Aktualisierung vom Februar 2020
Das BMF hat sich mit den obersten Finanzbehörden abgestimmt und bereits im Dezember 2019 ein Schreiben zu Nummer 2 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 68 der Abgabenordnung mit folgendem Inhalt erstellt:
„Unter die Begriffe „Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime“ fallen Einrichtungen, die gegenüber denen in § 53 Nummer 1 AO genannten Personen Leistungen der Pflege oder Betreuung sowie der Wohnraumüberlassung erbringen und bei denen die Verträge über die Überlassung von Wohnraum und über die Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen voneinander abhängig sind (siehe §§ 1, 2 Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz). Eine für die Allgemeinheit zugängliche Cafeteria ist ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Für Körperschaften, die nicht die Voraussetzungen des § 68 Nummer 1 Buchstabe a erfüllen, kommt eine Förderung unter den Voraussetzungen des § 66 AO in Betracht.“
Als Reaktion auf eine kleine Anfrage im Bundestag zur Umsatzsteuerpflichtigkeit von Mahlzeiten in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe antwortete die Bundesregierung am 28. Januar 2020:
"Ein Wohn- und Betreuungsvertrag, der unter das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) fällt und auf Grund dessen dem Bewohner Wohnraum, Pflege- und Betreuungsleistungen und ggf. Verpflegung als Teil der Betreuungsleistung zur Verfügung gestellt wird, ist umsatzsteuerrechtlich als Vertrag besonderer Art nach Abschnitt 4.12.6 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) anzusehen, so dass die Umsätze aus diesen Wohn- und Betreuungsverträgen insgesamt unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nummer 16 Buchstabe h des Umsatzsteuergesetzes (UStG) fallen.
Werden Pflege-, Betreuungs- und Verpflegungsleistungen von Einrichtungen der Behindertenhilfe aufgrund getrennter Verträge erbracht, sind die aus der Versorgung ihrer Kunden erzielten Umsätze als mit dem Betrieb einer Einrichtung zur Betreuung und Pflege eng verbundene Umsätze nach § 4 Nummer 16 UStG anzusehen.
Auch die durch Werkstätten für behinderte Menschen erbrachten Verpflegungsleistungen an die Menschen mit Behinderungen sind als eng mit der Betreuung in Werkstätten für behinderte Menschen verbundene Umsätze nach § 4 Nummer 16 Satz 1 Buchstabe f UStG als umsatzsteuerfrei anzusehen." (BT-Drs. 19/16814 (PDF-Dokument))
Schreiben des BMAS vom 22. November 2019
Eine generelle Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchstabe h UStG sei als Folge der Trennung von Fach- und existenzsichernden Leistungen nicht mehr möglich. Darüber hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in einem Schreiben vom 12. April 2019 informiert.
Auf die Kritik aus der Praxis, dass dies eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen darstelle, haben das BMAS, das Bundesministerium für Finanzen (BMF) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) reagiert und die Problematik in einem gemeinsamen Termin mit Vertreterinnen und Vertretern von Leistungserbringern und Trägern der Eingliederungshilfe diskutiert. Über die Ergebnisse dieses Treffens informierte das BMAS die Bundesländer am 22. November.
Umsatzsteuerrechtliche Auslegungen
Das Schreiben enthält folgende Punkte:
- WBVG-Verträge könnten künftig umsatzsteuerrechtlich als Verträge besonderer Art angesehen werden und dementsprechend unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchstabe h UStG fallen.
- Leistet ein Leistungerbringer auf Grundlage getrennter Verträge auch Verpflegungsleistungen, könnten die erzielten Umsätze als mit einer Einrichtung zur Pflege oder Betreuung eng verbundene Umsätze i.S. des § 4 Nr. 16 UStG gewertet werden und wären damit ebenfalls umsatzsteuerfrei.
Wesentliche Voraussetzung für eine solche steuerrechtliche Einschätzung ist, dass das Entgelt für Verpflegung nur den reinen Wareneinsatz enthält, während die Kosten für die Zubereitung der Speisen den Pflege- und Betreuungsleistungen zugeordnet sind und damit als Fachleistung vom Träger der Eingliederungshilfe finanziert werden.
Das BMAS informiert darüber, dass es eine zeitnahe Abstimmung zwischen BMF und den obersten Finanzbehörden der Länder zu dieser Rechtsauffassung gebe. Sollte dies erst nach dem Jahreswechsel 2020 möglich sein, erwäge das BMF eine Nichtbeanstandungsregelung, um Rechtssicherheit für Leistungserbringer und -berechtigte zu gewährleisten.
Das Schreiben des BMAS vom 22. November finden Sie hier: