Landesspezifische Regelungen
Das Hamburgische Gesetz zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (AG SGB IX) wurde am 21. Juni 2018 durch den Senat verkündet und ist am 27. Juni 2018 in Kraft getreten. AM 19. Dezember 2018 wurde der Landesrahmenvertrag nach § 131 SGB IX (LRV HH) zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg (vertreten durch die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration als Trägerin der Eingliederungshilfe) und den Vereinigungen der Leistungserbringer auf Landesebene in Vertretung ihrer jeweiligen Mitglieder geschlossen.
Träger der Eingliederungshilfe (§ 94 Abs. 1 SGB IX)
Eingliederungshilfeträger gemäß § 94 Abs. 1 SGB IX ist die Freie und Hansestadt Hamburg (§ 1 AG SGB IX). Seit dem zweiten Quartal 2024 werden die Ausführungsbereiche für Teilhabeleistungen im Zentrum für Teilhabe gebündelt. Dieses ist bei der für Soziales zuständigen Behörde angesiedelt und umfasst nun das Fachamt Eingliederungshilfe des Bezirksamtes Wandsbek, die Leistungen des Versorgungs- und Integrationsamtes sowie der Durchführungsbereich Eingliederungshilfe Drogen und Sucht (LT-Drs.: 22/16119 (PDF-Dokument): 1).
Arbeitsgemeinschaft gemäß § 94 Abs. 4 SGB IX
In der Freien und Hansestadt Hamburg befasst sich die Vertragskommission nach § 2 LRV HH mit den Aufgaben zur Förderung und Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe gemäß § 94 Abs. 4 SGB IX. Die Mitgliedschaft der Vertragskommission setzt sich aus Vertretungen der Freien und Hansestadt Hamburg, der Vereinigungen der Leistungserbringer sowie der Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen (LAG) zusammen, wobei letztere über kein Stimmrecht verfügen (§ 2 Abs. 1 LRV HH).
Sozialraumorientierung und Sicherstellungsauftrag (§ 94 Abs. 3 SGB IX)
Zwischen der Sozialbehörde Hamburg und sechs Leistungserbringern ist eine Landesrahmenvereinbarung zu Trägerbudgets erarbeitet worden. Die Trägerbudgets haben zum Ziel, die Eingliederungshilfe in Hamburg nach Maßgabe der Personenzentrierung und Sozialraumorientierung weiterzuentwickeln. Die Trägerbudgets sind flexibel aufgestellt und beinhalten einen Spielraum für pauschale jährliche Anpassungen, die in höheren Tarifen und Energiekosten begründet sind (LT-Drs.: 22/13424 (PDF-Dokument): 1).
In der Freien und Hansestadt Hamburg deckt der Gesamtplan das Instrument nach § 13 SGB IX zur Ermittlung der individuellen Bedarfe ab. Darüber hinaus dient er als Grundlage für die anschließende Planung und Umsetzung von Leistungen sowie für die Dokumentation und Wirkungskontrolle einer Leistung. Mit dem BTHG ist die regelmäßige Anwendung des Gesamtplanes für alle Eingliederungshilfeleistungen Pflicht. Die Anwendung des Gesamtplanverfahrens für alle Leistungsbereiche der Eingliederungshilfe Hamburg ermöglicht eine partizipative Einbindung für die leistungsberechtigte Person sowie eine konkrete Umsetzung der persönlichen Bedarfe für die Eingliederungshilfeträger. Hinzu gekommen ist mit dem BTHG auch die verbindliche Ausrichtung entlang der ICF, die im Vorfeld nur exemplarisch erfolgte (LT-Drs.: 21/17638: 2ff.). (PDF-Dokument)
Budget für Arbeit (§ 61 Abs. 2 SGB IX)
Das Modellprojekt „Budget für Arbeit Hamburg“ wurde bereits im Jahr 2013 gestartet und hat eine Vorreiterrolle in der gesetzlichen Etablierung des Budgets für Arbeit nach § 61 SGB IX. In Hamburg beträgt das Budget für Arbeit bis zu 75 Prozent des Arbeitnehmer-Bruttoentgeltes und ermöglicht die Begleitung der Budgetnehmenden in der Aufnahme und fortfolgenden Inanspruchnahme ihres Arbeitsplatzes (Hamburg 2024a).
Andere Leistungsanbieter (§ 60 SGB IX)
Gemäß § 60 SGB IX stellen Andere Leistungsanbieter eine Alternative zur Beschäftigung in einer WfbM dar und bereiten auf den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vor. Grundlage der Zulassung anderer Leistungsanbieter ist die Erfüllung der fachlichen Standards, die auch für WfbM gelten. Zu diesen fachlichen Standards zählt u.a. die Kooperation Anderer Leistungsanbieter mit weiteren, in Hamburg vertretenen Leistungserbringern einschließlich WfbM. Hierdurch soll das im BTHG verankerte Wahlrecht des Menschen mit Behinderungen (§ 62 SGB IX) sichergestellt werden (Hamburg 2024b).
Bestimmungen zur Komplexleistung Frühförderung (§ 46 Abs. 4 SGB IX)
In Hamburg wird die Frühförderung aktuell durch die Landesrahmenempfehlung gemäß § 2 Satz 3 der Rechtsverordnung zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder (Frühförderungsverordnung vom 24.06.2003 – FrühV (PDF-Dokument)) nach §§ 30 Abs. 1 und 2, 32 Nr. 1 SGB IX im Bereich der Freien und Hansestadt Hamburg (Hmbg LRE FrühV) umgesetzt. Durch § 3 Abs. 1 AG SGB IX wurde jedoch die Möglichkeit geschaffen, mittels Rechtsverordnung die Voraussetzungen für die Zulassung weiterer Einrichtungen der Frühförderung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu bestimmen.
Abgrenzung der Kostenarten und -bestandteile und Methoden zur Festlegung der personellen Ausstattung (§ 131 Abs. 1 Nr. 1, 5 SGB IX)
Die Abgrenzung der den Leistungspauschalen und -beträgen zu Grunde zu liegenden Kostenarten und -bestandteile erfolgt durch Unterteilung in Personal- und Sachaufwendungen sowie Investitionskosten und Kosten der Unterkunft nach § 42 a Abs. 6 S. 2 SGB IX (§ 7 Abs. 1 LRV HH i.V.m. Anl. 1).
Zusammensetzung der Leistungspauschalen (§ 131 Abs. 1 Nr. 2-3 SGB IX)
Inhalt und Kriterien für die Ermittlung und Zusammensetzung Leistungspauschalen erfolgt anhand von Leistungsstufen, Maßnahmenpauschalen für Einzel- und Gruppenmaßnahmen sowie Hilfeempfängergruppen ((§ 8 Abs. 5 LRV HH i.V.m. Anl. 2).
Inhalt und Verfahren zur Durchführung von Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen (§ 131 Abs. 1 Nr. 6 SGB IX)
Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistung ist in § 9 LRV Hamburg sowie in § 2 AG SGB IX geregelt. Anlasslose Prüfungen umfassen die Qualität und Wirksamkeit der Leistungen. Die Wirtschaftlichkeit wird nur anlassbezogen geprüft (§ 9 Abs. 2 LRV Hamburg). Ist letzteres der Fall, teilen sich Leistungsträger und Leistungserbringer die Kosten der Prüfung. Im ersten Fall gehen eigene Kosten zu eigenen Lasten (§ 9 Abs. 5 LRV HH).
In Anlage 4 des Landesrahmenvertrags sind Inhalt und Verfahren zur Durchführung der Prüfungen geregelt. Betrachtet werden insbesondere die in den Leistungsvereinbarungen vereinbarten wirkungsbezogenen Daten und Kennzahlen mit einer Fokussierung auf die Daten und Zahlen, die "die Wirksamkeit der Leistung im Interesse der Leistungsberechtigten betrachten" (I.2. LRV Hamburg Anl. 4). Die Prüfungen führt der Leistungsträger nicht selbst durch, sondern beauftragt externe Sachverständige oder geeignete Dienststellen der FHH. Die Inhalte des Prüfberichts sind in II. 9. LRV HH Anl. 4 aufgeführt.
Verfahren zum Abschluss von Vereinbarungen (§ 131 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX)
In Vorbereitung zum Abschluss von Vereinbarungen müssen sich beide Vertragspartner einig sein über die Inhalte der Leistungsvereinbarung. Wenn eine Leistung vereinbart wird, ist diese regulär für ein Jahr gültig, kann aber gänzlich oder teilweise mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende des Zeitraums der vereinbarten Leistung gekündigt werden. Wird die Leistungsvereinbarung nicht aufgekündigt, verlängert sich der Leistungszeitraum um ein Kalenderjahr (§ 3 LRV HH).
Nach §131 Abs. 2 SGB IX sind die maßgeblichen Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen zu bestimmen, die an der Erarbeitung und Beschlussfassung von Rahmenverträgen zur Erbringung von Leistungen mitwirken. In Hamburg ist dafür die Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen e.V. (LAG) bestimmt worden. Sie koordiniert die Interessen behinderter und chronisch kranker Menschen in Hamburg und übernimmt deren Vertretung gegenüber der Öffentlichkeit, Behörden, Institutionen und in Beteiligungsgremien (HmbGVBl Nr. 43: 360 (PDF-Dokument)).
Die Verordnung über die Schiedsstelle nach § 133 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX-Schiedsstellenverordnung – SGB IX-SchVO) vom 1. Oktober 2019 ist am 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Bei der zuständigen Behörde wird die Geschäftsstelle angesiedelt, die die Aufgaben der Schiedsstelle wahrnimmt (§ 1 Abs. 4 SGB IX-SchVO). Ihre Mitgliedschaft setzt sich gemäß § 2 SGB IX-SchVO aus jeweils fünf Vertretungen der Eingliederungshilfeträger und der Leistungserbringer mit jeweils zwei Stellvertretungen. Den Vorsitz hat eine unparteiische Person inne, die zudem über eine Stellvertretung verfügt (§ 3 SGB IX-SchVO). Gemäß § 9 SGB IX-SchVO sind die maßgeblichen Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen mit einer Vertretung und bis zu drei Stellvertretungen beratend an den Schiedsverfahren zu beteiligen.
Stadt Hamburg
Von Januar 2018 bis Dezember 2021 führte die Stadt Hamburg ein Modellprojekt zur Erprobung folgender Regelungsbereiche des BTHG durch:
- Umsetzung des Rangverhältnisses zwischen Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflege
- Abgrenzung der neuen Leistungen der Eingliederungshilfe nach Artikel 1 Teil 2 von den Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel SGB XII (existenzsichernde Leistungen)
(LT-Drs.: 21/15785 (PDF-Dokument): 10)
Stand: November 2024
Materialien zum Download
Ausführungsgesetz
Das Hamburgische Gesetz zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (AG SGB IX) finden Sie hier:
Materialien zum Download
Landesrahmenvertrag
Den Landesrahmenvertrag für die Freie- und Hansestadt Hamburg vom 19.12.2018 nebst Anlagen finden Sie hier: