§ 14 SGB IX und die rechtswidrige Weiterleitung
Der § 14 SGB IX wurde sogleich auch Gegenstand der an den Vortrag anschließenden Diskussion. Ein Mitarbeiter eines Sozialamtes fragte, ob ein „zweitangegangener“ Rehabilitationsträger, also einer, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, nachdem der „erstangegangene“ Rehabilitationsträger sich für insgesamt unzuständig gehalten hat, eine Möglichkeit hat, den Antrag wieder zurück zu geben, wenn er meint, dass der weiterleitende Träger bei seiner Entscheidung nicht rechtmäßig gehandelt hat.
§ 14 SGB IX und die rechtswidrige Weiterleitung
Seiner Ansicht nach nicht, antwortete Herr Eicher, er würde aber insoweit nur für sich selbst sprechen und keinesfalls für seine derzeit tätigen Kollegen.
Für ihn sei dabei folgender Gesichtspunkt von ausschlaggebender Bedeutung: Man darf die Frage, ob ein Träger allein zuständig ist, nicht nach vorne verlagern auf die Frage, ob ein anderer Träger zuständig wird. Die Formulierung des Gesetzes dazu war schon immer unsauber und sie ist jetzt so wieder übernommen worden. Immer dann, wenn schon im Rahmen der Frage, ob eine neue Zuständigkeit entsteht, geklärt werden müsse, wer zuständig ist, brauche man die Klärung der neuen Zuständigkeit von der Logik her nicht. Man müsse wie bisher formal herangehen: ´Hat der erstangegangene Träger weitergeleitet oder nicht?
Im Grunde ist es dabei völlig unerheblich, ob er sich teilweise für zuständig gehalten hat oder teilweise zuständig war. Allerdings hätten wir jetzt eine Erstattungsregelung, die auf Verschuldens- und Zurechnungselemente abstelle. Früher sei das anders gewesen. Wer jetzt nicht weiterleite, obwohl er hätte weiterleiten müssen, bekomme auch keine Kostenerstattung mehr. Damit werde für die Praxis ein Anreiz geschaffen, die Sache möglichst schnell weiterzuleiten.
Das BMAS erläutert den Hintergrund der Rechtsänderungen
Marc Nellen, dessen Referat beim BMAS die Regelungen zur Zuständigkeit und zum Teilhabeplan entwickelt hat, erläuterte zum Hintergrund der Vorschriften, dass sie gerade im Hinblick auf die negativen Praxiserfahrungen mit dem § 14 SGB IX dazu dienen sollen, das Verfahren gängiger und flüssiger zu machen. Den Betroffenen solle nunmehr, aufbauend auf dem bestehenden System, wirklich zu einer Leistungserbringung „wie aus einer Hand“ verholfen werden.
Mit der Möglichkeit der Weiterleitung an einen Dritten seien vor allem diejenigen Konstellationen gemeint, bei denen die Weiterleitung an den zweiten Rehabilitationsträger offensichtlich unsinnig war und sich alle Beteiligten darüber auch einig sind. An den Fristen ändere sich dadurch nichts. Auch hier verspreche man sich seitens des Gesetzgebers für die Betroffenen bessere und schnellere Verfahren.
Nach Klärung der Zuständigkeit und Bedarfsfeststellung bzw. Teilhabeplanverfahren sähen die Neuregelungen vor, dass der Verwaltungsakt vom leistenden Rehabilitationsträger als Gesamtverwaltungsakt über alle Teilhabeleistungen ergehen könne. Dies sei aber nicht zwingend. In der Mehrzahl der Fallkonstellationen mit klar abgrenzbaren Bedarfen sei auch ein Verwaltungsakt-Splitting möglich. Oftmals habe der einzelne Rehaträger gar nicht die Kenntnisse über das Leistungsspektrum eines anderen Rehaträgers, um ohne weiteres und zeitnah diesen Gesamtverwaltungsakt erlassen zu können. Auch hierbei ging es dem Gesetzgeber also um Verfahrensbeschleunigung und Verfahrensverbesserung.
Ein dritter Aspekt sind die Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander. Auch dort ist es oft zu Verzögerungen gekommen. Jetzt müsse der Leistungsträger, der um eine Stellungnahme gebeten wird, diese zwingend innerhalb von vierzehn Tagen abgeben. Andernfalls entscheide der zuständige Träger – und dieser habe sofort und unmittelbar einen Erstattungsanspruch, ergänzt um eine Verwaltungskostenpauschale. Die Hoffnung sei auch hier, hinzugezogene Träger möglichst rasch und reibungslos in die Verfahren einzubinden.
Der Gesetzgeber habe aufbauend auf der alten Rechtssystematik das Gesetz ergänzt und nachjustiert. Das BMAS werde sich jetzt in der Praxis anschauen, ob diese Änderungen wirksam sind. Der Teilhabeverfahrensbericht als Evaluationsinstrument und die verschiedenen Projekte zur Umsetzungsbegleitung dienen dazu, das herauszufinden. Wenn sich dabei herausstellt, dass die gewünschten Wirkungen nicht eintreten oder, wie von Herrn Eicher befürchtet, weiterhin große Probleme bestehen, müsse der Gesetzgeber nachsteuern.