Eröffnung mit einem Grußwort von Robert Richard, Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration Sachsen-Anhalt
Die Regionalkonferenz eröffnete mit einem Grußwort von Abteilungsleiter für Soziales und Arbeitsschutz Robert Richard, Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration Sachsen-Anhalt.
Herr Richard ließ Revue passieren, wie aus dem Beschluss der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2006 in einem langen Diskussionsprozess das Bundesteilhabegesetz entwickelt und eingeführt wurde. Zentrale Ziele dieses Prozesses seien, die Teilhabe und Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderungen zu stärken,den Paradigmenwechsel von der Fürsorge hin zur Teilhabe und die Partizipation auf allen Ebenen zu verwirklichen. Als wichtigste Maßnahmen, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen, hob Herr Richard die Reformierung der Eingliederungshilfe sowie die Koordinierung der Teilhabeplanung zwischen den Rehabilitationsträgern hervor.
Herr Richard ging anschließend auf die Meilensteine der Umsetzung des BTHG in Sachsen-Anhalt ein. Bereits ihm Rahmen der 1. Reformstufe wurden die Mitbestimmungsrechte der Werkstatträte und Frauenbeauftrage in der WfbM eingeführt und entsprechende Schulungen angeboten. Zudem beteilige sich das Land Sachsen-Anhalt bereits seit 2017 mit vier Projekten an der modellhaften Erprobung nach Art. 25 Abs. 3 BTHG. Im Rahmen der 2. Reformstufe im Jahr 2018 hob er besonders die Einführung des landeseigenen Bedarfsermittlungsinstrumentes ELSA sowie die bundesweit erste Zulassung eines anderen Leistungsanbieter im Eingangs- und Berufsbildungsbereich und die Umsetzung des Budgets für Arbeit hervor. Als schwierigstes Vorhaben im Rahmen des BTHG haben sich jedoch die Verhandlungen zum Abschluss sowie die Umsetzung des Landesrahmenvertrags herausgestellt.
Vortrag zum Umsetzungsstand aus Sicht des Bundes von Dr. Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär im BMAS
Dr. Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), informierte die Teilnehmenden zum Umsetzungsstand des BTHG aus Sicht des Bundes.
Er ging zunächst auf die dritte Reformstufe ein, „das Herzstück des SGB IX und der ganzen Reform“. Diese habe viele Verbesserungen für leistungsberechtigte Personen geschaffen. Betroffene, Angehörige sowie Betreuerinnen und Betreuer haben zunächst große Befürchtungen geäußert und mehr Arbeit erwartet. Allerdings müsse klar sein, dass Selbstbestimmung mit Arbeit verbunden sei. Es zeige sich nun bei allen Akteuren nach über einem Jahr der Umsetzung eine gewisse Routine.
Personenzentrierung in der Eingliederungshilfe
Anschließend ging der Staatssekretär auf die Umsetzung des Paradigmenwechsel in der Eingliederungshilfe ein. Um die einrichtungszentrierte auf eine personenzentrierte Leistungserbringung umzustellen, wurden u. a. die ICF-basierten Bedarfsermittlungsinstrumente entwickelt und das Gesamtplanverfahren eingeführt. Diese erfassen die Wünsche und Ziele der leistungsberechtigten Person. Die meisten Bundesländer haben nun ein eigenes Bedarfsermittlungsinstrument. Ein bundesweit einheitliches Instrument wäre aus Sicht des BMAS jedoch langfristig wünschenswert.
Landesrahmenverträge und Projekte der modellhaften Erprobung
Dr. Schmachtenberg thematisierte auch den Stand der Landesrahmenverträge nach § 131 SGB IX. Noch gebe es in einigen Bundesländern Übergangsvereinbarungen. Die vollständige Umsetzung des BTHG in Echtbetrieb sei noch lange nicht erreicht. Dadurch sei es schwer, Wirkung und Wirksamkeit von Leistungen zu untersuchen sowie die finanziellen Auswirkungen des BTHG zu analysieren. Positive beurteilte der Staatssekretär die Erkenntnisse aus den Projekten der modellhaften Erprobung. Diese seien bereits Grundlage für mehrere gesetzgeberische Nachschärfungen gewesen.
Aktuelle und künftige Änderungen
Dr. Schmachtenberg wies zum Abschluss auf die im Juni 2021 verabschiedete Gesetzesänderung zur Finanzierung der Begleitung von Menschen mit Behinderungen im Krankenhaus durch vertraute Bezugspersonen. Zudem werde derzeit an einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für Menschen mit Behinderung in WfbM gearbeitet.
Podiumsdiskussion zum aktuellen Umsetzungsstand des BTHG in Sachsen-Anhalt
An der Podiumsdiskussion nahmen teil:
- Robert Richard, Sozialministerium
- Maik-Michael Strube, Sozialagentur Sachsen-Anhalt
- Dr. Marcus Feußner, Kolping-Berufsbildungswerk Hettstedt
- Peter Marx, LAG WR
- Andreas Isensee, EUTB
Mehr Teilhabe für Menschen mit Behinderungen in Sachsen-Anhalt
Zu Beginn diskutierten die Teilnehmenden wie sich die Situation in Sachsen-Anhalt in den vergangenen vier Jahren durch das BTHG konkret verändert hat. Im Fokus stand, wo bereits mehr Teilhabe möglich ist. Aus der Sicht des Sozialagentur Sachsen-Anhalt wurde die intensivere Zusammenarbeit zwischen den Reha-Trägern weiterentwickelt, um dem Anspruch „Leistungen wie aus einer Hand“ gerecht zu werden. Auch der Rechtsanspruch auf Leistungen aus Modellvorhaben, wie beispielsweise das Budget für Arbeit, sei eine deutliche Verbesserung für die Leistungsberechtigten. Jedoch wissen viele leistungsberechtigte Personen oft nicht genug über die Angebote, ergänzten die Vertreter der Menschen mit Behinderungen.
Dass dieses Informationsdefizit besteht, bestätigte der Vertreter der Leistungserbringer. Unter anderem mangele es an entsprechender Werbung, was ein Grund sei, dass viele Plätze ungenutzt bleiben. Die Vertreter der Menschen mit Behinderungen sahen hier eindeutig die Reha-Träger in der Pflicht. Oftmals fehle es an Ansprechpersonen für eine kompetente Beratung. Zudem stehen Informationsmaterialien nicht barrierefrei zur Verfügung. Der Vertreter der Sozialagentur Sachsen-Anhalt bestätigte, dass es noch Defizite bei der Barrierefreiheit gebe. Jedoch müssten auch Netzwerke, u.a. im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben zu potentiellen Arbeitgebern, ausgebaut werden.
Personenzentrierung in der Eingliederungshilfe
Anschließend diskutierten die Podiumsteilnehmenden inwieweit der Paradigmenwechsel in der Eingliederungshilfe, von einer einrichtungszentrierten hin zu einer personenzentrierten Bereitstellung von Leistungen bereits vollzogen wurde. Der Vertreter der Leistungsträger gab zu bedenken, dass bisher nur ca. zehn Prozent der leistungsberechtigten Personen das Gesamtplanverfahren durchlaufen haben. Ein verzögernder Faktor sei die Corona-Pandemie. Die Vertreter der Menschen mit Behinderung gab zu bedenken, dass sich leistungsberechtigte Personen oft nicht ausreichend vorbereiten könnten, da Termine für die Gesamtplankonferenzen kurzfristig mitgeteilt werden. Viele leistungsberechtigte Personen wenden sich an die EUTB-Stellen. Die Nachfrage sei so hoch, weil die Reha-Träger ihrer Beratungspflicht nicht nachkommen. Es sei Aufgabe des Reha-Trägers, bereits vor dem Gesamtplanverfahren Beratungsangebote bereitzustellen.
Der Vertreter der Sozialagentur Sachsen-Anhalt erläuterte, welche Maßnahmen für eine bessere Beratung bereits ergriffen wurden. Beispielsweise werde in Schulen über die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von Seiten der Reha-Träger, der WfbM sowie der anderen Leistungsanbieter informiert und gemeinsam eine berufliche Zukunftsplanung vorgenommen.
Die Vertreter der Menschen mit Behinderungen sahen die Umsetzung der Personenzentrierung in der WfbM kritisch. Das Teilhabestärkungsgesetz biete durch die Ausweitung des Budgets für Ausbildung nach § 61a SGB XI neue Möglichkeiten für die WfbM. Allerdings scheitere der Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt häufig an fehlenden potentiellen Arbeitgebern.
Vortrag "Expert*innen in eigener Sache": Vorstellung des Projekts Inklusive Bildung Sachsen-Anhalt"
Zum Abschluss der Regionalkonferenz stellten Teilnehmende und Vertreterinnen des Teams das Projekt „Inklusive Bildung Sachsen-Anhalt“ vor. Kern des Projekts ist es, Menschen mit geistigen Behinderungen in drei Jahren zur Bildungsfachkraft auszubilden. Als „Expert*innen in eigener Sache“ schulen sie Unternehmen und Institutionen, wie Inklusion konkret gelingen kann und sensibilisieren für die Situation von Menschen mit Behinderungen. Die Umsetzung erfolgt in Kooperation mit der Hochschule Magdeburg-Stendal und wird zudem in ähnlicher Form an mehreren weiteren Hochschulen im ganzen Bundesgebiet durchgeführt.
Den Mitschnitt und die schriftliche Zusammenfassung finden Sie hier:
Dokumentation
Mitschnitt und Umfrageergebnisse zum Teil 1
Hier finden Sie den Mitschnitt des Teils 1 der Regionalkonferenz Sachsen-Anhalt sowie die Ergebnisse der Umfragen, an denen Sie sich beteiligen konnten.
Dokumentation
Forum 1 Gesamtplanverfahren und trägerübergreifende Zusammenarbeit im Teilhabeplanverfahren
Hier finden Sie die inhaltliche Zusammenfassung und die Mitschnitte der beiden Durchläufe des Forums 1 zum Thema Gesamtplanverfahren und trägerübergreifende Zusammenarbeit im Teilhabeplanverfahren.
Dokumentation
Forum 2 Teilhabe am Arbeitsleben
Hier finden Sie die inhaltliche Zusammenfassung und die Mitschnitte der beiden Durchläufe des Forums 2 zum Thema Teilhabe am Arbeitsleben.
Dokumentation
Forum 3 Einkommen und Vermögen
Hier finden Sie die inhaltliche Zusammenfassung und die Mitschnitte der beiden Durchläufe des Forums 3 zum Thema Einkommen und Vermögen.
Dokumentation
Forum 4 Teilhabeberatung
Hier finden Sie die inhaltliche Zusammenfassung und die Mitschnitte der beiden Durchläufe des Forums 4 zum Thema Teilhabeberatung.
Dokumentation
Vortrag: Expert*innen in eigener Sache sowie Abschlussrede
Hier finden Sie den Mitschnitt des Teils 3 der Regionalkonferenz Sachsen-Anhalt und eine schriftliche Zusammenfassung des Vortrag "Expert*innen in eigener Sache" des Projekts Inklusive Bildung Sachsen-Anhalt.