„In der Behindertenpolitik des 21. Jahrhunderts in Deutschland geht es nicht nur um ein gut ausgebautes Leistungssystem, sondern vielmehr um die Verwirklichung von Menschenrechten durch gleichberechtigte Teilhabe am politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben. Es geht um Inklusion und Chancengleichheit in der Bildung, um berufliche Integration und um die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, allen Bürgerinnen und Bürgern ein selbstbestimmtes Leben in einer barrierefreien Gesellschaft zu ermöglichen und Diskriminierungen abzubauen. Vor diesem Hintergrund hat der Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen bei den Vereinten Nationen der Bundesrepublik Deutschland in seinen „Abschließenden Bemerkungen über den ersten Staatenbericht Deutschlands“ vom 13. Mai 2015 eine Vielzahl von Handlungsempfehlungen zur weiteren Umsetzung der UN-BRK gegeben. So soll die Bundesrepublik Deutschland unter anderem
- die gesetzliche Definition von Behinderung mit den allgemeinen Grundsätzen und Bestimmungen der UN- BRK in Einklang bringen […]“ (BT-Drs. 18/9522, S. 188)
„Folgende Ziele sollen im Lichte der UN-BRK mit dem Gesetz verwirklicht werden:
- Dem neuen gesellschaftlichen Verständnis nach einer inklusiven Gesellschaft im Lichte der UN-BRK soll durch einen neu gefassten Behinderungsbegriff Rechnung getragen werden […]“ (BT-Drs. 18/9522, S. 191)
„Der Behinderungsbegriff wird sprachlich an die Artikel 1 Satz 2 und die Präambel Buchstabe e) der UN-BRK angepasst. Zwar lehnt sich der Behinderungsbegriff nach § 2 Absatz 1 SGB IX und § 3 BGG schon eng an die „Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit und Behinderung“ (ICIDH-2) an, die das Ziel der Teilhabe an den verschiedenen Lebensbereichen (Partizipation) in den Vordergrund gerückt hat; allerdings kann der Behinderungsbegriff im Hinblick auf die UN-BRK noch weiter konkretisiert werden. Mit der Neudefinition kommt vielmehr zum Ausdruck, dass sich die Behinderung erst durch gestörte oder nicht entwickelte Interaktion zwischen dem Individuum und seiner materiellen und sozialen Umwelt manifestiert. Die Regelung korrespondiert dabei mit dem angestrebten novellierten Behinderungsbegriff im Behinderungsgleichstellungsgesetz und gründet sich in ihrem Verständnis wesentlich auf das bio-psychosoziale Modell der Weltgesundheitsorganisation (englisch World Health Organization, WHO) das der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) zugrundliegt.
Der Behinderungsbegriff hat eine klärende und maßstabsbildende Funktion für die Rehabilitationsträger. Die persönlichen Leistungsvoraussetzungen richten sich unverändert nach den geltenden Leistungsgesetzen.“ (BT-Drs. 18/9522, S. 192)