4.4.2 Welche Auswirkungen hat die Behinderung auf die Teilhabe? (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX)
Die Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs hat – unabhängig von der Zuständigkeit oder Leistungsverpflichtung oder einer beantragten Leistungsform – umfassend (§ 19 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) festzustellen, welche Auswirkungen die Behinderung auf die Teilhabe der Leistungsberechtigten hat.
Die Funktionsfähigkeit der in Kapitel 4 des Teils 1 des SGB IX geregelten Koordinierung der Leistungen, insbesondere die Leistungsverantwortung bei Mehrheit von Leistungen (§ 15 SGB IX) hängt von der über die Leistungsverpflichtung des jeweiligen Trägers hinausgehenden umfassenden Ermittlung des Leistungsbedarfs ab.
Die Auswirkungen auf die Teilhabe definieren sich über die Beeinträchtigung der Teilhabe und hier insbesondere über die Beeinträchtigung der Aktivitäten, die ein behinderter Mensch haben kann und wahrnehmen will. § 118 Abs. 1 Satz 3 SGB IX fordert deshalb für die Eingliederungshilfe ausdrücklich die vollständige Beschreibung der nicht nur vorübergehenden Beeinträchtigungen der Aktivitäten und Teilhabe in den dort genannten Lebensbereichen, die den Domänen der ICF entsprechen.
Die analysierten Hilfeplanverfahren fokussieren entweder auf den Bedarf für eine bestimmte Leistungsform (Wohn- oder Lebensform) oder beschränken sich auf bestimmte Aktivitäten. Sie entsprechen nur in Teilen, dazu noch unterschiedlich den Anforderungen des § 13 Abs. 2 SGB IX und der ICF. Bei einem Instrument stimmen die Inhalte der Lebensgestaltung nicht mit den Lebensbereichen/Domänen nach § 118 SGB IX überein. In einem anderen werden die tatsächlichen Beeinträchtigungen der Aktivitäten nicht konkretisiert. In einem Dritten sind als Beschreibung der derzeitigen Lebenssituation, Problemlagen, Fähigkeiten und Ressourcen Ansätze im Sinne der gesetzlichen Anforderungen enthalten, jedoch nicht systematisch und vollständig. Letztlich ist bei einem Instrument eine leistungsbezogene freie Beschreibung möglich.
Demgegenüber enthält die ICF-Checkliste im Teil 2 eine Liste der Beeinträchtigungen in der Aktivität oder der Teilhabe sowie Beurteilungsmerkmale für das Ausmaß der Beeinträchtigungen, die mit den in § 118 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 9 SGB IX genannten Lebensbereichen übereinstimmen:
Beeinträchtigung (u. a.) von
- Lernen und Wissensanwendung (6 Items)
- allgemeine Aufgaben und Anforderungen (2 Items)
- Kommunikation (5 Items)
- Mobilität (6 Items)
- Selbstversorgung (7 Items)
- Haushalt (4 Items)
- interpersonelle Interaktionen und Beziehungen (7 Items)
- bedeutende Lebensbereiche (6 Items)
- Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben (5 Items).
Die Beurteilungsmerkmale für das Ausmaß der Beeinträchtigungen gewichten nach
- keine Beeinträchtigung
- leichte Beeinträchtigung
- mäßige Beeinträchtigung
- erhebliche Beeinträchtigung
- vollständige Beeinträchtigung.
Die Parallele zur Schweregradbestimmung der Pflegebedürftigkeit in § 15 SGB XI, die erkennbar auch aus der ICF abgeleitet ist, wird deutlich.
Nach § 121 Abs. 4 Nr. 3 SGB IX muss der Gesamtplan der Eingliederungshilfe u. a. Feststellungen über die verfügbaren und aktivierbaren Selbsthilferessourcen des Leistungsberechtigten enthalten. § 19 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX bezieht sich für den Teilhabeplan auf § 13 SGB IX, wobei bei ICF-orientierter Anwendung des Absatz 2 Nr. 2 SGB IX hinsichtlich der Auswirkungen auf die Aktivitäten und Teilhabe die verfügbaren und aktivierbaren Selbsthilferessourcen ebenso sichtbar und dokumentiert werden.