Wie kann Behandlungspflege für Menschen mit Behinderungen, die auch Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten, organisiert und refinanziert werden? Inwieweit können Maßnahmen der komplexen Behandlungspflege auf nicht pflegefachlich ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übertragen werden? Unter anderem mit diesen Fragen setzt sich das Diskussionspapier "Behandlungspflege in Einrichtungen/gemeinschaftlichen/besonderen Wohnformen", welches der Arbeitskreis Gesundheitspolitik der Fachverbände für Menschen mit Behinderung veröffentlicht hat. Dem Papier liegt die Annahme zugrunde, dass Menschen mit Behinderungen ein erhöhtes Risiko besitzen zu erkranken und sich die Anzahl der auf Behandlungspflege angewiesenen Menschen mit Behinderung aufgrund des demographischen Wandels erhöht.
Wesentliche Inhalte
Konkret geht es um Fragen der Leistungserbringung und der Leistungszuständigkeit bei der Behandlungspflege. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gehört einfachste Behandlungspflege, wie Messung der Körpertemperatur zu den Assistenzleistungen der Eingliederungshilfe und komplexe Behandlungspflege, z.B. die subkutane Insulingabe, in der Regel zu den Leistungen der häuslichen Krankenpflege. Eine Ausnahme besteht, wenn in der Leistungsvereinbarung nach § 125 SGB IX ausdrücklich die (komplexe) Behandlungspflege als Leistung der Eingliederungshilfe aufgeführt ist.
Fragen bestehen aber bei Selbstbehandlungsmöglichkeiten zur Erhaltung oder Unterstützung der Selbständigkeit, Nutzung von primären und sekundären sozialen Netzwerken sowie bei arbeits- und haftungsrechtlichen Folgen des Wunsch- und Wahlrechts der betroffenen Person in besonderen Wohnformen. Dies wäre der Fall, wenn komplexe Behandlungspflege durch eine Fachkraft des Trägers der besonderen Wohnform ohne pflegefachliche Ausbildung vom Betroffenen gewünscht wird. Auch sind Kollisionen zwischen Behandlungspflege und Teilhabeinteresse der betroffenen Person denkbar, die einer verbindlichen organisatorischen Absprache zwischen Träger der Eingliederungshilfe und Behandlungspflege bedürfen.
Neben diesen Fragen ist u.a. die Darstellung konkreter Lösungsvorschläge zur Abgrenzung der Leistungen und Zuständigkeiten Inhalt des Diskussionspapiers. Zudem enthält das Papier eine detaillierte Übersicht zu delegierbaren und nicht delegierbaren Behandlungspflegeleistungen.
Breite Diskussion und Evaluation durch die Fachverbände
In einem breit angelegten Diskussionsprozess möchten die Fachverbände eine Auseinandersetzung aller interessierten Akteure mit den Überlegungen und Vorschlägen zur Erbringung von Behandlungspflege ermöglichen und fördern.
Der Diskussionsprozess wird von den Fachverbänden evaluiert. Am Ende des Prozesses soll ein möglichst breiter Konsenses darüber erzielt werden, wie die behandlungspflegerische Versorgung von Menschen mit Behinderung in Einrichtungen/gemeinschaftlichen/besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe unter Berücksichtigung ihrer Teilhabeinteressen optimal gestaltet werden kann.
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