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BTHG-Kompass 4.2

Sie können an dieser Stelle Einsicht in die Dokumente des Themas nehmen.

Inhaltsverzeichnis

BTHG-Kompass 4.2

Bewerbung als anderer Leistungsanbieter

Wir wollen uns als anderer Leistungsanbieter §60 SGB IX anerkennen lassen und haben bereits im letzten Jahr ein Konzept eingereicht. Wir wollen Menschen, die im Arbeitsbereich einer WfbM arbeiten und gerne auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wollen, eine Alternative in Form von Praktika, Außenarbeitsplatz oder ausgelagerter Arbeitsgruppe bieten. Dies auch, weil die WfbM ihren gesetzlichen Auftrag in diesem Bereich unserer Ansicht nach nicht ausreichend erfüllt und auch aufgrund Ihres Auftrags nicht erfüllen kann. In der WfbM steht der Entwicklungs-/Rehabilitationsauftrag in krasser Konkurrenz zum Produktionsauftrag, den die Werkstätten erfüllen müssen. 

Wir merken nun, dass diese Alternative zum Angebot der WfbM von Seiten unserer Genehmigungsbehörden eigentlich gar nicht gewollt sind; von Seiten der Werkstattbeschäftigten besteht dagegen eine große Nachfrage. Vom zukünftigen Kostenträger wird uns der Aufbau und Inhalt unseres Konzeptes ganz klar vorgeschrieben; wir haben hier gar keine Gestaltungsspielräume mehr. Sollten wir unser bestehendes Konzept verteidigen, bekommen wir die Antwort: „Es müssen keine anderen Leistungsanbieter zugelassen werden!“ Wir werden hier stark unter Druck gesetzt und haben kaum/keine Handlungsalternativen. Die Bearbeitungszeit von über neun Monaten alleine für die Be- und Überarbeitung eines Konzeptes spricht auch dafür, dass Alternativen zum bisherigen System eigentlich nicht gewollt sind.

Für uns stellt sich langsam die Frage:

Was sollte der § 60 SGB IX, wenn alles beim Alten bleiben soll?

Wie schwer wiegt der § 62 SGB IX?

Welche Alternativen haben wir, unser Konzept in eine Leistungs-und Vergütungsvereinbarung zu bringen, wenn von Seiten des Kostenträgers geblockt wird?



Antwort:

Mit § 60 Absatz 3 SGB IX soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Leistungsträger keine Verpflichtung haben, eine Struktur von anderen Leistungsanbietern zu schaffen. Der Leistungsträger - insbesondere die Bundesagentur für Arbeit (BA) im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich; die Träger der Eingliederungshilfe im Arbeitsbereich - entscheidet, ob ein anderer Leistungsanbieter für einen Menschen mit Behinderung tätig werden kann, wenn es einen solchen gibt. Dabei ist das Wunsch- und Wahlrecht nach § 62 SGB IX zu berücksichtigen. Der Leistungsträger muss aber kein Angebot nach § 60 SGB IX schaffen, wenn es in seinem Zuständigkeitsbereich kein solches Angebot gibt.

Für die BA kommt das Zulassungsverfahren nach der AzAV (§§ 178 ff. SGB III) zur Anwendung (siehe beigefügtes Fachkonzept: Bundesagentur für Arbeit 2017).

Im Bereich der Eingliederungshilfe gibt es keine Vorab-Zulassung eines anderen Leistungsanbieters. Der Träger der Eingliederungshilfe muss im konkreten Einzelfall darüber entscheiden, ob er mit einem anderen Anbieter auf dessen Antrag nach den Vorschriften des Teil 2 Kapitel 8 SGB IX eine schriftliche Vereinbarung zur Durchführung der Leistung nach § 60 SGB IX durchführen will. Ergibt die Prüfung, dass der Anbieter die Voraussetzungen erfüllt und ist der andere Leistungsanbieter bereit, den Leistungsberechtigten aufzunehmen, führt das Wunsch- und Wahlrecht (§ 62 SGB IX) dazu, dass der Träger der Eingliederungshilfe die Leistung bei diesem anderen Anbieter grundsätzlich zu bewilligen hat. Dies ist im Rahmen des partizipativen Gesamtplanverfahrens festzustellen.

 

Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales

Fachkonzept für den Arbeitsbereich einer WfbM (§ 58 SGB IX) bei anderen Leistungsanbietern

Gibt es bereits ein Fachkonzept für den Arbeitsbereich bei anderen Leistungsanbietern?



Antwort:

Fachkonzept für den Arbeitsbereich einer WfbM (§ 58 SGB IX) bei anderen Leistungsanbietern

Während für andere Leistungsanbieter, die Leistungen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich (§ 57 SGB IX) anbieten, ein Fachkonzept der Budesagentur für Arbeit (BA) seit Ende 2017 vorliegt, gibt es für Anbieter von Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 58 SGB IX) kein bundesweit einheitliches Fachkonzept von Seiten der Träger der Eingliederungshilfe.

Orientierungshilfe der BAGüS

Allerdings hat die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe (BAGüS) eine Orientierungshilfe veröffentlicht, die Hinweise zur Umsetzung der neuen Regelungen für die anderen Leistungsanbieter beinhaltet (BAGüS 2017: 5). Darin wird u. a. genauer auf die Anforderungen als anderer Leistungsanbieter und auf die gesetzliche Abgrenzung zur WfbM eingegangen. Darüber hinaus wird der Inhalt des schriftlichen Vertragsverhältnisses von Menschen mit Behinderungen bei anderen Leistungsanbietern konkretisiert.

Orientierungshilfen einzelner Bundesländer

Darüber hinaus haben verschiedene Bundesländer bzw. Träger der Eingliederungshilfe Orientierungshilfen für andere Leistungsanbieter im Arbeitsbereich veröffentlicht.
Der Freistaat Thüringen hat in seiner Orientierungshilfe zum einen die gesetzliche Grundlage der anderen Leistungsanbieter definiert. Dabei wird auch erwähnt, dass Inklusionsbetriebe als andere Leistungsanbieter nicht in Frage kommen. Außerdem sollen bevorzugt Träger zugelassen werden, die bislang nicht im Bereich der WfbM tätig sind. Zum anderen wird den potenziellen Bewerbern mitgegeben, welche Angaben in der konzeptionellen Ausgestaltung des Antrags angegeben sein müssen (Freistaat Thüringen 2019).

In der Orientierungshilfe des Landes Niedersachsen werden 13 Prämissen formuliert, die für eine Zulassung als anderer Leistungsanbieter zu beachten sind. Eine Prämisse besteht darin, dass keine Umwandlung bestehender WfbM zu einem „anderen Leistungsanbieter“ möglich ist. Außerdem wird die Kapazitätshöchstgrenze im Arbeitsbereich auf 60 Plätze beschränkt (Niedersächsisches Landesamt für Soziales, Jugend und Familie 2019).


Aktuelle Informationen zum Umsetzungsstand in den Bundesländern finden Sie unter: https://umsetzungsbegleitung-bthg.de/gesetz/umsetzung-laender/.

Materialien

Mehrbedarfe bei gemeinschaftlicher Mittagsverpflegung

Welche Regelungen gibt es für Mehrbedarfe bei gemeinschaftlicher Mittagsverpflegung in WfbM und bei anderen Leistungsanbietern?



Antwort:

Regelungen zu Mehrbedarfen bei gemeinschaftlicher Mittagsverpflegung

Gemeinschaftliche Mittagsverpflegung vor dem Hintergrund der Trennung von Fach- und existenzsichernden Leistungen

Mit der Trennung der Fachleistungen und existenzsichernden Leistungen verändert sich auch die Finanzierung der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung in WfbM und bei anderen Leistungsanbietern. Während die Mittagsverpflegung bislang Teil der Eingliederungshilfe nach SGB XII war, sind die Lebensmittelkosten des Mittagessens ab 1. Januar 2020 Teil der existenzsichernden Leistungen und müssen von den Werkstattbeschäftigten selbst bezahlt werden.

Da der Regelbedarf jedoch so ausgelegt ist, dass nur der Warenwert der Lebensmittel, nicht aber die Zubereitung von Speisen einkalkuliert ist, wurde mit dem BTHG ein neuer Mehrbedarf nach § 42b Abs. 2 SGB XII eingeführt. Dieser Mehrbedarf dient der Deckung von Aufwendungen, die durch die Zubereitung und Bereitstellung von gemeinschaftlichem Mittagessen in WfbM, bei anderen Leistungsanbietern oder vergleichbaren tagesstrukturierenden Angeboten entstehen. Leistungsberechtigte der Grundsicherung erhalten für die Mehraufwendungen der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung diesen Mehrbedarf. Die Mehraufwendungen je Arbeitstag sind ein Dreißigstel des Betrags, der sich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der Sozialversicherungsentgeltverordnung ergibt (§ 42b SGB XII). Er beträgt aktuell 3,40 Euro und wird jährlich angepasst.

Pauschalierte Bewilligung

Die Regelungen zur Bestimmung sowie zur Bewilligung des Mehrbedarfs wurden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales in einem Rundschreiben vom 28. Oktober 2019 konkretisiert.

Da die Anzahl der Arbeitstage von Monat zu Monat durch Feiertage, Krankheit oder Urlaub stark schwanken, kann der Grundsicherungsträger pauschal eine Anzahl von Arbeitstagen als Berechnungsgrundlage ansetzen. Bei einer 5-Tage-Woche können 19 Arbeitstage zugrunde gelegt werden, wodurch sich ein monatlicher Mehrbedarf von 64,60 Euro ergibt.

Ist abzusehen, dass die leistungsberechtigte Person in bestimmten Zeiträumen die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung nicht in Anspruch nehmen wird, reduziert der Grundsicherungsträger den Mehrbedarf um den Wert, der der Anzahl der Fehltage entspricht (BMAS 2019: 5ff.). Soweit im Einzelfall nach einem halben Jahr im Durchschnitt mehr monatliche Arbeitstage vorliegen, besteht die Möglichkeit, dass das Sozialamt die Leistungsbewilligung zu Gunsten des Menschen mit Behinderungen korrigiert.

Verfahren zur Bewilligung

Leistungsberechtigte müssen keinen gesonderten Antrag für den Mehrbedarf stellen. Jedoch setzt sich der Grundsicherungsträger mit ihnen direkt, mit der WfbM oder mit den vergleichbaren tagesstrukturierenden Angeboten in Verbindung, um abzufragen, ob und in welchem Umfang die Personen an der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung teilnehmen bzw. mit welchen geplanten Abwesenheiten zu rechnen ist. Wesentliche Änderungen dazu müssen Leistungsberechtigte dem Grundsicherungsträger unverzüglich mitteilen (ebd.: 7f.).

Literatur

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