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BTHG-Kompass 4.2

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Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.2

Minderjährige Leistungsberechtigte und Haushaltszugehörigkeit

Bei minderjährigen Leistungsberechtigten ist die Forderung eines Kostenbeitrags aus dem Einkommen gemäß § 136 Abs. 1 SGB IX u.a. davon abhängig, ob die minderjährigen Leistungsberechtigten mit ihren Eltern in einem gemeinsamen Haushalt leben. § 136 SGB IX definiert die Haushaltszugehörigkeit nicht.

Nach welchen Kriterien oder in analoger Anwendung welcher Gesetze sollte geprüft werden, ob minderjährige Leistungsberechtigte und ihre Eltern in einem gemeinsamen Haushalt leben?



Antwort:

Minderjährige Leistungsberechtigte und Haushaltszugehörigkeit

Als gemeinsamer Haushalt gilt eine örtliche gebundene und auf Dauer angelegte Wirtschaftsgemeinschaft (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 1983 – 3 RK 66/81 –, SozR 2200 § 199 Nr 3). Da die Art des Zusammenlebens von maßgeblicher Bedeutung ist, entscheiden für die Definition eines gemeinsamen Haushalts grundsätzlich die Umstände des Einzelfalls. Das Gesetz bietet nur Vermutungsregelungen (z.B. in § 9 Abs. 5 SGB II und in § 39 SGB XII), wann eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt. Die tatsächlichen Umstände können nur durch eine einzelfallorientierte Verwaltungspraxis erfasst werden.

In der Regel hat ein minderjähriges Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 30 SGB I bei dem Elternteil, der das Personensorgerecht ausübt und bei dem es sich tatsächlich aufhält (vgl. BVerwG 15.5.1986 – 5 C 68/84 – = BVerwGE 74, 206 = NJW-RR 1987, 581). Folglich wird eine Haushaltsgemeinschaft nicht dadurch beendet, dass sich die minderjährige Person für eine begrenzte Zeit an einem anderen Ort aufhält (bspw. Auslandssemester, Au-Pair-Aufenthalt, stationäre Kurzzeitpflege). Auch bei einer vorübergehenden räumlichen Trennung kann die häusliche Gemeinschaft fortbestehen (vgl. § 62 Abs. 2 SGB V). Anders wäre es, wenn der tatsächliche Aufenthalt außerhalb des Elternhaushaltes nicht nur vorübergehend ist. Hier kommt es auf die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls an, ob von einem gemeinsamen Haushalt auszugehen ist.

Grundsicherungsleistung und Unterhaltsansprüche

Wir haben immer wieder das Problem, dass Menschen mit psychischer Behinderung, die volljährig sind und aufgrund psychischer Behinderung nicht erwerbsfähig, keine Grundsicherung bzw. Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten.
Psychisch Beeinträchtigte gerade, wenn sie jünger sind, haben i. d. R.  keine unbefristete Erwerbsminderung bzw. unfähigkeit. Bis zum 25. Lebensjahr sind dann die Eltern noch zuständig. Und erst danach können diese Menschen Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten. Wir konnten nichts finden, was einen Hinweis gegeben hätte, dass sich mit dem BTHG etwas daran geändert hat. Trifft das zu?



Antwort:

Gesetzlcher Forderungsübergang von Unterhaltsansprüchen bei Bezug von Grundsicherungsleistungen

Zivilrechtliche Unterhaltsansprüche gegenüber den Eltern werden beim Bezug von Grundsicherungsleistungen mittels gesetzlichem Forderungsübergang auf den Grundsicherungsträger übertragen und zwar sowohl bei Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII (§ 94 SGB XII) als auch nach dem SGB II (§ 33 SGB II).

Grundsicherungsleistungen für nicht dauerhaft erwerbsgeminderte Menschen richten sich nach dem SGB II. 

In § 33 Abs. 2 SGB II sind Ausnahmen von dem Forderungsübergang geregelt. Eine Ausnahme gilt nach § 33 Abs. 2 Ziffer 2 SGB II für den Fall, dass die unterhaltsberechtigte Person mit der oder dem Verpflichteten verwandt ist und den Unterhaltsanspruch nicht geltend macht. Von dieser Ausnahme werden wiederum zwei Ausnahmen gemacht. So soll der gesetzliche Forderungsübergang in der vorgenannten Konstellation doch gelten für Unterhaltsansprüche minderjähriger Leistungsberechtigter und für Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet und die Erstausbildung noch nicht abgeschlossen haben.

Eine in § 94 SGB XII aufgenommene Regelung, dass Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Eltern erst ab einem  jährliches Gesamteinkommen von mehr als 100 000 Euro zu berücksichtigen sind, ist im § 33 SGB II nicht enthalten. Eine Änderung des § 33 SGB II durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist nicht erfolgt.

Behindertentestament und Einkünfte aus Vermietung

Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe ist gemäß § 92 SGB IX ein Beitrag aufzubringen. Für die Ermittlung dieses Beitrags sind nach § 135 SGB IX die Summe der Einkünfte des Vorvorjahres nach § 2 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes maßgeblich.

Einkünfte nach EStG können u. a. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sein. Wie ist damit umzugehen, wenn diese Einnahmen aus Verpachtung durch ein Behindertentestament geschützt sind. Gemeint ist damit, dass im Testament Grundvermögen vererbt wurde, die Pachteinnahmen aus diesem Grundstück als Früchte zweckbestimmt für den Menschen mit Behinderung einzusetzen sind und vom Zugriff durch den Träger der Eingliederungshilfe ausgenommen sind.

Zeitgleich werden die Pachteinnahmen jedoch versteuert.

Sind die Einkünfte in die Beitragsermittlung einzubeziehen oder wiegt die Regelung des Testaments höher?



Antwort:

Zur „Summe der Einkünfte“ nach dem Einkommensteuergesetz gehören auch „Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung“. Die Einkünfte sind dabei der Saldo aus den Einnahmen (Mieteinnahmen für Wohnungen etc.) nach Abzug der Werbungskosten (bspw. Absetzung für Abnutzung, Schuldzinsen, Erhaltungsaufwendungen). Lediglich dieser Saldo wird versteuert und ist im Rahmen von § 135 Abs. 1 SGB IX relevant.

Steuerrechtlich können auch Einkünfte aus Vermietung erzielt werden, wenn man nicht Eigentümer einer vermieteten Immobilie ist, sondern durch ein Testament ein Nießbrauchvermächtnis erlangt hat. Falls für die leistungsberechtigte Person ein Nießbrauch auf eine vermietete Immobilie bestellt ist, fallen auch diese Einkünfte unter § 135 Abs. 1 SGB IX. Da die leistungsberechtigte Person nicht Eigentümer ist, gehört die Immobilie nicht zum Vermögen nach § 139 SGB IX.

Das Wort „Behindertentestament“ findet sich nicht im Erbrecht des BGB. Der Begriff hat sich vielmehr in der juristischen Fachliteratur und in der Rechtsprechung entwickelt (bspw. BGH, Beschluss vom 24.07.2019, XII ZB 560/18). Allgemein wird als Behindertentestament eine Verfügung von Todes wegen bezeichnet, die insbesondere von Eltern eines Kindes mit Behinderungen verfasst wird und Sonderregeln für das Kind mit Behinderungen enthält. In der Praxis kann es um ziemlich komplizierte erbrechtliche Konstruktionen gehen. Häufig ist das Ziel, das Kind mit Behinderungen zu begünstigen und gleichzeitig das Vermögen zu erhalten (bspw. kombinierte Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft sowie einer Dauertestamentsvollstreckung oder bspw. ein Nießbrauchvermächtnis). Ob dabei nicht nur das Vermögen, sondern auch noch das Einkommen geschützt ist, wird von den konkreten Sonderregelungen im Einzelfall abhängen. Grundsätzlich sind nach § 135 Abs. 1 SGB IX alle dort genannten Einkünfte maßgeblich, die der leistungsberechtigten Person zuzurechnen sind. Durch die Einkommensgrenzen nach § 136 SGB IX ist bereits ein höherer Teil des Einkommens geschützt. Die Einkommensgrenzen unterliegen automatisch einer Dynamisierung und erhöhen sich jedes Jahr.

Heranziehung der Einkünfte hängt vom Einzelfall ab

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