Landesspezifische Regelungen
Am 13. September 2018 stimmte der Hessische Landtag dem Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes zu. Das Hessische Ausführungsgesetz zum Neunten Buch Sozialgesetzbuch (HAG/SGB IX) ist seit dem 1. Januar 2020 gültig.
In Hessen wurde zudem ein Landesrahmenvertrag für den Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2021, mit Verlängerung bis zum 31. Dezember 2022, zwischen den Trägern der Eingliederungshilfe (Landeswohlfahrtsverband Hessen sowie 26 Städte und Landkreise) und den Verbänden der Leistungserbringer geschlossen. Mit Wirkung vom 1. Juli 2023 sind drei neue Landesrahmenverträge in Kraft getreten, die sich gemäß HAG/SGB IX an drei Lebensabschnitten orientieren. Der „Hessische Rahmenvertrag nach § 131 SGB IX zu den schriftlichen Vereinbarungen nach § 125 SGB IX für Leistungen zur Sozialen Teilhabe und zur Teilhabe an Bildung bis zur Beendigung der Schulausbildung (Rahmenvertrag 1)“ wurde zwischen den Landkreisen und kreisfreien Städten als Eingliederungshilfeträger und der Liga der freien Wohlfahrtspflege geschlossen (Hessischer Städtetag 2024). Der „Hessische Rahmenvertrag nach § 131 SGB IX zu den schriftlichen Vereinbarungen nach § 125 SGB IX für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Rahmenvertrag 2)“ ist zwischen dem Landeswohlfahrtsverband Hessen (LWV) als Eingliederungshilfeträger und der Liga der Freien Wohlfahrtspflege geschlossen worden. Zudem haben Landkreise, kreisfreie Städte und der LWV den „Hessischen Rahmenvertrag nach 131 SGB IX zu den schriftlichen Vereinbarungen nach § 125 SGB IX für Leistungen der Sozialen Teilhabe und zur Teilhabe an Bildung nach Beendigung der Schulausbildung (Sekundarstufe II) (Rahmenvertrag 3)“ geschlossen (LWV-Hessen 2024a).
Träger der Eingliederungshilfe (§ 94 Abs. 1 SGB IX)
In Hessen sind die Landkreise und kreisfreien Städte örtliche Eingliederungshilfeträger, wobei der Landeswohlfahrtsverband Hessen überörtlicher Träger der Eingliederungshilfe ist (§ 1 HAG/SGB IX).
Die sachliche Zuständigkeit gemäß § 2 HAG/SGB IX ist nach Lebensabschnitt der leistungsberechtigten Person eingeteilt. Während die örtlichen Eingliederungshilfeträger für Menschen bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer allgemeinen Schule oder einer Förderschule bis einschließlich der Sekundarstufe II zuständig sind, hat der Landeswohlfahrtsverband als überörtlicher Träger der Eingliederungshilfe die Verantwortung für die übrigen Leistungen und Lebensabschnitte (§ 2 HAG/SGB IX).
Sozialraumorientierung und Sicherstellungsauftrag (§ 94 Abs. 3 SGB IX)
Zur Entwicklung eines inklusiven Sozialraums und inklusiver Lebensverhältnisse in Hessen verpflichtet der Gesetzentwurf die örtlichen und die überörtlichen Träger der Eingliederungshilfe zur Zusammenarbeit in gemeinsamen Steuerungs- und Planungsgremien. Die Leistungserbringer und Vertretungen von Menschen mit Behinderungen sollen ebenfalls in diese Prozesse eingebunden werden (§ 5 AG BTHG).
Arbeitsgemeinschaft (§ 94 Abs. 4 SGB IX)
Die Arbeitsgemeinschaft zur Weiterentwicklung und Förderung der Strukturen der Eingliederungshilfe gemäß § 94 Abs. 4 SGB IX besteht aus jeweils bis zu drei Vertretungen der Landkreise, kreisfreien Städte, des für Eingliederungshilfe zuständigen Ministeriums, des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, der privat-gewerblichen und privat-gemeinnützigen Leistungserbringer, der Liga der freien Wohlfahrtspflege Hessen sowie den maßgeblichen Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen. Für jede Vertretung können Stellvertretungen benannt werden (§ 7 Abs. 2 HAG/SGB IX).
In Hessen wird das Gesamtplanverfahren nach § 117 SGB IX seit dem Jahr 2018 landesweit umgesetzt (LT-Drs.: 20/3120: 2 (PDF-Dokument)). Die Einführung des neuen Bedarfsermittlungsinstruments „Personenzentrierter integrierter Teilhabeplan (PiT)“ erfolgt schrittweise in den verschiedenen Regionen Hessens zwischen Oktober 2020 und Januar 2022. In jenen Regionen, in denen bereits der ITP Hessen eingeführt wurde, wird seit Dezember 2020 nach und nach auf den PiT umgestellt. Seit dem 26.06.2023 ist die überarbeitete Version „PiT 2023“ in Anwendung, es wird in dieser Version die zeitbasierte Systematik und die Unterscheidung zwischen kompensatorischer und qualifizierter Assistenz nach § 78 SGB IX abgebildet (LWV-Hessen 2024b).
Budget für Arbeit (§ 61 Abs. 2 SGB IX)
In Hessen wurde das Budget für Arbeit im Rahmen eines gemeinsamen Modellvorhabens des Landeswohlfahrtsverbandes (LWV) Hessen und des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration (HMSI) realisiert. Die Laufzeit des Modellvorhabens betrug fünf Jahre zwischen 2018 und 2022. Das Integrationsamt beteiligte sich finanziell durch Mittel aus der Ausgleichsabgabe am Budget für Arbeit bei Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung oder einer Gleichstellung. In diesen Fällen sollen die Kosten zu 70 Prozent aus Mitteln der Eingliederungshilfe und zu 30 Prozent aus der Ausgleichsabgabe gedeckt werden (LT Drs.19/6027: 1f. (PDF-Dokument)).
Darüber hinaus werden Einstellungsprämien aus dem Hessischen Perspektivprogramm HePAS vom LWV Hessen Integrationsamt gezahlt (Integrationsamt-Hessen 2024).
Andere Leistungsanbieter (§ 60 SGB IX)
Menschen mit Behinderungen, die gemäß § 57 SGB IX Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich sowie gemäß § 58 Leistungen im Arbeitsbereich erhalten, haben seit 2018 die Möglichkeit, diese auch bei einem Anderen Leistungsanbieter nach § 60 SGB IX zu erhalten, statt bei einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Mit einer Fachtagung im November 2023 wurde der Grundstein gelegt, die Angebotserweiterung von Anderen Leistungsanbietern in Hessen zu fördern. Ziel ist es, ein Angebot mit Verfahren zur Feststellung der eigenen beruflichen Kompetenzen anzubieten und mithilfe von Berufspraktika einen Einblick in mögliche Tätigkeitsbereiche zu geben (LWV-Hessen 2024c).
Bestimmungen zur Komplexleistung Frühförderung (§ 46 Abs. 4 SGB IX)
Maßnahmen zur Frühförderung gemäß § 46 Abs. 4 richten sich an Kinder mit Behinderungen sowie von Behinderung bedrohte Kinder zwischen null und sechs Jahren bzw. bis zum Schuleintritt. Darüber hinaus haben Eltern die Möglichkeit, Beratung einzuholen. Die gesetzliche Grundlage für die interdisziplinären Frühförderstellen und Sozialpädiatrischen Zentren ist aktuell die „Vereinbarung zur Umsetzung der Verordnung zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder (Frühförderungsverordnung-FrühV (PDF-Dokument)) vom 24. Juni 2003. Die Landesrahmenvereinbarung zur Früherkennung und Frühförderung für Kinder mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Kinder gemäß § 46 Abs. 4 SGB IX ist noch Gegenstand der Verhandlungen zwischen Rehabilitationsträgern und Leistungserbringern (Verwaltungsportal Hessen 2024).
Abgrenzung der Kostenarten und -bestandteile und Methoden zur Festlegung der personellen Ausstattung (§ 131 Abs. 1 Nr. 1, 5 SGB IX)
In den Rahmenverträgen 1, 2 und 3 werden Angaben zur personellen sowie zur räumlichen und sächlichen Ausstattung in 2.7 und 2.8 (LRV 1), in der Anlage 3 sowie in 3.2 zum Basisbetrag im Arbeitsbereich (LRV 2) sowie in 2.7 und 2.8 (LRV 3) gemacht.
Zusammensetzung der Leistungspauschalen (§ 131 Abs. 1 Nr. 2-3 SGB IX)
Die Zusammensetzung der Leistungspauschalen sind im Rahmenvertrag 1 in 2.4.8.1 zu der bedarfsunabhängigen Basisleistung in Einrichtungen über Tag und Nacht, im Rahmenvertrag 2 in 3.2.2 zu den Bestandteilen des Basisbetrages und im Rahmenvertrag 3 in 2.4.1.5 zu den Leistungsbestandteilen geregelt.
Kostenarten und -bestandteile für den Bereich WfbM (§ 131 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX)
Regelungen zu den Kostenarten und -bestandteilen für den WfbM-Bereich sind in Anlage 3 sowie in 3.2 zum Basisbetrag im Arbeitsbereich im Rahmenvertrag 2 verortet.
Grundsätze und Maßstäbe für die Wirtschaftlichkeit und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen (§ 131 Abs. 1 Nr. 6 SGB IX)
Maßgaben zur Wirtschaftlichkeit und Qualität sowie zur Wirksamkeit der Leistungen werden in den Rahmenverträgen 1 und 3 in den Teilen 2.10 (Qualität und Wirksamkeit) und 3.1 (Allgemeine Grundsätze der Vergütungen) geregelt. Für Rahmenvertrag 2 gilt, dass Qualität und Wirksamkeit in 2.8 und die Allgemeinen Grundsätze der Vergütungen in 3.1 bestimmt werden.
Inhalt und Verfahren zur Durchführung von Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen (§ 131 Abs. 1 Nr. 6 SGB IX)
In allen drei Rahmenverträgen werden die Prüfungen der Wirtschaftlichkeit und/oder Qualität einschließlich der Wirksamkeit der vereinbarten Leistungen jeweils in Teil 5 geregelt.
Verfahren zum Abschluss von Vereinbarungen (§ 131 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX)
In den drei Rahmenverträgen werden die jeweiligen Verfahren zum Abschluss von Vereinbarungen jeweils in Teil 4 erläutert.
Maßgebliche Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen sind die Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen gemäß § 18 des Hessischen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes (HessBGG) sowie der Inklusionsbeirat gemäß § 19 HessBGG. Sie können bis zu drei Vertretungen und Stellvertretungen zur Mitarbeit in der Schiedsstelle gemäß § 133 SGB IX, der Verhandlungen der Landesrahmenverträge gemäß § 131 Abs. 2 SGB IX sowie der Arbeitsgemeinschaft gemäß § 94 Abs. 4 SGB IX entsenden (§ 8 HAG/SGB IX).
Die Verordnung über die Schiedsstelle nach § 133 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB9§133SchiedsV HE) ist erstmals am 21. Dezember 2018 in Kraft getreten und in der aktuellen Fassung seit dem 1. Januar 2023 gültig. Die Schiedsstelle ist beim Hessischen Amt für Versorgung und Soziales in Frankfurt am Main angesiedelt und hat dort auch ihre Geschäftsstelle inne (§§ 1, 8 SGB9§133SchiedsV HE). Die Mitgliedschaft setzt sich seitens der Eingliederungshilfeträger aus zwei Mitgliedern des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen und aus drei Mitgliedern des Hessischen Städtetages und des Hessischen Landkreistages zusammen (§ 2 Nr. 1 SGB9§133SchiedsV HE). Seitens der Leistungserbringer werden zwei Mitglieder von den Vereinigungen der privatgewerblichen Leistungserbringer und vier Mitglieder der Liga der Freien Wohlfahrtspflege versendet (§ 2 Nr.2 SGB9§133SchiedsV HE). Jedes Mitglied kann bis zu zwei Stellvertretungen benennen. Die vorsitzende Person hat eine Stellvertretung (§ 2 SGB9§133SchiedsV HE).
Landeshauptstadt Wiesbaden
Von Januar 2018 bis Dezember 2021 führte die Landeshauptstadt Wiesbaden ein Modellprojekt zur Erprobung folgender Regelungsbereiche des BTHG durch:
- Umsetzung des Rangverhältnisses zwischen Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflege
- Abgrenzung der neuen Leistungen der Eingliederungshilfe
- Bezüge zu anderen Leistungen der sozialen Sicherung
(Wiesbaden Barrierefrei 2024).
Hessischer Städtetag (2024): Bundesteilhabegesetz. Rahmenvertrag 1. In: Hessischer Städtetag (30.09.2024).
Integrationsamt-Hessen (2024): Hessisches Perspektivprogramm. In: Integrationsamt-Hessen (01.10.2024).
LWV-Hessen (2024a): Rahmenverträge nach § 131 SB IX. Rahmenvertrag 2 und 3. In: LWV-Hessen (30.09.2024).
LWV-Hessen (2024b): Der Personenzentrierte Integrierte Teilhabeplan (PiT) Hessen. In: LWV-Hessen (01.10.2024).
LWV-Hessen (2024c): Fachtagung beim LWV „Für mehr Inklusion auf dem Arbeitsmarkt“. In: LWV-Hessen (01.10.2024).
Verwaltungsportal Hessen (2024): Frühförderung von Kindern mit Behinderungen. In: Verwaltungsportal Hessen (01.10.2024).
Wiesbaden Barrierefrei (2024): Modellprojekt Landeshauptstadt Wiesbaden. In: Wiesbaden Barrierefrei (PDF-Dokument) (02.10.2024).
Stand: November 2024
Materialien zum Download
Ausführungsgesetz
Das „Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes“ finden Sie im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen vom 26. September 2018:
Materialien zum Download
Landesrahmenvertrag (gültig bis 31. Dezember 2022)
Im Folgenden können Sie den Hessischen Rahmenvertrag nach § 131 SGB IX herunterladen:
Materialien zum Download
Landesrahmenvertrag 2 - Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
Der Rahmenvertrag 2 - Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist aktuell im Unterschriftenverfahren. Er soll zum 1. Juli 2023 in Kraft treten. Die Fassung vom 17. Mai 2022 können Sie hier hier herunterladen:
Materialien zum Download
Landesrahmenvertrag 3 - Leistungen zur Sozialen Teilhabe und zur Teilhabe an Bildung nach Beendigung der Schulausbildung (Sekundarstufe II)
"Der Rahmenvertrag 3 - Leistungen zur Sozialen Teilhabe und zur Teilhabe an Bildung nach Beendigung der Schulausbildung (Sekundarstufe II)" ist aktuell im Unterschriftenverfahren. Er soll zum 1. Juli 2023 in Kraft treten. Die Fassung vom 22. März 2022 können Sie hier herunterladen: