Landesspezifische Regelungen
Das Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes vom 21. März 2018 wurde am 20. April 2018 veröffentlicht (LT Drs.: 16/3738: 1) (PDF-Dokument). Eine Übergangsvereinbarung zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetztes wurde am 18. April 2019 mit Ziel der Schließung von Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen mit einer Frist zum 31.12.2022 geschlossen (ÜV BTHG 2019 (PDF-Dokument, 164.7 KB)). Der Landesrahmenvertrag nach § 131 SGB IX Baden-Württemberg ist gem. § 85 Abs. 1 Satz 1 LRV Baden-Württemberg mit Wirkung zum 1. Januar 2021 in Kraft getreten (LRV-BW (PDF-Dokument)). Aufgrund des späteren Inkrafttretens des Landesrahmenvertrag gemäß § 131 SGB IX Baden-Württemberg wurde die erste Übergangsvereinbarung zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes mit einer neuen Frist zum 31.12.2023 verlängert (Präambel u. § 4 Abs.1 ÜV BTHG 2021 (PDF-Dokument, 210.7 KB)).
Träger der Eingliederungshilfe (§ 94 Abs. 1 SGB IX)
Als Träger der Eingliederungshilfe wurden nach Artikel 1, § 1 Gesetz zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (AGSGB IX) 44 Stadt- und Landkreise bestimmt. Das Land Baden-Württemberg weist hiermit die höchste Anzahl an Eingliederungshilfeträgern auf. Diese führen ihre Tätigkeit zudem weisungsfrei und in eigener Zuständigkeit aus (LT Drs.: 17/4208: 7 (PDF-Dokument)).
Arbeitsgemeinschaften (§ 94 Abs. 4 SGB IX)
Das Sozialministerium Baden-Württemberg hat im Herbst 2021 die Arbeitsgemeinschaft LAG Teilhabe SGB IX gebildet. In diesem Gremium werden weitere Verbesserungs- und Anpassungsbedarfe im Rahmen der Eingliederungshilfe erfasst, bewertet und bei Bedarf im Rahmen neuer rechtlichen Normen aufgenommen. Unter dem Dach der LAG Teilhabe SGB IX befinden sich die UAG Bedarfsermittlung, die sich mit der Weiterentwicklung des Bedarfsermittlungsinstrumentes und des Bedarfsermittlungsverfahren beschäftigt, sowie die UAG Monitoring, die die Ausschreibung des Monitorings gemäß des Koalitionsvertrages umsetzt (LT Drs.: 17/4208: 6 (PDF-Dokument)).
Das Instrument der Bedarfsermittlung – kurz BEI_BW – wurde in Baden-Württemberg in einem breit angelegten konsensorientierten Beteiligungsverfahren erarbeitet. Das BEI_BW wird unter dem Dach der Landesarbeitsgemeinschaft Teilhabe (§ 94 Absatz 4 SBIX) in der UAG Bedarfsermittlung weiterentwickelt. Die Stadt- und Landkreise als Träger der Eingliederungshilfe, die Leistungserbringer und die Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung sitzen dabei paritätisch an einem Tisch. Im Jahr 2019 wurde der Abschlussbericht zur wissenschaftlichen Begleitforschung der modellhaften Erprobung des Bedarfsermittlungsinstruments Baden-Württemberg (BEI_BW) vorgelegt. Im April 2022 wurden die „Hinweise und Empfehlungen zum BEI_BW“ veröffentlicht (LT Drs.: 17/4208: 7f.) (PDF-Dokument). Im September wurde eine überarbeitetes Bedarfsermittlungsinstrument Bei_BW zur Verfügung gestellt (Sozialministerium Baden-Württemberg 2024).
Budget für Arbeit (§ 61 Abs. 2 SGB IX)
Das Budget für Arbeit nach § 61 Abs. 2 SGB IX wurde in Baden-Württemberg im Rahmen des Programms „Arbeit Inklusiv-Teil 2“ zum 1. Januar 2022 eingeführt (Fördergrundsätze „Arbeit Inklusiv“ (PDF-Dokument)). In Baden-Württemberg wird die Höhe des Lohnkostenzuschusses für das Budget für Arbeit bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen auf maximal 70 Prozent und bei befristeten Arbeitsverhältnissen mit einer Mindestvertragszeit von 12 Monaten auf maximal 60 Prozent der Bruttoaufwendungen des Arbeitgebers festgelegt. Mit dem Lohnkostenzuschuss sollen sowohl die Leistungsminderung als auch die Aufwendungen des Arbeitgebers für die erforderliche Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz abgegolten werden. Die maximale Gesamtförderung für das Budget für Arbeit durch den Träger der Eingliederungshilfe soll i.d.R. die individuell erforderlichen Kosten für den Arbeitsbereich der WfbM nicht übersteigen (KVJS 2024a).
Andere Leistungsanbieter (§ 60 SGB IX)
Menschen mit Behinderung, die einen Anspruch auf Leistungen zum Arbeitsleben im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich nach § 57 SGB IX sowie auf Leistungen im Arbeitsbereich nach § 58 SGB IX haben, können diese statt bei einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) auch bei einem anderen Leistungsanbieter wahrnehmen (§ 60 SGB IX). Im Bericht der KVJS zu den Leistungen der Eingliederungshilfe im Jahr 2022 wird hinsichtlich der Annahme dieses Leistungsangebot berichtet, dass die Aufnahmen einer Tätigkeit bei anderen Leistungsanbietern sich im Vergleich zu den Vorjahren nicht verändert haben (KVJS 2024b: 65).
Bestimmungen zur Komplexleistung Frühförderung (§ 46 Abs. 4 SGB IX)
Die Landesrahmenvereinbarung zur Umsetzung der Verordnung zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder (PDF-Dokument) (Frühförderungsverordnung – FrühV) vom 1. Juni 2014 ist am 1. Juli 2014 in Kraft getreten. Sie regelt die trägerübergreifende Zusammenarbeit sowie die Zusammenarbeit der Frühförderstellen und der Sozialpädiatrischen Zentren in Baden-Württemberg (Präambel LRV Frühförderung BW). Eine Landesrahmenvereinbarung zur Komplexleistung Frühförderung gemäß § 46 Abs. 4 SGB IX wurde noch nicht erlassen.
Abgrenzung der Kostenarten und -bestandteile und Methoden zur Festlegung der personellen Ausstattung (§ 131 Abs. 1 Nr. 1, 4-5 SGB IX)
Eine Abgrenzung der Kostenbestandteile erfolgt zunächst durch Regelungen zur personellen Ausstattung sowie zur räumlichen und sächlichen Ausstattung (§ 10f. LRV BW). Bei der räumlichen und sächlichen Ausstattung muss berücksichtigt werden, welcher Anteil der Ausstattung der Leistungserbringung dient (§ 11 Abs. 3 LRV BW). Die Beschreibung von Anzahl, Funktion und Qualifikation des Personals erfolgt in der Leistungsvereinbarung (§ 10 Abs. 2 LRV BW). Darüber hinaus orientiert sich die personelle Ausstattung im Grundsatz an dem zu unterstützenden Personenkreis gemäß des Leistungsangebots (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Lit. a, b LRV BW).
Zusammensetzung der Leistungspauschalen (§ 131 Abs. 1 Nr. 2-3 SGB IX)
Die Leistungspauschalen können als Fachleistungsstundensätze oder als Pauschalsätze vereinbart werden (§ 14 Abs. 1 Lit. a, b LRV BW). Die Leistungspauschalen beinhalten u.a. Kosten für Personal, Material sowie Investitionen. Hinzu kommen Regiekosten sowie ein „angebotsspezifischer Wagnis- und Risikoaufschlag“ (§ 15 LRV BW). Zudem sind hierbei Auslastung und Kapazität bei der Kostenaufstellung zu beachten. Weitere Regelungen zu Kapazitäten und Auslastung sowie zu Grundsätzen der Fachleistungsstunden sind in den §§ 22 und 23 LRV BW enthalten.
Kostenarten und -bestandteile für den Bereich WfbM (§ 131 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX)
Gemäß § 76 LRV BW werden für die Vergütungen im WfbM-Bereich Leistungspauschalen aufgestellt. Der Investitionsbetrag wird gemäß § 14 Abs. 5 LRV BW zusätzlich festgesetzt. Im WfbM-Bereich fließen gemäß § 77 LRV BW in die Personalkosten u. a. auch Kosten für Frauenbeauftragte und Werkstatträte ein.
Grundsätze und Maßstäbe für die Wirtschaftlichkeit und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen (§ 131 Abs. 1 Nr. 6 SGB IX)
Regelungen zu den Grundsätzen für die Wirtschaftlichkeit und Qualität einschließlich Wirksamkeit sind in § 37 LRV Baden-Württemberg enthalten. Das Leistungsangebot orientiert sich konzeptuell (Art, Umfang, Inhalt u. Qualität) nach den individuellen Bedarfen der leistungsberechtigten Person (§ 37 Abs. 1 Satz 2 LRV BW). Durch die Vertragskommission SGB IX wird eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die Grundsätze für die Wirtschaftlichkeit, Qualität und Wirksamkeit entlang der Kriterien zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität aufstellt (§ 37 Abs. 4 LRV BW). Regelungen zur Prozess- und Ergebnisqualität finden sich in § 37 Abs. 6, 7 LRV Baden-Württemberg. Zur Qualitätssicherung wird ein vom Leistungserbringer wählbares System angewendet (§ 37 Abs. 8 LRV Baden-Württemberg).
Inhalt und Verfahren zur Durchführung von Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen (§ 131 Abs. 1 Nr. 6 SGB IX)
Ein anlassbezogenes Prüfungsrecht findet sich in § 38 LRV BW. Ziel und Folgen einer Nichteinhaltung gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten regeln die Absätze 4 und 5. Näheres zum Prüfungsverfahren ergibt sich aus der Anlage zu §§ 38 Abs. 6 und 39 Abs. 3 (Wirtschaftlichkeit und Qualitätsprüfung). Anlassunabhängige Prüfungen des Strukturmerkmals Personalmenge sind in § 39 LRV BW geregelt, wobei sich der Prüfungsgegenstand ausschließlich auf die Personalausstattung/-menge beschränkt.
Verfahren zum Abschluss von Vereinbarungen (§ 131 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX)
Gemäß § 33 Abs. 2 LRV BW ist die Verfahrensaufnahme mit einer Aufforderung durch einen der beiden Verhandlungspartner bezüglich zur Schließung einer Leistungs- sowie einer Vergütungsvereinbarung verbunden. Hierzu muss ein erster Vorschlag zu der Struktur des Leistungsangebotes vorgelegt werden (§ 34 Abs. 1 LRV BW).
Als Interessenvertretung wird der Landes-Behindertenbeauftragte sowie die weiteren, vom Landes-Behindertenbeirat nach § 16 Landes-Behindertengleichstellungsgesetz (L-BGG) benannten Interessenvertretungen bestimmt. Als maßgebliche Interessenvertretungen nach § 131 SGB IX sind die oder der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung sowie Vertretung des Landes-Behindertenbeirats gemäß den §§ 13 und 16 L-BGG (LT Drs.: 17/4208: 8 (PDF-Dokument)). Gemäß § 14 der Verordnung über die Schiedsstelle nach § 133 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (Schiedsstellenverordnung SGB IX) können die Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderung mit insgesamt fünf Vertretungen und drei Stellvertretungen beratend and den Sitzungen der Schiedsstelle teilnehmen. Die beauftragte Person nimmt eine der fünf Vertretungen ein (§ 14 Schiedsstellenverordnung BW).
Landratsamt Bodenseekreis
Von Januar 2018 bis Dezember 2021 führten das Landratsamt Bodenseekreis und die Liebenau Teilhabe gemeinnützige GmbH ein Modellprojekt zur Erprobung folgender Regelungsbereiche des BTHG durch:
• Umsetzung des Rangverhältnisses zwischen Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflege
• Abgrenzung der neuen Leistungen der Eingliederungshilfe
• Bezüge zu anderen Leistungen der sozialen Sicherung
(Bodenseekreis 2024).
Rems-Murr-Kreis
Von Januar 2018 bis Dezember 2021 führten das Amt für Soziales und Teilhabe des Rems-Murr-Kreises ein Modellprojekt zur Erprobung folgender Regelungsbereiche des BTHG durch:
• Einkommens- und Vermögensanrechnung
• Assistenzleistungen in der sozialen Teilhabe
• Umsetzung des Rangverhältnisses zwischen Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflege
• Prüfung der Zumutbarkeit und Angemessenheit
• gemeinschaftliche Leistungserbringung
• Abgrenzung der neuen Leistungen der Eingliederungshilfe
• Bezüge zu anderen Leistungen der sozialen Sicherung
(Rems-Murr-Kreis 2024).
Bodenseekreis (2024): BTHG-Modellprojekt. In: Bodenseekreis (26.09.2024).
KVJS (2024a): Das Förderprogramm „Arbeit Inklusiv – Teil 1 und 2“. In: KVJS (27.09.2024).
KVJS (2024b): Leistungen der Eingliederungshilfe 2022. Andere Leistungsanbieter. In: KVJS (PDF-Dokument) (27.09.2024).
Rems-Murr-Kreis (2024): Amt für Soziales und Teilhabe. In: Rems-Murr-Kreis (26.09.2024).
Sozialministerium Baden-Württemberg (2024): Bedarfsermittlung – Dialog auf Augenhöhe. Das Instrument der Bedarfsermittlung Bei_BW. In: Sozialministerium Baden-Württemberg (11.10.2024).
Stand: November 2024
Materialien zum Download
Ausführungsgesetz
Das Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes finden Sie hier:
Materialien zum Download
Landesrahmenvertrag für Baden-Württemberg nach § 131 Abs. 1 SGB IX
Den Landesrahmenvertrag für Baden-Württemberg finden Sie hier: