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Auszüge aus dem BTHG und der Gesetzesbegründung

Auszüge aus dem BTHG und der Gesetzesbegründung

Gesetzesbegründung Besonderer Teil

Zu § 2 (Begriffsbestimmungen)

Absatz 1 Satz 1 definiert den Begriff der Behinderung für das SGB IX neu. Ob bei Vorliegen einer Behinderung auch die für den Rehabilitationsträger jeweils geltenden Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind, richtet sich gemäß § 7 unverändert nach den für den Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen.

Die Neufassung des Behinderungsbegriffs entspricht dem Verständnis der UN-BRK. Menschen mit Behinderungen haben langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Nach dem Wechselwirkungsansatz manifestiert sich die Behinderung erst durch gestörte oder nicht entwickelte Interaktion zwischen dem Individuum und seiner materiellen und sozialen Umwelt. Dabei stoßen Menschen mit Behinderungen nicht nur auf bauliche und technische Barrieren sondern auch auf kommunikative Barrieren und andere Vorurteile. Zu den einstellungsbedingten Barrieren gehören vor allem Vorurteile oder Ängste, die Menschen mit Behinderungen beeinträchtigen. Zu den umweltbedingten Barrieren gehören vor allem bauliche Barrieren wie ein barrierefreier Zugang zum öffentlichen Personennahverkehr und zu öffentlichen und privaten Gebäuden. Z. B. werden Menschen mit Lernschwierigkeiten wegen des mangelnden Gebrauchs leichter Sprache im Alltag an der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gehindert. Die UN-BRK stützt ihr Verständnis von Behinderung wesentlich auf die ICF der WHO. Die ICF definiert in ihrem bio-psycho-sozialen Modell Behinderung ebenfalls als Ergebnis der Wechselwirkung zwischen Gesundheitsproblem und den personen- und umweltbezogenen Kontextfaktoren. Der bisherige Wortlaut des § 2 SGB IX kann zwar im Sinne der UN-BRK ausgelegt werden. Zur Rechtsklarheit wird der Behinderungsbegriff durch die Inbezugnahme der Wechselwirkung zwischen der Beeinträchtigung und den Umweltfaktoren deklaratorisch an die UN-BRK angepasst.

Der Hinweis auf die Sinnesbeeinträchtigung führt nicht zu einer Ausweitung des Behinderungsbegriffs, denn er ist dem Wortlaut der UN-BRK nachgebildet und wurde bereits bisher nach geltendem Recht unter die körperliche Funktion subsumiert. Die Änderung dient der Rechtsklarheit. Sie soll das Bewusstsein für das Verständnis von Behinderung im Sinne der UN-BRK weiter schärfen und die Rechtsanwendung in der Praxis unterstützen.“ (BT-Drs. 18/9522, S. 227, Hervorhebung im Original)

§ 4 SGB IX-neu Leistungen zur Teilhabe

(1)Die Leistungen zur Teilhabe umfassen die notwendigen Sozialleistungen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung

1. die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu     mildern,

2. Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug anderer Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern,

3. die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten dauerhaft zu sichern oder

4. die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern.

(2) Die Leistungen zur Teilhabe werden zur Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele nach Maßgabe dieses Buches und der für die zuständigen Leistungsträger geltenden besonderen Vorschriften neben anderen Sozialleistungen erbracht. Die Leistungsträger erbringen die Leistungen im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften nach Lage des Einzelfalles so vollständig, umfassend und in gleicher Qualität, dass Leistungen eines anderen Trägers möglichst nicht erforderlich werden.

(3) Leistungen für Kinder mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Kinder werden so geplant und gestaltet, dass nach Möglichkeit Kinder nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit Kindern ohne Behinderungen betreut werden können. Dabei werden Kinder mit Behinderungen alters- und entwicklungsentsprechend an der Planung und Ausgestaltung der einzelnen Hilfen beteiligt und ihre Sorgeberechtigten intensiv in Planung und Gestaltung der Hilfen einbezogen.

(4) Leistungen für Mütter und Väter mit Behinderungen werden gewährt, um diese bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder zu unterstützen.

§ 8 SGB IX-neu Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten

(1) Bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe wird berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. Dabei wird auch auf die persönliche Lebenssituation, das Alter, das Geschlecht, die Familie sowie die religiösen und weltanschaulichen Bedürfnisse der Leistungsberechtigten Rücksicht genommen; im Übrigen gilt § 33 des Ersten Buches. Den besonderen Bedürfnissen von Müttern und Vätern mit Behinderungen bei der Erfüllung ihres Erziehungsauftrages sowie den besonderen Bedürfnissen von Kindern mit Behinderungen wird Rechnung getragen.

(2) Sachleistungen zur Teilhabe, die nicht in Rehabilitationseinrichtungen auszuführen sind, können auf Antrag der Leistungsberechtigten als Geldleistungen erbracht werden, wenn die Leistungen hierdurch voraussichtlich bei gleicher Wirksamkeit wirtschaftlich zumindest gleichwertig ausgeführt werden können. Für die Beurteilung der Wirksamkeit stellen die Leistungsberechtigten dem Rehabilitationsträger geeignete Unterlagen zur Verfügung. Der Rehabilitationsträger begründet durch Bescheid, wenn er den Wünschen des Leistungsberechtigten nach den Absätzen 1 und 2 nicht entspricht.

(3) Leistungen, Dienste und Einrichtungen lassen den Leistungsberechtigten möglichst viel Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Lebensumstände und fördern ihre Selbstbestimmung.

(4) Die Leistungen zur Teilhabe bedürfen der Zustimmung der Leistungsberechtigten.

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