Als Reaktion auf den Beschluss des BVerfG haben die Bundestagsfraktionen von Union und SPD einen Antrag eingebracht, die im Bundeswahlgesetz und im Europawahlgesetz verankerten Wahlrechtsausschlüsse aufzuheben (Deutscher Bundestag 2019).
Am 15. März 2019 votierten die Abgeordneten der Regierungsfraktionen bei Enthaltung der Opposition für den Antrag. Die Änderung des Wahlrechts soll zum 1. Juli 2019 in Kraft treten. Für die Wahlen zum Europäischen Parlament am 26. Mai 2019 wird die Änderung des Wahlrechts noch nicht gelten. In dem Antrag der Koalitionsfraktionen heißt es: „Eine Änderung des Wahlrechts muss jedoch immer mit einem solchen zeitlichen Abstand zur jeweiligen Wahl erfolgen, dass sie auch noch rechtzeitig umgesetzt werden kann. Das Europawahlgesetz kann daher nicht wenige Wochen vor der Europawahl geändert werden. Damit würde in die laufenden Wahlvorbereitungen eingegriffen werden.“ (ebd.: 1)
Mit dem Koalitionsvertrag hatten sich CDU, CSU und SPD im Februar 2018 neben der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes das Ziel gesetzt, „ein inklusives Wahlrecht für alle“ zu schaffen und „den Wahlrechtsausschluss von Menschen, die sich durch eine Vollbetreuung unterstützen lassen, [zu] beenden.“ (CDU et al. 2018: 95)
Hintergrund sowohl für den Koalitionsvertrag als auch die Untersuchung des Bundesverfassungsgerichts ist Artikel 29 – „Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben“ der UN-Behindertenrechtskonvention (BMAS 2011). Hierin verpflichten sich die Vertragsstaaten, Menschen mit Behinderungen die politischen Rechte einschließlich des Wahlrechts zu garantieren. Insbesondere wird das Recht geschützt, unmittelbar oder durch frei gewählte Vertreterinnen oder Vertreter vom aktiven und passiven Wahlrecht gleichberechtigt Gebrauch zu machen (Art. 29 a UN-BRK) (ebd.). Mit der Aufhebung der Wahlrechtsausschlüsse werden die in der UN-Behindertenrechtskonvention verankerten Grundsätze zur Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben in deutsches Recht umgesetzt.
Quellen:
- Bundesverfassungsgericht (2019): Pressemitteilung Nr. 13/2019 vom 21. Februar 2019, „Wahlrechtsausschlüsse für Betreute in allen Angelegenheiten und wegen Schuldunfähigkeit untergebrachte Straftäter verfassungswidrig“, in: Bundesverfassungsgericht (20.03.2019).
- Deutscher Bundestag (2019): BT-Drs. 19/8261. Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD. „Für die Einführung eines inklusiven Wahlrechts“, in: Deutscher Bundestag (PDF-Dokument) (20.03.2019).
- CDU, CSU, SPD (2018): Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, in: Bundesregierung (PDF-Dokument) (20.03.2019).
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) (2011): Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, in: BMAS (PDF-Dokument) (20.03.2019).