Reha aus einer Hand? - Wenn auch die Kräfte fehlen, so ist doch der Wille zu loben"
Ja, meine Damen und Herren – wie soll ich anfangen? Ich wage mich heute an ein Thema heran, ja ich sage bewusst „ich wage“, das juristisch hochkomplex ist und gestern im Grunde nur schlaglichtartig mit der Formulierung „Rehabilitation wie aus einer Hand“ angesprochen worden ist. Nachdem Herr Schmachtenberg gestern Saarbrücken Frankreich zugeschlagen hat – ich bin Saarbrücker -, möchte ich hierauf eine kurze Anmerkung in französischer Sprache machen: „Honi soit qui mal y pense“ („Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“, Anm. der Redaktion). Vielleicht hat es seine Bedeutung, dass man dieses Thema gestern immer nur angedeutet hat, weil es meines Erachtens so kompliziert ist, dass es Nichtjuristen kaum verständlich zu machen ist. Deshalb sehen Sie mir nach, wenn Sie mich unter Umständen an bestimmten Stellen nicht verstehen. Ich versuche, das Thema jedenfalls so zu formulieren, dass es auch Nichtjuristen verständlich wird. Das ist allerdings sehr schwer.
Wenn Sie sich die Überschrift meines Vortrags anschauen, werden Sie vielleicht konstatieren: Das ist wohl provokativ oder provokant gemeint, wenn und weil ich das „wie“ weglasse. Das ist mir auch schon an anderer Stelle vorgehalten worden. Ich habe außerdem am Ende des Titels ein Ovidsches Zitat - ein bekannter lateinischer Hexameter - angefügt, um deutlich zu machen, worum es hier geht. Es geht im Grunde um ein zentrales Anliegen des Bundesteilhabegesetzes, das aber fast totgeschwiegen wird in der allgemeinen Diskussion. Dabei wird gebetsmühlenartig immer wieder von einer trägerübergreifenden Koordination gesprochen, die sinnvoll und notwendig sei und im Rahmen Zuständigkeitsklärung möglichst zu einem einzigen Leistungsträger führen soll. Ein einziger Reha-Träger soll also möglichst tätig werden.
Einheit der Leistung bei einer Vielzahl von Trägern
Wir wollen uns im Einzelnen anschauen, wie das vor dem faktischen und rechtlichen Hintergrund, dass der Gesetzgeber seit Jahrzehnten mit einer ungeheuren Trägervielfalt im Rehabilitationsrecht zu kämpfen hat und bei der Schaffung des SGB IX bereits eine einheitliche Rehabilitation mit einem einzigen Reha-Träger angestrebt hat, aber kläglich gescheitert ist. Mit dem Bundesteilhabegesetz hat man es ebenso wenig geschafft. Im Gegenteil: Selbst die - gewissermaßen im Wege eines Rehabilitationsaktes - aus der Sozialhilfe ins SGB IX ausgegliederte Eingliederungshilfe ist wieder verbunden mit einer Vielzahl von Trägern. Nicht einmal bei der Eingliederungshilfe selbst hat man also eine einzige Trägerschaft verwirklichen können. Es bleibt bei dem faktischen und rechtlichen Hintergrund der ungeheuren Vielfalt der Trägerschaft, so dass der Versuch eines koordinierenden trägerübergreifenden Reha-Verfahrens fast schon der berühmten Quadratur des Kreises gleicht.
Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber schon mit den §§ 14 und 15 SGB IX in der ursprünglichen Fassung - sie gelten jetzt noch - Regelungen eingeführt hat, die in der Praxis über Jahre hinweg von den Behörden und den Gerichten bewusst übersehen worden sind; man wollte sie einfach nicht anwenden, weil sie zu kompliziert seien. Ich wage die Behauptung - oder sagen wir „ich befürchte“ -, dass mit der Neuregelung die Bereitschaft der Behörden und Gerichte nicht größer sein wird, die Normen korrekt anzuwenden.
Der Blick auf das "alte" Recht
Schauen wir uns das im Einzelnen an! Dabei kann man sich ein Bild über die Bedeutung der Neuregelungen des trägerübergreifenden Rehabilitationsverfahrens nur dann machen und eine valide Urteilsgrundlage schaffen, wenn man das alte, also das bis 31.12.2017 geltende, Recht kennt und dieses mit der Neuregelung vergleicht.
Wie also sah es mit der trägerübergreifenden Zusammenarbeit im Rehabilitationsverfahren insgesamt aus? Ich will jetzt nicht nur auf § 14 SGB IX eingehen, also auf die Zuständigkeitsfragen, sondern generell auf die Normen, die ein trägerübergreifendes Verfahren voraussetzen. Wir haben hier die Servicestellen, die allerdings bis Ende 2018 geschlossen werden sollen, trägerübergreifende Gemeinsame Servicestellen, die beratend und unterstützend tätig sein sollen, sich in der Praxis offenbar jedoch nicht bewährt haben. Ich kann das nicht nachprüfen, aber dies ist jedenfalls als Grund genannt worden. Ob die externe Beratung, die gestern angesprochen worden ist, einen gewissen Ausgleich schafft, lassen wir mal dahinstehen. Bis Ende des Jahres 2017 finden sich außerdem Vorschriften zum trägerübergreifenden Budget, die ab 2018 an anderer Stelle ohne große Änderungen fortgeführt werden. Das Budget ist allerdings in Rechtsprechung und Wissenschaft noch völlig ungeklärt. Es gibt zwei Entscheidungen des BSG dazu; diese beantworten nur marginale Fragen, ohne dass die Grundstruktur des Persönlichen Budgets überhaupt diskutiert wird.
Kommen wir zu Wesentlicherem –dies macht dieses Persönliche Budget in besonderer Weise problematisch: die besondere Regelung des § 14 SGB IX, also der über die Zuständigkeiten im Rehabilitationsverfahren. Dazu eine vereinfachende Darstellung! Der Gesetzgeber hatte bzw. hat jedenfalls vor Augen, dass man ein möglichst schnelles Verfahren zur Klärung der Zuständigkeit im komplexen Rehabilitationsträgersystem schafft, das nicht zu Lasten des behinderten Menschen gehen darf. Es soll trotz unterschiedlicher Rechtsgrundlagen möglichst nur ein Leistungsträger handeln – das ist mit dem „Wie-aus-einer-Hand“ gemeint. Ich kann von einer solchen Leistung nur reden, wenn ein einziger Leistungsträger gegenüber dem Leistungsberechtigten agiert. Bei mehreren Akteuren kann das niemals der Fall sein. Ziel des § 14 SGB IX war immer eine Leistung möglichst aus einer Hand.
Die Lösungen des Bundessozialgerichts: Verfahren möglichst einfach und möglichst praktikabel gestalten
Der Gesetzgeber hat allerdings § 14 nur unvollkommen und teilweise missverständlich formuliert, sodass es war Aufgabe des BSG wurde, § 14 SGB IX praktikabel anwendbar zu machen. Ich meine, das BSG hat das in einer einfachen, griffigen Form geschafft. Ich will sie Ihnen auch einfach und griffig darstellen:
- Frage. Wenn ein Antrag bei einem der Leistungsträger eingeht, hat dieser zu prüfen: „Ist das ein Reha-Antrag“? Dies bestimmt sich nicht danach, ob der Antragsteller etwas als Reha-Antrag bezeichnet, sondern entsprechend dem „Meistbegünstigungsprinzip“ danach, was er in der Sache will, unabhängig davon, wie er es formuliert. Er muss nicht wissen, dass die Leistung, die er haben möchte, eine Reha-Leistung ist, sondern er will etwas haben, und das ist als Reha-Antrag zu verstehen, falls ein vernünftiger Antragsteller das auch als Reha-Antrag verstehen würde, wenn er wüsste, was eine Reha-Leistung ist. Das sind hypothetische Fragen, die beantwortet werden müssen.
- Frage. Handelt es sich bei dem Angegangenen überhaupt um einen Reha-Träger?
Nur wenn diese beiden Voraussetzungen vorliegen, sind wir bei § 14 SGB IX. Der angegangene Reha-Träger hat sodann binnen 14 Tagen zu prüfen, ob er für die Leistung zuständig ist. Einfache Lösung des BSG: Wenn er den Antrag binnen 14 Tagen nicht weiterleitet, ist bzw. wird er für alle denkbaren Reha-Leistungen zuständig. Er hat dann alle Leistungen zu erbringen, gleichgültig ob er eigentlich zuständig wäre. Dabei gibt es allerdings zwei Varianten der Weiterleitung. Man kann in vollem Umfang weiterleiten, oder man kann teilweise weiterleiten, wenn man nur für einen Teil der Reha-Leistung zuständig ist. Leitet der Reha-Träger überhaupt nicht weiter, ist er insgesamt zuständig.
Weitere einfache Lösung: Leitet er insgesamt weiter, ist der „Zweitangegangene“ für alles zuständig. Dieser kann nicht erneut weiterleiten; er ist und bleibt zuständig. Er erbringt auch keine vorläufige Leistung, sondern wird endgültig zuständig.
Dritte Variante – dies ist im bisherigen Recht der einzige Fall der pluralen Trägerschaft: Der Reha-Träger gibt den Antrag teilweise weiter, weil er der Meinung ist, nur für Teile sei ein anderer Träger zuständig, und behält den Teil, für den er sich für zuständig hält. In diesem Fall ergibt sich eine plurale Trägerschaft. Aber es ist immer nur eine einzige Weiterleitung möglich – mehr nicht. Gleichwohl hat das Bundessozialgericht immer betont – gerade dies hat den Rehabilitationsträgern Schwierigkeiten bereitet -, dass der eigentlich Zuständige aus der Verantwortung nicht ganz entlassen wird. Nach Außen gibt es zwar nur einen Träger, der die Leistung zu erbringen hat; aber intern muss er sich abstimmen mit den anderen möglichen zuständigen Rehabilitationsträgern.
Auswirkungen auf die Leistungsträger in der Praxis
Hier sind wir nun an dem Punkt, an dem der Gesetzgeber gemeint hat , genauere Regeln schaffen zu müssen. Unter Hinweis darauf, dass die anderen Leistungsträger zu beteiligen sind, und zwar im Verwaltungsverfahren wie im Gerichtsverfahren – dort sind sie beizuladen – bedeutet das, dass die allgemeinen Amtsermittlungsregeln des § 20 SGB X gelten, wobei – erlauben Sie mir hier einen Exkurs, denn ich habe das hier gestern wiederholt gehört und kann es nicht einfach so stehenlassen – ein grundsätzlicher Wechsel stattgefunden haben soll von der einrichtungszentrierten Leistung zur personenzentrierten Leistung. Wir haben dagegen immer betont: Es gibt keine einrichtungszentrierte Leistung; die Leistung der Eingliederungshilfe war und ist schon immer personenzentriert. Wenn das in der Praxis anders gehandhabt worden ist, ist das kein grundsätzlicher Wechsel im Recht, sondern es wird der Praxis jetzt nur gesagt: Das habt ihr schon immer falsch gemacht. Schon bisher ist im Rahmen der allgemeinen Amtsermittlung der Gesamtbedarf zu ermitteln gewesen - mithilfe aller anderen Rehabilitationsträger. Dazu gab es allerdings im SGB IX nur allgemeine Handlungsanweisungen in den §§ 10 – 13. Wir haben hier auf der einen Seite die Interessen des Leistungsberechtigten im Blick zu halten, dem es im Grunde gleichgültig ist, wer die Leistung erbringt. Er will die Leistung haben, und zwar möglichst nicht von zwei oder drei Trägern; das macht die Sache kompliziert. Wenn wir uns die andere Seite ansehen, die der Kostentragung, ist die Interessenlage anders. Hier will natürlich der Rehabilitationsträger, der eigentlich nicht zuständig, aber zuständig geworden ist, ein das Geld, das er verauslagt hat, wiederbekommen von dem, der von seiner Leistungspflicht befreit worden ist, also von dem eigentlich Zuständigen. Auch insoweit war die Rechtsprechung des BSG einfach: Gleichgültig, über welche Norm, ob über §§ 104, 102 SGB X analog oder über 14 Abs. 4 SGB IX, werden demjenigen, der eine Leistung erbringen muss, für die er eigentlich nicht zuständig ist, diese Leistung erstattet, wenn und soweit sie rechtmäßig erbracht worden ist. Verschuldens- oder Zurechnungsgesichtspunkte spielen nach der bisherigen gesetzlichen Regelung keine Rolle, wobei ich nicht verhehlen will, dass auch hier immer wieder Versuche gestartet wurden - auch in der Kollegenschaft -, dieses Prinzip aufzuweichen. Glücklicherweise ist das bisher nicht geschehen. Mithilfe dieser Grundkonzeption sind alle bislang ungelösten Probleme lösbar.
Rechtzustand ab Januar 2018: "Lernendes System"
Was hat der Gesetzgeber nun aus diesem Rechtszustand für die Zeit ab 01.01.2018 gemacht?
Zunächst einmal werden die Servicestellen zum 31.12.2018 geschlossen. Ob das ein großer Verlust ist, kann ich nicht beurteilen; angeblich sind sie nicht angenommen worden. Die externen Beratungsstellen sind jedenfalls kein vollwertiger Ersatz dafür. Ich will nur darauf hinweisen, dass es in der Gesetzesbegründung heißt, es sei ein niedrigschwelliges Angebot und die Beratung finde im Vorfeld des Verwaltungsverfahrens statt; zu Widerspruchsverfahren und Klageverfahren kann man sich also nicht beraten lassen. Was das bedeutet und inwieweit Rechtsberatung stattfindet, ist noch völlig ungeklärt. Zudem treffen wir auf ein typisches Konstrukt der letzten Jahre insoweit, als man eine Förderung aufgrund von Richtlinien ins Gesetz aufgenommen hat. Die Sache wird zudem um so schwieriger, als der Leistungsberechtigte keinen unmittelbaren Anspruch gegen die Beratungsstelle hat; nur die Beratungsstellen selbst haben einen Förderungsanspruch. Dem Betroffenen kann theoretisch entgegengehalten werden: Nein, dich beraten wir nicht. Das Ganze läuft unter der Flagge „Erprobungsmodell“, eine hochproblematische Geschichte. Man kann natürlich als Gesetzgeber wie Herr Dr. Schmachtenberg erklären: „Das ist ein lernendes System.“ Ich habe so meine Schwierigkeiten, mit diesem „lernenden System“. Ich würde eher von einem „lehrenden System“ sprechen, oder wenn ich es ganz modern formuliere, von einem „interaktiven System“. Ein lernendes System entspricht jedenfalls nicht meiner Vorstellung von legislativer Tätigkeit. Der Gesetzgeber hat etwas vorab zu klären und muss sich klar darüber sein, was er für richtig hält, bevor macht er ein Gesetz verabschiedet. Ich kann dieses seit Jahren immer üblichere Verfahren des „trial-and-error“ noch akzeptieren, also: Ich führe etwas ein, von dessen Richtigkeit ich gegenwärtig überzeugt bin; wenn es aber nicht so klappt, wie ich es mir vorgestellt habe, dann korrigiere ich wieder. Das ist etwas anderes, als das, was jetzt mit dem „lernenden System“ propagiert wird. Das aber nur nebenbei!
Neue Formalien sind auch neue Fehlerquellen
Das Persönliche Budget wird es wie bisher geben. Die Probleme sind die gleichen geblieben, insbesondere die praktischen, die an uns immer herangetragen worden sind, die wir aber glücklicherweise nie lösen mussten. Der Betroffene bekommt einen bestimmten Betrag auf die Hand. Im Gesetz heißt es aber, dass der Gesamtbetrag nicht höher sein dürfe als die Summe der Einzelleistungen. Wozu brauche ich dann ein Budget? Nachträglich stellt man fest, dass es zu wenig ist, ist aber sechs Monate gebunden. Es ist völlig ungeklärt, was in diesen Fällen passiert.
Was hat der Gesetzgeber aus den Regeln des § 14 SGB IX oder der „trägerübergreifenden Koordination“ bzw. der Bedarfsermittlung gemacht? Er hat zunächst einmal die frühzeitige Prüfung des trägerübergreifenden Reha-Bedarfs betont (in den §§ 9 bis 11 SGB IX). Ob das von so großer Relevanz ist, weiß ich nicht. Dahinter steckt die Vorstellung, jeder Leistungsträger soll über seinen Tellerrand hinausschauen. Also wenn jemand einen allgemeinen Leistungsantrag stellt, muss der angegangene Leistungsträger auch dafür sorgen, dass gegebenenfalls ein Reha-Antrag bei einem Dritten gestellt wird. Beachte ich das Meistbegünstigungsprinzip des BSG, bin ich bei dem gleichen Ergebnis. Der Gesetzgeber hat zwingende Regelungen zur Bedarfsermittlung eingeführt, die ich mit Rücksicht auf die fortgeschrittene Zeit nicht im Einzelnen erläutern kann.
Jedenfalls haben wir ab 1.1.2018 ein formalisiertes Ermittlungsverfahren für die Bedarfe, mit der Gefahr von Verfahrensfehlern. Wir haben aber, was noch gravierender ist, eine Neuregelung der Zuständigkeitsklärung in dem Sinne, dass im Gesetz für den Zweitangegangen die Möglichkeitbesteht, an einen „Drittangegangenen“ weiterzuleiten. Wenn Sie sich erinnern: Altes Recht – einmal weiterleiten, dann ist Schluss. Jetzt darf an einen „Drittangegangenen“ abgegeben werden mit der Zustimmung dieses Drittangegangenen. Und jetzt kommt´s noch dicker: Wenn bereits eine Monoträgerschaft eingetreten ist, kann diese Monoträgerschaft im Rahmen des Teilhabeplanverfahrens wieder rückgängig gemacht werden, falls sich alle Leistungsträger einig sind - unter bestimmten Voraussetzungen, die an sich schon problematisch sind. Eine dieser Voraussetzungen ist, dass der Betroffene nicht aus wichtigem Grund widerspricht. Hier sind Prozesse vorprogrammiert.
Zudem findet sich im Gesetz eine Vielzahl von Fristen: Entscheidungsfristen, Vorlagefristen, Mitteilungsfristen. Wir haben ein förmliches Teilhabeplanverfahren, wenn mehrer auch auf Wunsch des Betroffenen auch in sonstigen Fällen. Und wir haben - jetzt wird’s noch komplizierter - zusätzlich ein Gesamtplanverfahren, wenn der leistende Rehabilitationsträger der Eingliederungshilfeträger ist, bis 31.12.2019 der Eingliederungshilfeträger des SGB XII, ab 1.1.2020 der des SGB IX. Ein ungemein kompliziertes Konstrukt mit einer Vielzahl von zwingenden Verfahrensvorschriften und einer Vielzahl von besonderen und innerhalb kürzester Zeit 24 verschiedene Varianten gefunden: Unterrichtung, Widerspruch, Begutachtung, Wunsch, Verlangen, Abstimmung, Zustimmung, Vorschlagsrecht, Anhörung, Information….Ich könnte das fortführen.
Auslegung im Interesse des Betroffenen
Ich überlasse es Ihnen, sich ein Urteil zu bilden, ob dies ein Verfahren ist, das für den Betroffenen transparent ist. Ich überlasse es Ihnen ebenso zu entscheiden, ob die Behörde hier nicht überfordert ist. Jedenfalls kann man eines sagen: Der Gesetzgeber das, was man koordinierend und trägerübergreifend regeln kann und Transparenz nennt, ausgereizt. Gleichwohl: Die Regelungen sind da und müssen angewandt werden. Sie müssen so angewandt werden, dass sie möglichst - vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention oder des § 2 Abs. 2 SGB I, wonach Vorschriften so auszulegen sind, dass Rechte möglichst umfassend gewährleistet werden – praktikabel werden . Man muss auch die Verfahrensrechte entsprechend auslegen, und zwar immer mit dem Focus: Der betroffene behinderte Mensch ist das zu schützende Objekt, nicht die Behörde. Die Behörde dient dem behinderten Menschen. Die Auslegung muss sich deshalb immer an den Interessen des Betroffenen ausrichten, nicht an denen der Behörde. Damit möchte ich an dieser Stelleschließen, weil wir noch Zeit haben wollen für eine kurze Diskussion. Also bitte nicht nur eine Fragerunde! Ich diskutiere lieber als ich Fragen beantworte.
Zum Nachhören