Eingliederungshilfe und Pflegegeld
In unserem Verein sind mehrere pflegebedürftige Behinderte, die ihre Assistenz nach dem Arbeitgebermodell organisiert haben. Diese beziehen sowohl Pflegegeld nach SGB XI (was vollständig auf ihre EGH-Leistung angerechnet wird) als auch gekürztes Pflegegeld nach § 63b, Abs. 5 SGB XII. Der zuständige Eingliederungshilfeträger scheint grundsätzlich nur ein Drittel des SGB XI-Pflegegeldes zu gewähren, obwohl im Gesetzestext ausdrücklich die Formulierung "bis zu ein Drittel" gewählt wurde. Dieses 1/3-Pflegegeld wird also auch Personen gewährt, die eine vierundzwanzigstündige Assistenz benötigen.
Ist es legitim, Leistungsempfängern mit z.B. zwölfstündiger Assistenz denselben Betrag auszuzahlen? Müssten diese nicht im Rahmen despflichtgemäßen Ermessens 2/3 des für sie geltenden SGB XI-Pflegegeldes gewährt bekommen?
Eingliederungshilfe und Pflegegeld
Als Rechtsfolge sieht § 63b Abs. 5 SGB XII eine Ermessensentscheidung des Sozialhilfeträgers über das Ob und die Höhe einer Kürzung vor; das Pflegegeld kann um bis zu zwei Drittel gekürzt werden. Grundsätzlich hat sich der Sozialhilfeträger von dem Ziel leiten zu lassen, Doppelleistungen möglichst weitgehend zu vermeiden. Eine Kürzung des Pflegegeldes nach § 64a SGB XII kommt daher vor allem in Betracht, wenn der Sozialhilfeträger die Kosten einer häuslichen Pflegehilfe übernimmt bzw. die Pflegekasse die Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI gewährt. Wird die Pflege dagegen (auch) von Pflegepersonen aus dem privaten Umfeld der Pflegebedürftigen durchgeführt, ist als wesentliches Ermessenskriterium aber auch die Zwecksetzung des Pflegegeldes nach § 64 SGB XII, nämlich die Erhaltung der Pflegebereitschaft der Pflegeperson, zu beachten. Es kommt daher darauf an, inwieweit die anderen gewährten Leistungen den Zweck des Pflegegeldes, die Pflegebereitschaft anderer Personen aufrechtzuerhalten und anzuregen, überflüssig gemacht haben. Hierbei sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, die sorgfältig erwogen werden sollten. Je größer der Anteil der von der Pflegeperson übernommenen Pflege am Gesamtpflegebedarf ist, desto geringer hat die Kürzung des Pflegegeldesauszufallen. In jedem Falle muss der pflegebedürftigen Person aber mindestens ein Drittel des Pflegegeldes verbleiben, soweit sie die Pflege (auch in geringem Umfang) teilweise sicherstellt. Daraus, dass sich die Minderung des Pflegegeldes nach § 63b Abs. 5 SGB XII nicht bereits aus dem Gesetz selbst ergibt, sondern es vielmehr im Rahmen des auszuübenden Ermessenseiner konstitutiven Entscheidung des Sozialhilfeträgers bedarf, schlussfolgert das BSG in seiner Entscheidung vom 25.04.2013 (noch für altes Recht), dass innerhalb des Bescheids über die Gewährung von Pflegeleistungen die Kürzung eine eigenständige Verfügung (§ 31 SGB X) darstellt. Anderes kann auch für die aktuelle Regelung nicht gelten, die insoweit keine Änderungen erfahren hat. Dies hat zur Folge, dass die Kürzung gesondert anfechtbar ist, aber auch der Streitgegenstand dahingehend beschränkt werden kann, dass die Kürzung nicht Gegenstand der Klage auf höheres Pflegegeld ist.
(Meßling in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl.,§ 63b SGB XII (Stand: 25.01.2021), Rn. 71)