Berücksichtigung der Umsatzsteuer bei existenzsichernden Leistungen
Mit Inkrafttreten der 3. Reformstufe am 1. Januar 2020 gilt die Trennung der Fachleistungen von den existenzsichernden Leistungen. Wurden für Menschen mit Behinderungen, die in stationären Einrichtungen lebten, Leistungen als sog. Komplexleistungen nach dem SGB XII erbracht, werden nun die Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX Teil 2 (sog. Fachleistungen) getrennt von den existenzsichernden Leistungen nach dem SGB XII (u. a. Regelsatz, Bedarfe für Unterkunft und Heizung) gewährt. Das bedeutet, dass Menschen mit Behinderung, die in besonderen Wohnformen leben, u. a. die Kosten für ihre Verpflegung (Warenwert) aus eigenen Einkünften oder ihrer Grundsicherung finanzieren müssen. Die Bundesregierung musste in diesem Zusammenhang regeln, ob und wie die Leistungen in besonderen Wohnformen umsatzsteuerrechtlich abzurechnen sind.
Hierbei gab es u.a. Klärungsbedarf bezüglich der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Sachmittellieferungen, wie Lebens- oder Reinigungsmitteln, in besonderen Wohnformen. Nach einer Reihe von Gesprächen zwischen Bund und Ländern Ende des Jahres 2019, ist es zu einer Verständigung mit den Obersten Finanzbehörden der Länder gekommen.
Umsatzsteuerrechtliche Auslegungen
Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung der im Zusammenhang mit den Änderungen durch das BTHG von den Einrichtungen erbrachten Leistungen gilt Folgendes:
- Verträge nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) werden umsatzsteuerrechtlich als Verträge besonderer Art nach Abschnitt 4.12.6 Umsatzsteuer-Änderungserlass (UStAE) angesehen und fallen dementsprechend unter die Steuerbefreiung nach Abschnit § 4 Nr. 16 Buchstabe h UStG.
- Werden Pflege- und Betreuungsleistungen sowie weitere Leistungen aufgrund getrennter Verträge von einem Leistungserbringer außerhalb des Anwendungsbereichs des WBVG erbracht, sind die aus der Versorgung der hilfsbedürftigen Personen erzielten Umsätze als mit dem Betrieb einer Einrichtung (Leistungserbringer) zur Betreuung oder Pflege eng verbundene Umsätze nach § 4 Nr. 16 UStG anzusehen.
Diese Regelung schließt auch die Verpflegungsleistungen in der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) ein. Diese Leistungen sind als eng mit der Betreuung in Werkstätten für behinderte Menschen verbundene Umsätze nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe f UStG anzusehen.
Die Grundsätze des Schreibens gelten rückwirkend zum 1. Januar 2020. Es wird nicht beanstandet, wenn die Einrichtungen die Umsätze bis zum 31. März 2020 aufgrund eines vor Veröffentlichung dieses BMF-Schreibens im BStBl I abgeschlossenen Vertrags umsatzsteuerpflichtig behandeln.