Die Podiumsteilnehmerinnen und
-teilnehmer stimmten darin überein, dass der Zeitplan zur Umsetzung des BTHG sehr ambitioniert sei. Durch die individuellen Strukturen der Bundesländer, ließen sich manche Teile der Reform nicht gleich schnell umsetzen. Das zeige sich laut Matthias Münning unter anderem daran, dass bisher viele Bundesländer noch keine Landesrahmenverträge ausgearbeitet und veröffentlicht hätten.
Aus Sicht der Kommunen stelle insbesondere die Anwendung der ICF und die Bedarfsermittlung die öffentliche Verwaltung vor eine große personelle Herausforderung. Für die Arbeit müsse qualifiziertes Personal eingestellt und geschult werden. Dabei wechsele vor allem qualifiziertes Personal von den Leistungserbringern in die Verwaltung. Stefanie Drese merkte an, dass dies wiederum auf Landesebene die Befürchtung eines sogennanten "Brain-Drains" hervorrufe. Andere Podiumsteilnehmenden sahen den Wechsel wiederum als positiv an. So könnten alte Denkmuster in der Arbeit der Verwaltung aufgebrochen werden.
Neben den personellen Anpassungen, bedürfe es auch einer Bewusstseinsänderung, waren sich die Diskutanten einig. Systeme, die über Jahrzehnte nach demselben Muster funktionierten, müssten sich nun grundlegend verändern, erläuterte Brigitte Döcker. Schnelle Veränderungen, wie das BTHG, stießen zunächst auf Resistenz und Kritik. Bis Handeln und Denken in den Systemen umgesetzt seien, bedürfe es eines langen Zeitraums. Denn individuelle Versorgung stelle einen großen Kraftakt dar, welcher einer enormen Bewusstseinsänderung bedürfe. Horst Frehe stellte dem gegenüber, dass eine Änderung des Bewusstseins nur durch eine Änderung des Rechts hervorgerufen werde. Dr. Rolf Schmachtenberg hingegen sah die Beziehung Recht und Bewusstseinsbildung dialektisch. Historisch gesehen hätten Bewusstseinsänderungen stets zu Änderungen des Rechts geführt.
Das Budget für Arbeit wurde von allen Teilnehmenden als positiv bewertet. Frau Döcker merkt jedoch an, dass in den Werkstätten häufig nicht genug Personal vorhanden sei, um geeignete Arbeitgeber für potentielle Kandidaten zu finden. Das Personal sei oftmals anderweitig ausgelastet. Darüber hinaus müssten, so Frau Drese, bei Unternehmen noch „dicke Bretter gebohrt werden“, um eine Bewusstseinsänderung hervorzurufen. Aus kommunaler Sicht wären zusätzliche finanzielle Mittel hilfreich, um allen interessierten Kandidaten das Budget für Arbeit emöglichen zu können. Herr Frehe merkte zudem kritisch an, dass 75 Prozent des Bruttolohns, aber vor allem nur 40 Prozent der Bezugsgröße als oberste Förderung nicht ausreiche.
Herr Schmachtenberg berichtete, dass es das Ziel sei, den § 43 a SGB XI entweder in einem Zug oder stufenweise in vier Schritten abzuschaffen. Es stehe eine breite gesamtgesellschaftliche Diskussion über die zukünftige Finanzierung der Pflege an. In diesem Zusammenhang würden, laut Frau Drese, neue Ideen zur Pflegefinanzierung Ende November in der ASMK-Sitzung besprochen. Die derzeitige Finanzierung der Pflege gerate an ihre Grenzen. In einer ehrlichen Diskussion um den Wandel in der Pflege müsse das Thema "Geld" angesprochen werden.