Landesspezifische Regelungen
Am 22. März 2018 hat der Schleswig-Holsteinische Landtag das Erste Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (1. Teilhabestärkungsgesetz) beschlossen (GVOBl SH Nr. 7/2018 (PDF-Dokument)). Das Zweite Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (2. Teilhabestärkungsgesetz) wurde am 11. Dezember 2019 beschlossen (GVOBl SH Nr. 18/2019 (PDF-Dokument)).
Der Landesrahmenvertrag des Landes Schleswig-Holstein wurde am 12. August 2019 zwischen den Trägern der Eingliederungshilfe und den Vereinigungen der Leistungserbringer geschlossen. Der Vertrag beinhaltet Überleitungsvereinbarungen aufgrund der Trennung der existenzsichernden Leistungen und der Fachleistungen, die bis zum 31. Dezember 2021 befristet sind (LRV SH (PDF-Dokument)).
Ergänzend zum Landesrahmenvertrag gilt die am 14. Dezember 2021 beschlossene Landesverordnung über die Inhalte des Rahmenvertrags nach § 131 SGB IX bis zum 31. Dezember 2023 (Land SH). Diese Verordnung wurde seitdem zwei Mal ergänzt: Durch eine Änderungsverordnung vom 26. April 2022 wird der Prozentsatz für die Sachkostensteigerungen nach § 14 LVO § 131 SGB IX auf 5,1 Prozent erhöht (GVOBl SH Nr. 7/2022) (PDF-Dokument). Mit einer weiteren Änderungsverordnung vom 4. April 2023 wird der Sachkostensatz auf maximal 8,7 Prozent erhöht und der Verhandlungszeitraum der Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen nach dem Landesrahmenvertrag SGB IX und der ergänzenden Landesverordnung zu Inhalten nach § 131 SGB IX bis zum 31. Dezember 2025 verlängert (GVOBl SH Nr. 8/2023 (PDF-Dokument)).
Träger der Eingliederungshilfe (§ 94 Abs. 1 SGB IX)
Träger der Eingliederungshilfe werden die Kreise und kreisfreien Städte, die als örtliche Träger der Sozialhilfe bereits seit der Kommunalisierung zum 1. Januar 2007 für die Eingliederungshilfe zuständig sind. Sie sind sachlich zuständig für alle Aufgaben nach Teil 1 und 2 SGB IX.
Darüber hinaus wird das Land ebenfalls Träger der Eingliederungshilfe, um folgende übergeordnete, zentrale Steuerungs- und Koordinierungsaufgaben zu übernehmen:
- Abschluss von Landesrahmenvereinbarungen für Leistungen der Eingliederungshilfe (§ 131 SGB IX) und für die Komplexleistung Frühförderung (§ 46 Abs. 4 SGB IX)
- Bestellung der Vertreterinnen und Vertreter für Leistungsträger in der Schiedsstelle (§ 133 Abs. 2 SGB IX)
- Mitwirkung an der Sicherstellung gemeinsamer bedarfsgerechter Angebotsstrukturen (§ 95 SGB IX)
- Erarbeitung von Empfehlungen für das Leistungsrecht nach Teil 2 Kapitel 2 bis Kapitel 6 SGB IX und das Gesamtplanverfahren nach Teil 2 Kapitel 7 SGB IX (im Einvernehmen mit den Kreisen und kreisfreien Städten)
- konzeptionelle Entwicklung der Rahmenbedingungen für andere Leistungsanbieter (§ 60 SGB IX) und für das Budget für Arbeit (§ 61 SGB IX) (im Einvernehmen mit den Kreisen und kreisfreien Städten)
- Mitwirkung an Zielvereinbarungen zur Erprobung neuer und zur Weiterentwicklung der bestehenden Leistungs- und Finanzierungsstrukturen (im Einvernehmen mit den Kreisen und kreisfreien Städten)
Örtliche und überörtliche Träger der Eingliederungshilfe stimmen sich zur Umsetzung ihrer gemeinsamen Aufgabenbereiche im „Steuerungskreis Eingliederungshilfe“ ab (§ 2 AG-SGB IX SH).
Sozialraumorientierung und Sicherstellungsauftrag (§ 94 Abs. 3 SGB IX)
Die Kenntnisse über passgenaue soziale Angebote für Menschen mit Behinderungen in den Gemeinden und Städten, fachlich qualifiziertes Personal und die Zusammenarbeit mit Einrichtungen und Diensten sollen eine am Sozialraum orientierte Leistungsgewährung ermöglichen.
Arbeitsgemeinschaft (§ 94 Abs. 4 SGB IX)
Zum 1. Januar 2018 wird eine Arbeitsgemeinschaft errichtet, die sich aus Vertreterinnen und Vertretern des für die Eingliederungshilfe zuständigen Ministeriums, den Trägern der Eingliederungshilfe, Leistungserbringern, dem Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung und den Verbänden für Menschen mit Behinderungen zusammensetzt. Weitere Informationen zur Arbeitsgemeinschaft lassen sich aus dem 2. Teilhabestärkungsgesetz entnehmen.
In Schleswig-Holstein wird das SHIP-Verfahren (Schleswig-Holstein Individuelle Planung) genutzt.
Budget für Arbeit (§ 61 SGB IX)
In Schleswig-Holstein wird das Budget für Arbeit seit dem 1. Januar 2018 im Rahmen des neuen Modellprojekts „Übergänge schaffen – Arbeit inklusiv“ gefördert. Das bisherige Modellprojekt zum Budget für Arbeit ist zugleich zum 31. Dezember 2017 ausgelaufen.
Andere Leistungsanbieter (§ 60 SGB IX)
Als Träger der Eingliederungshilfe wird es Aufgabe des Landes sein, zusammen mit den Kreisen und kreisfreien Städten Rahmenbedingungen für andere Leistungsanbieter zu erarbeiten.
Bestimmungen zur Komplexleistung Frühförderung (§ 46 Abs. 4 SGB IX)
Seit dem 01. Januar 2020 gilt in Schleswig-Holstein die Rahmenvereinbarung nach § 46 Abs. 4 SGB IX (PDF-Dokument, 414.4 KB) zur Erbringung von Leistungen der Frühförderung als Komplexleistung. Vereinbarungspartner sind die Träger der Eingliederungshilfe, die Leistungserbringerverbände sowie die gesetzlichen Krankenkassen und Krankenkassenverbände. Die Rahmenvereinbarung regelt mitsamt ihrer Anlagen (PDF-Dokument, 11.3 MB) u.a. die niedrigschwellige Erstberatung für Eltern, strukturelle Kriterien an die interdisziplinären Frühförderungsstellen und die Sozialpädiatrischen Zentren, die Abrechnungsstruktur für Komplexleistungen sowie Parameter für die Diagnostik, den Förder- und Behandlungsplan und die interdisziplinäre Förderung (KVSH „Nordlicht“ 8/2021 (PDF-Dokument)).
Abgrenzung der Kostenarten und -bestandteile und Methoden zur Festlegung der personellen Ausstattung (§ 131 Abs. 1 Nr. 1, 5 SGB IX)
Vergütungsbestandteile sind prospektiv kalkulierte Personalaufwendungen und -nebenkosten, Sachaufwendungen und Investitionen (§§ 22-25 LRV SH). Zu den Personalkosten werden neben dem Lohn, Sozialversicherungsanteile des Arbeitgebers und anderweitig anfallende Kosten, die im Rahmen der Arbeitsleistung oder bei Tarifverträgen etc. anfallen können, gezählt (§ 23 Abs. 2 LR V SH).
Zusammensetzung der Leistungspauschalen (§ 131 Abs. 1 Nr. 2-3 SGB IX)
In Schleswig-Holstein besteht die Leistungspauschale aus einem Grundmodul mit grundlegenden Kosten sowie einem individuellen Modul, das von der jeweiligen Person abhängt, die die Leistung in Anspruch nimmt (§ 21 LRV SH). Die Leistungspauschale kann nach Stunden, Tagen oder individuell abgerechnet werden (§ 22 LRV SH). Das Grundmodul konstituiert sich u. a. aus administrativen Anteilen für die Leitung, die Verwaltung, Sachleistungen und Vorhalteleistungen. Sämtliche Bestandteile werden in § 21 Abs. 2 LRV SH aufgeführt.
Kostenarten und -bestandteile für den Bereich WfbM (§ 131 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX)
Leistungspauschalen für den WfbM-Bereich orientieren sich an den allgemeinen Vereinbarungen in §§ 21 und 22 LRV SH zur Abgrenzung der Kostenarten und -bestandteile sowie zur Zusammensetzung der Leistungspauschalen. Kosten, die die WfbM durch die Leistungserbringung eines anderen Leistungsanbieters nach § 60 SGB IX einspart, werden abgezogen (§ 27 Nr. 2 LRV SH). Darüber hinaus soll im Rahmen eines Modellprojektes die modulare Leistungserbringung im WfbM-Bereich erprobt werden (§ 27 Abs. 3 LRV SH).
Grundsätze und Maßstäbe für die Wirtschaftlichkeit und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen (§ 131 Abs. 1 Nr. 16 SGB IX)
Die Grundsätze und Maßstäbe für die Wirtschaftlichkeit und Qualität einschließlich Wirksamkeit der Leistungen sind in Abschnitt 4 des Landesrahmenvertrags geregelt. Qualität wird in Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität gegliedert und die verpflichtenden Aspekte aufgelistet (§ 10 Abs. 2 LRV Schleswig-Holstein). Dabei konzentriert sich die Ergebnisqualität auf den Erfolg der erbrachten Leistung bei der leistungsberechtigten Person und wird zusammen mit dem Leistungserbringer besprochen und dokumentiert (§ 10 Abs. 5 LRV SH). Die Wirtschaftlichkeit bezieht sich auf die Vereinbarung eines für die Leistung notwendigen und angemessenen Einsatzes von Personal- und Sachmitteln (§ 11 Abs. 1 LRV SH). Darüber hinaus sehen die Vertragspartner den Bedarf in der Erarbeitung einheitlicher Maßstäbe zur Bestimmung der Wirksamkeit einer Leistung (§ 12 LRV SH). Die Wirksamkeit der Leistungen, die auf Grundlage des Landesrahmenvertrags vereinbart wurden, soll anhand der in § 12 LRV Schleswig-Holstein genannten Grundsätzen für Leistungen der Eingliederungshilfe beurteilt werden.
Inhalt und Verfahren zur Durchführung von Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen (§ 131 Abs. 1 Nr. 6 SGB IX)
Abschnitt 6 des Landesrahmenvertrags regelt Inhalt und Verfahren zur Durchführung von Prüfungen und zur Kürzung der Vergütung. Nach dem Ausführungsgesetz des Landes Schleswig-Holstein können Prüfungen anlasslos und anlassbezogen durchgeführt werden (§ 5 AG-SGB IX). In § 29 LRV Schleswig-Holstein sind u.a. Charakter (Abs.1) und Ziel (Abs. 3) der Prüfung geregelt. Anlage 1 zum Landesrahmenvertrag führt Inhalt und Verfahren zur Durchführung von Prüfungen näher aus.
In § 29 Abs. 7 LRV Schleswig-Holstein ist die Vergütungskürzung geregelt und in Anlage 2 zum Landesrahmenvertrag genauer ausgeführt.
In Anlage 1 zum Landesrahmenvertrag ist geregelt, dass der Leistungsträger die Kosten der Prüfung übernimmt. Kosten aus der Mitwirkung trägt der Leistungserbringer (LRV Schleswig-Holstein Anl. 1). Die weiteren Punkte regeln das Verfahren der Prüfung. In Punkt 9 sind die Inhalte des Prüfberichts aufgeführt.
Verfahren zum Abschluss von Vereinbarungen (§ 131 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX)
Verhandlungen zwischen Leistungserbringern und den Trägern der Eingliederungshilfe werden durch einen der beiden Verhandlungspartner eingeleitet. Um eine Leistungsvereinbarung zu verhandeln und letztendlich zu beschließen, bedarf es Informationen zum Inhalt, zum Umfang, zur Qualität sowie zur Wirksamkeit der Leistung. Diese werden durch den Leistungserbringer bereitgestellt. Im Anschluss prüft der Träger der Eingliederungshilfe, ob der Leistungserbringer dazu in der Lage ist, die Leistung zu erbringen (§ 123 Abs. 2 SGB IX) sowie nach § 124 SGB IX die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des Leistungsangebots (§ 28 LRV SH).
Als Interessenvertretung werden der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung sowie bis zu drei Mitglieder des Landesbeirats zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach § 14 Landesbehindertengleichstellungsgesetz bestimmt. Über die Mitwirkung bei den rahmenvertraglichen Verhandlungen nach § 131 Abs. 2 SGB IX berichtet die Landesbeauftragte u. a. in ihrem Tätigkeitsbericht für den Zeitraum 2020-2022 (Tätigkeitsbericht Landesbeauftragte MmB SH: 36f.).
Mit Wirkung vom 28. Juni 2019 ist die Landesverordnung über die Schiedsstelle nach § 133 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX-Schiedsstellenverordnung - SGB IX-SchVO) in Kraft getreten. Sie setzt sich aus je fünf Vertreterinnen und Vertretern der Leistungserbringer und der Träger der Eingliederungshilfe sowie einer bzw. einem unabhängigen Vorsitzenden zusammen (§ 3 SGB IX-SchVO). Das Landesamt für soziale Dienste führt zunächst die Geschäfte der Schiedsstelle (§ 1 Abs. § SGB IX-SchVO). Die Schiedsstelle behandelt Anliegen nach den §§ 125 und 129 SGB IX (§ 8 Abs. 2 SGB IX-SchVO). Der Landesbeirat zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nimmt in beratender Funktion an den Sitzungen der Schiedsstelle teil (§ 14 SGB IX-SchVO).
Kreis Nordfriesland
Von Januar 2018 bis Dezember 2021 führten das Landratsamt Bodenseekreis und die Liebenau Teilhabe gemeinnützige GmbH ein Modellprojekt zur Erprobung folgender Regelungsbereiche des BTHG durch:
- Einkommens- und Vermögensanrechnung
- Assistenzleistungen in der sozialen Teilhabe
- Umsetzung des Rangverhältnisses zwischen Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflege
- Prüfung der Zumutbarkeit und Angemessenheit
- gemeinschaftliche Leistungserbringung
- Abgrenzung der neuen Leistungen der Eingliederungshilfe
- Bezüge zu anderen Leistungen der sozialen Sicherung
Kreis Segeberg
Von Januar 2018 bis Dezember 2021 führte der Kreis Segeberg ein Modellprojekt zur Erprobung folgender Regelungsbereiche des BTHG durch:
- Umsetzung des Rangverhältnisses zwischen Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflege
- Abgrenzung der neuen Leistungen der Eingliederungshilfe
Stadt Kiel
Von Januar 2018 bis Dezember 2020 führte die Stadt Kiel ein Modellprojekt zur Erprobung des Regelungsbereichs Abgrenzung der neuen Leistungen der Eingliederungshilfe des BTHG durch.
Tätigkeitsbericht Landesbeauftragte MmB SH (2022): Tätigkeitsbericht 2020-2022 der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen bei der Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtages. In: Landtag Schleswig-Holstein (PDF-Dokument) (16.10.2024).
Stand: November 2024
Materialien zum Download
Erstes Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes
Das Erste Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (1. Teilhabestärkungsgesetz) wurde am 26. April 2018 im Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein veröffentlicht.
Materialien zum Download
Zweites Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes
Das Zweite Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (2. Teilhabestärkungsgesetz) wurde am 23. Dezember 2019 im Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein veröffentlicht.
Materialien zum Download
Landesrahmenvertrag
Hier finden Sie den Rahmenvertrag nach § 131 SGB IX zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe in Schleswig-Holstein zum Download:
Materialien zum Download
Landesverordnung zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe
Die Landesverordnung über Inhalte des Rahmenvertrags nach § 131 SGB IX zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe ist am 1. Januar 2022 in Kraft getreten.