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Ergebnisse der Repräsentativbefragung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

4. Juli 2022

Ergebnisse der Repräsentativbefragung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

Mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention ist die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, Barrieren zu einer gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu identifizieren und über die Lage von Menschen mit Behinderungen zu informieren. Das BMAS hat daher 2017 eine landesweite Befragung in Auftrag gegeben. Im Mai 2022 hat nun das infas Institut für angewandt Sozialwissenschaften den Abschlussbericht der Repräsentativbefragung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen vorgelegt.

Aufbau der Studie

Basierend auf den Selbsteinschätzungen der Befragten wurden in einem mehrstufigen Auswahlverfahren rund 20.000 Personen ermittelt, die Beeinträchtigungen aufweisen. Diejenigen, die durch ihre Beeinträchtigung im Alltagshandeln ziemlich oder stark eingeschränkt waren, wurden unter die Gruppe "mit selbsteingeschätzter Behinderung" subsumiert. Weitere 6.000 Personen ohne Beeinträchtigungen nahmen als Vergleichsgruppe teil. Alle drei Gruppen – ohne Beeinträchtigung, mit Beeinträchtigung, mit Behinderungen – wurden ausführlich zu ihrer Lebenssituation befragt, unabhängig davon, ob sie im privaten Umfeld oder in einer der unterschiedlichen Einrichtungsformen (betreutes Wohnen, stationäre Einrichtung, Alten-/Pflegeeinrichtungen) leben. Letzteres traf auf jeden siebten Befragten zu. Auf Basis der erhobenen Daten zeichnet die Studie ein facettenreiches Bild der Alltagswelt von Menschen mit Behinderungen und liefert eine belastbare Datenbasis für weitere Untersuchungen.

Zentrale Ergebnisse

Über die gesamte Befragung hinweg wird deutlich, dass sich Lebenswelten von Menschen mit und ohne Behinderungen teilweise tiefgreifend unterscheiden. Dies trifft ebenso für Menschen mit Behinderungen in Privathaushalten im Vergleich mit denen in Einrichtungen zu. Zudem unterstreicht die Befragung: Eine Beeinträchtigung/Behinderung schlägt nicht nur auf den allgemeinen Gesundheitszustand durch. Sie tangiert auch die allgemeine Lebenszufriedenheit. Während nahezu die Hälfte aller befragten Personen sehr mit ihrem Leben zufrieden ist, trifft dies nur auf jeden fünften Menschen mit Behinderungen zu.

Des Weiteren zeigt die Befragung, dass sich persönliche Beziehungen in Abhängigkeit vom Wohnort gestalten. Während die Hälfte aller Menschen in Privathaushalten in einer Partnerschaft lebt, ist dies in Einrichtungen nur jeder bzw. jede Zehnte. Etwa zu gleichen Teilen bewohnen Personen in Privathaushalten  Wohneigentum oder wohnen zur Miete. Drei Viertel aller Personen mit Behinderungen in Privathaushalten sind mit ihrer Wohnsituation sehr zufrieden. Zudem erfahren sie sich nur selten als fremdbestimmt. Dies gilt nur eingeschränkt für Bewohner und Bewohnerinnen von Einrichtungen, für die selbstbestimmtes Wohnen und Leben durchaus ein Thema ist. Obwohl viele in Wohngruppen leben, haben drei Viertel ihr eigenes Zimmer. Fast jeder kann das Zimmer selbst gestalten und (tagsüber) Besuch empfangen. Neunzig Prozent kommen mit ihren Mitbewohnern ‚gut klar‘. Dennoch sieht sich jede vierte Bewohnerin und Bewohner von Einrichtungen in der Selbstbestimmung eingeschränkt. Im stationären Wohnen beträgt der Anteil sogar mehr als ein Drittel. Folglich ist auch nur etwa die Hälfte aller Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen sehr zufrieden mit der derzeitigen Wohnsituation. Ein Viertel würde eine andere Wohnform bevorzugen – vorrangig um mit dem Partner oder der Partnerin zusammen zu leben.

Im Hinblick auf Bildung und Ausbildung verzeichnen Menschen mit Behinderungen niedrigere Bildungsabschlüsse: Sie erwerben häufiger einen Hauptschulabschluss und wesentlich seltener die (Fach-) Hochschulreife. Jeder achte Mensch mit anerkannter Schwerbehinderung verlässt die Schule ohne Abschluss. Die Befragten absolvierten seltener ein Studium dafür jedoch mehrheitlich eine Berufsausbildung. Etwa ein Sechstel aller Befragten mit Behinderungen haben jedoch keinen Berufsabschluss. Bemerkenswert ist, dass Menschen deren Beeinträchtigung/Behinderungen vor dem 21. Lebensjahr eingetreten ist, höhere Schulabschlüsse erworben haben als diejenigen mit später erworbenen Beeinträchtigungen.

Bei der Erwerbstätigkeit zeigt sich ein differenziertes Bild. 59 Prozent der Befragten mit Behinderungen in Privathaushalten sind erwerbstätig doch nur 44 Prozent der Personen in den Einrichtungen. Verglichen mit den 77 Prozent Erwerbstätigen ohne Beeinträchtigungen fallen diese Werte deutlich ab. Insbesondere Männer mit Behinderungen sind deutlich seltener in Vollzeit beschäftigt. Fast alle Befragten, die in Privathaushalten leben, arbeiten in Unternehmen auf dem ersten Arbeitsmarkt – etwa die Hälfte von ihnen als qualifizierte Angestellte. Nur setzen benötigen sie besondere Unterstützung im beruflichen Alltag. Dessen ungeachtet spielen Inklusionsbetriebe und Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen nach wie vor eine bedeutende Rolle bei der beruflichen Integration. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, dass Menschen mit Behinderung, die in Einrichtungen leben, eine höhere Arbeitszufriedenheit aufweisen als die in Privathaushalten Lebenden. Die Tatsache, dass Beschäftigte mit Behinderungen deutlich mehr krankheitsbedingte Fehltage verzeichnen, lässt auf ernsthafte gesundheitliche Einschränkungen schließen, die den Verlauf der Berufsbiografien beeinflussen können.

Menschen mit Behinderungen erzielen häufig nur geringes Erwerbseinkommen – in der Regel unter 400 Euro im Monat. Diese Einkommensunterschiede schlagen denn auch auf die finanzielle Gesamtsituation durch. Menschen mit Behinderungen haben weniger finanzielle Mittel zur Verfügung und seltener die Gelegenheit, etwas anzusparen. Zudem verfügen sie kaum über finanzielle Rücklagen. Mithin ist die ökonomische Situation von Menschen mit Behinderungen deutlich prekärer als bei Personen ohne Beeinträchtigungen. Die Mehrzahl der Menschen mit Behinderungen macht sich Sorgen um ihre (finanzielle) Zukunft.

Fazit

Die Studie liefert eine erste umfassende Bestandsaufnahme der Lebenssituation und Einstellungen  von Menschen mit Behinderungen. Zudem versuchte die Studie (Umwelt-) Faktoren zu bestimmen, die Teilhabe fördern oder behindern. Nicht zuletzt aufgrund der vielfältigen Lebenslagen der Befragten konnte dieser Anspruch nur bedingt eingelöst werden.

Hier können Sie den Abschlussbericht herunterladen:

24. November 2017

Repräsentativbefragung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

Im Frühjahr 2018 beginnt eine vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) beauftragte, groß angelegte empirische Studie. Ziel ist es, anhand der Ergebnisse bestehende Diskriminierungen zu beseitigen und Teilhabemöglichkeiten zu fördern.

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