Minderbegabung“. Gleichgültig, wie auch immer die Bedarfe tatsächlich liegen, Ziel der Bemühungen der Landschaftsverbände ist es, ein Verfahren zu entwickeln, in dem alle erforderlichen Fachlichkeiten abgebildet werden und wo möglichst schnell die notwendige Leistung bewilligt werden kann.
7. Vorgehen beim Umsetzungsverfahren
Abschließend ging Herr Münning noch darauf ein, wie die Landschaftsverbände im Einzelnen vorgehen werden, um den Beteiligten einen möglichst nahtlosen Übergang zum Ende des Jahres 2018 zu ermöglichen. Es wird zunächst Informationsschreiben an alle Leistungsbezieher und Leistungserbringer geben. Im 2. Halbjahr 2019 wird dann eine umfassende Darstellung für alle Zielgruppen auch in einfacher Sprache geben. Es ist zudem beabsichtigt, die Informationen auch im Internet zur Verfügung zu stellen.
Alles in allem zeigte sich Herr Münning optimistisch, zum 1. Januar 2020 den Systemwechsel tatsächlich vollziehen zu können.
Fachforen
Im weiteren Verlauf der Veranstaltung fanden vier thematische Foren statt.
Forum 1 - Aktueller Sachstand zum Landesrahmenvertrag gem. § 131 SGB IX
Zur Dokumentation des Forums 1
Forum 2 - Trennung der Fachleistungen und existenzsichernden Leistungen sowie Leistungsausgestaltung
Zur Dokumentation des Forums 2
Forum 3 - SGB IX-Bedarfsdeckung für Kinder und Jugendliche
Zur Dokumentation des Forums 3
Forum 4 - Erste Erfahrungen mit dem Bedarfsermittlungsinstrument ‚BEI_NRW - Bedarfe ermitteln, Teilhabe gestalten‘ und dem Teilhabe- bzw. Gesamtplanverfahren
Abschlussdiskussion
An der Abschlussdiskussion nahmen Carl-Wilhelm Rößler (Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben NRW), Rudolf Boll (Der Paritätische NRW) und Jürgen Kockmann (LWL) teil. Moderiert wurde die Abschlussrunde durch Lothar Guckeisen.
Verhandlungen zum Landesrahmenvertrag
Herr Kockmann wies zunächst auf die gute Atmosphäre bei den Rahmenvertragsverhandlungen hin. Es werde trotz der engen zeitlichen Vorgaben gelingen, die Rahmenvertragsverhandlungen und insbesondere das Thema Leistungstrennung zu bewältigen. Aus der Veranstaltung nimmt er aber auch mit, dass weiterhin große Verunsicherung bestehe, etwa auch was die Umstellungsregelungen zum 1. Januar 2020 angehe. Insofern müssten die Landschaftsverbände mehr informieren und kommunizieren. Hierzu sei geplant, in einem Schreiben alle Leistungsberechtigte, rechtlichen Betreuer/innen, Leistungserbringer und künftigen örtlichen Grundsicherungsträger zu informieren.
Herr Boll sagte mit Blick auf die Zusammenarbeit, dass das BTHG und insbesondere die Landesrahmenverträge zwingend eine Gemeinschaftsaufgabe seien. Trotz der insgesamt guten Atmosphäre habe es vor allem in den Arbeitsgruppen der Landesrahmenvertragsverhandlungen Debatten und unterschiedliche rechtliche Auffassungen gegeben, wodurch die Verhandlungen ins Stocken geraten sind und weshalb nun auch Konsensgespräche zur Klärung strittiger Fragen durchgeführt werden. Wichtig sei zudem, dass auch weiterhin Dissens bestehe, welche Themen überhaupt Gegenstand des Landesrahmenvertrags sein sollen. Es sei beispielsweise strittig, ob auch andere Leistungsanbieter und die Assistenz beim Budget für Arbeit im Landesrahmenvertrag zu regeln seien.
Herr Rößler bestätigte zunächst die gute Atmosphäre der Vertragsverhandlungen. In den entsprechenden Arbeitsgruppen werden auch die Argumente der Selbsthilfe einbezogen und die Selbsthilfe als Verhandlungspartner auf Augenhöhe wahrgenommen. Allerdings wurde aus seiner Sicht noch wenig Substanzielles in den Verhandlungen erreicht. Er habe auch nicht das Gefühl, dass die Beteiligten die Verhandlungen schnell zu einem Abschluss bringen wollen. Dies sei vor allem für die Vertreter/innen der Selbsthilfe ein logistisches Problem, da diese häufig in ehrenamtlicher Funktion an den Verhandlungen teilnehmen. Man müsse nun das Tempo erhöhen und versuchen, bis spätestens Ostern 2019 zum Abschluss der Verhandlungen zu kommen. Herr Kockmann unterstützte dies, dass nun insbesondere durch die Konsensgespräche strittige Punkte zum Abschluss gebracht werden müssten.
Übergangsregelungen
Auf die Frage von Herrn Guckeisen, ob Übergangsregelungen vorgesehen seien für den Fall, dass die Umsetzung bis 2020 nicht zu schaffen ist, antwortete Herr Kockmann, dass es keine Übergangsregelungen im Sinne der Fortsetzung des bisherigen Rechts geben werde. Jedoch werden derzeit Umstellungsregelungen erarbeitet. Man gehe davon aus, dass es nicht möglich ist, bis Ende 2019 die Leistungen für alle Menschen mit Behinderungen neu zu bescheiden. Dies werde erst mit einer mehrjährigen Übergangszeit nach und nach in den einzelnen Einrichtungen zu erreichen sein.
In diesem Zusammenhang fragte ein Teilnehmer eines Leistungserbringers aus dem Publikum, auf welcher gesetzlichen Grundlage diese Umstellungsregelungen beruhen. Er wies darauf hin, dass der BEI_NRW als neues Bedarfsermittlungsinstrument laut BTHG bereits seit 1. Januar 2018 zur Anwendung kommen müsse und Leistungsbescheide, die seit 1. Januar 2018 nicht auf Grundlage der neuen Regelungen des Gesamtplanverfahrens und des BEI_NRW erstellt wurden, rechtswidrig seien. Herr Kockmann antwortete hierauf, dass diese Regelungen und der BEI_NRW im Einzelfall zur Anwendung kommen können, wenn ein Leistungsberechtigter seine Rechte in diesem Bereich geltend machen möchte. Er gehe jedoch nicht davon aus, dass alle derzeit in Einrichtungen lebenden Leistungsberechtigten diese Rechte sofort geltend machen werden.
Zum Abschluss der Diskussion wies Herr Rößler darauf hin, dass es für die weiteren Verhandlungen wichtig sei, nicht nur das Thema der Kostendämpfung, sondern in erster Linie die Ziele der UN-BRK in den Mittelpunkt zu rücken.