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Unterstützung des Rehabilitationsträgers bei der Suche nach einem Leistungserbringers

BTHG-Kompass Neu

Beratung durch die Rehabilitationsträger

Damit Rehabilitationsbedarfe bei Menschen mit Behinderungen frühzeitig erkannt und darauf hingewirkt werden kann, dass Leistungsberechtigte einen Antrag stellen, benennen die Rehabilitationsträger Ansprechstellen, die geeignete barrierefreie Informationsangebote für Rehabilitation und Teilhabe bieten. Mit § 12 SGB IX hat das BTHG die Beratungspflichten der Rehabilitationsträger präzisiert.

Unterstützung des Rehabilitationsträgers bei der Suche nach einem Leistungserbringers

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass nahezu keine Unterstützung erfolgt, beispielsweise dabei einen geeigneten Anbieter zu finden. Es wird auf allgemeine Wegweiser verwiesen, wo man diese filtern könnte. Als Begründung wurde angegeben, man dürfe niemanden empfehlen. Nun ist zwischen einer Empfehlung für einen bestimmten Anbieter und der Hilfe und Unterstützung, überhaupt Anbieter zu finden und zwischen diesen zu selektieren (z. B. nach Wohnort, Kirchenzugehörigkeit, Aufnahmekapazität) ein großer Unterschied. Die Norm sieht ja sogar eine Kontaktanbahnung und Begleitung vor, dafür sieht sich unser Bezirk überhaupt nicht zuständig. Insgesamt scheint die Norm bei den Trägern noch nicht in ihrer vollen Bedeutung angekommen zu sein; in den Köpfen ist auch noch "Sozialhilfe/Eingliederungshilfe ist nachrangig" - auch gegenüber einer rechtlichen Betreuung. Das ist falsch, § 17 Abs. 4 SGB I. Um ein paar Fachleistungsstunden zu sparen, wird z. T. aber noch auf einen Parallel-Antrag auf Betreuung für schriftliche Angelegenheiten verwiesen. Wie kann man diese unzulässige Praxis stoppen?

Beratungs- und Unterstützungsleistungen nach § 106 SGB IX notfalls mit Nachdruck einfordern

Mit § 106 SGB IX obliegt den Trägern der Eingliederungshilfe ein weitreichender Auftrag, Leistungsberechtigte zu beraten und auch zu unterstützen. Die Vorschrift konkretisiert diese Beratungs- und Unterstützungsverpflichtung sogar sehr ausführlich, indem sie ausdrücklich sieben Punkte benennt, die von der Beratungsaufgabe umfasst sind und sogar neun Punkte, die zur Unterstützungsaufgabe gehören. Beide Aufzählungen sind dabei nicht abschließend. Das bedeutet, dass im Einzelfall noch weitere Aufgaben dazugehören können.
Von der Beratungsaufgabe ist für den von Ihnen genannten Fall unter anderem z.B. ausdrücklich die Verpflichtung umfasst, „Hinweise auf Leistungsanbieter und andere Hilfemöglichkeiten im Sozialraum und auf Möglichkeiten zur Leistungserbringung“ zu geben.  Außerdem benennt das Gesetz im Rahmen der Unterstützung wörtlich „die Vorbereitung von Kontakten und Begleitung zu Leistungsanbietern und anderen Hilfemöglichkeiten“ sowie die „Hilfe bei der Entscheidung über Leistungserbringer sowie bei der Aushandlung und dem Abschluss von Verträgen mit Leistungserbringern“.
Beratung und Unterstützung haben dabei das Ziel, einer Person den Zugang zu einer benötigten Leistung zu ermöglichen. Dementsprechend kann es zwar ausreichend sein, eine/n Leistungsberechtigte/n lediglich auf „allgemeine Wegweiser“ zu verweisen, sofern der Zugang damit gelingt und die Person in der Lage ist, sich auf dieser Grundlage ein eigenes Urteil zu bilden und daraufhin eine Entscheidung für sich zu treffen. Stellt sich ein solcher Hinweis jedoch als nicht ausreichend heraus, so ist sie intensiver zu unterstützen, indem ihr z.B.  „Hilfe bei der Entscheidung“ geleistet wird.
Zitat aus der Handreichung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. „Kooperation und Abgrenzung - Das Verhältnis von Rechtlicher Betreuung und sozialer, pflegerischer und gesundheitlicher Unterstützung“, S. 20 ff:
Das heißt, „unterbleibt die gebotene Mitwirkung [der/des Leistungsberechtigten im Verfahren], ist seitens der verfahrensleitenden Behörde zunächst abzuklären, aus welchen Gründen die Mitwirkung unterbleibt. Stellt sich heraus, dass die Mitwirkung unterbleibt, weil eine Krankheit oder psychische Störung vorliegen, kann die Handlungs- bzw. Verfahrensfähigkeit des oder der Be¬troffenen im Verwaltungsverfahren zweifelhaft werden.“ […] „Wenn eine Krankheit oder Behinderung vorliegen, die die Mitwirkung beeinträchtigen, aber sichergestellt ist, dass die betroffene Person ihren Mitwirkungspflichten bei der Geltendmachung von Sozialleistungsansprüchen mit Unterstützung durch „an¬dere Hilfen“ nachkommen kann, ist eine rechtliche Betreuung entbehrlich. Ist die Mitwirkung nicht möglich und kann sie auch nicht mit Unterstützung durch „andere Hilfen“ erreicht werden, dann kann eine rechtliche Betreuung erforderlich werden, wenn die Ursache für das Unterlassen eine Erkrankung oder Behinderung ist.
Betrachtet man diese Ausführungen im Kontext des § 17 Abs. 4 Satz 2 SGB I „Soziale Rechte dürfen nicht deshalb abgelehnt, versagt oder eingeschränkt werden, weil ein rechtlicher Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden ist oder bestellt werden könnte.“,  wird der Nachrang rechtlicher Betreuung deutlich und zugleich der Umfang des Unterstützungsauftrags des Eingliederungshilfeträgers. Erst wenn Krankheit und Behinderung einer/eines Leistungsberechtigten dazu führen, dass die umfangreichen Beratungs- und Unterstützungsaufgaben des § 106 SGB IX nicht ausreichen, um sie oder ihn zu einer Entscheidung und daraus resultierenden Handlung zu befähigen, kann infrage stehe, ob eine Person allein mittels „anderer Hilfen“ in die Lage versetzt werden kann, die eigenen Angelegenheiten zu besorgen.
Die Anregung einer rechtlichen Betreuung kommt erst in Betracht, wenn die eigenen Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen des Eingliederungshilfeträgers ausgeschöpft wurden und dennoch nicht ausreichen, um den Zugang zur benötigten Leistung zu ermöglichen. Über die tatsächliche Erforderlichkeit einer rechtlichen Betreuung hat allein das zuständige Betreuungsgericht unter Berücksichtigung des Sozialberichts der Betreuungsbehörde, § 11 Abs. 1 Nr. 1 BtOG i.V.m. § 279 FamFG, und ggf. eines medizinischen Sachverständigengutachtens, § 280 FamFG, zu entscheiden.
Sofern gesetzlich normierte Beratungs- und Unterstützungsleistungen des § 106 SGB IX seitens der Behörde nicht gewährt werden, sollten diese unter Hinweis auf § 17 Abs. 4 S. 2 SGB I mit Nachdruck eingefordert und unter Umständen im Klagewege durchgesetzt werden.

 

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