ICF-Orientierung im Bereich Frühförderung sowie seelisch behinderte Kinder und Jugendliche im SGB VIII
Welche Auswirkungen hat die ICF-Orientierung in der Bedarfsermittlung auf den Bereich Frühförderung sowie seelisch behinderte Kinder und Jugendliche im SGB VIII?
ICF als Wechselwirkungsmodell funktionaler Gesundheit
Grundsätzlich ist unter ICF-Orientierung zu verstehen, dass das Wechselwirkungsmodell funktionaler Gesundheit – folglich ein bio-psycho-soziales Modell – eine Grundlage des Verständnisses von Beeinträchtigungen und Behinderung im BTHG wird. Die ICF ist ein Klassifikationssystem, das eine systematische Beschreibung von Einflussfaktoren auf Gesundheit unter Einbeziehung der Ebene der Körperstrukturen, der Körperfunktionen (einschließlich der mentalen Funktionen), der Ebenen der menschlichen Aktivitäten und der Teilhabe wie der Umwelt (sächlich und personal) wie der personenbezogenen Faktoren z.B. Alter, Geschlecht) darstellt.
Regelungen des BTHG
In §118 BTHG wird ausgeführt: „Die Ermittlung des individuellen Bedarfes des Leistungsberechtigten muss durch ein Instrument erfolgen, das sich an der internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit orientiert. Das Instrument hat die Beschreibung einer nicht nur vorübergehenden Beeinträchtigung der Aktivität und Teilhabe in den folgenden Bereichen vorzusehen“ – danach werden die 9 Bereiche der Aktivität in Lebenssituationen (z. B. Mobilität, Kommunikation) und Lebensbereiche (z. B. Selbstsorge, häusliches Leben) im Gesetz aufgeführt.
Diese Regelungen für die Bedarfsfeststellung gelten auch für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen. Im Bundesteilhabegesetz ist unter § 4 Abs. 3 ausgeführt: (Teilhabe -)„Leistungen für Kinder mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Kinder werden so geplant und gestaltet, dass nach Möglichkeit Kinder nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit Kindern ohne Behinderungen betreut werden können. Dabei werden Kinder mit Behinderungen alters- und entwicklungsentsprechend an der Planung und Ausgestaltung der einzelnen Hilfen beteiligt und ihre Sorgeberechtigten intensiv in Planung und Gestaltung der Hilfen einbezogen.“
Der Bereich Frühförderung ist in § 46 Abs. 3 und in § 79 Abs. 3 BTHG geregelt, jedoch werden in § 79 BTHG heilpädagogische Leistungen auch andere Leistungen als die der Komplexleistung Frühförderung für nicht eingeschulte Kinder beschrieben, bei denen Folgen einer Behinderung beseitigt oder gemildert werden können oder drohende Behinderungen abgewendet werden können.
Instrumente der Bedarfsermittlung für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen
Dies bedeutet, dass in jedem Bundesland entsprechend einheitliche Instrumente der Bedarfsermittlung auch für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen unter Einbeziehung der ICF-Kapitel der Aktivitäten und Teilhabe entwickelt werden müssen; die ggf. sich aus der Bedarfsfeststellung ergebenden Gesamtpläne bzw. Teilhabepläne (Ziel, Art und Umfang der Leistungen) müssen, soweit möglich, das Kind und immer die Sorgeberechtigten einbeziehen.
Die Teilhabepläne müssen ggf. alle Leistungen abstimmen, d. h. die Förder- und Behandlungspläne der Komplexleistung Frühförderung einbeziehen. Für die Gesamtpläne/Teilhabepläne gelten folglich – wie für Erwachsene – die in §117 benannten Grundsätze: transparent, trägerübergreifend, interdisziplinär, konsensorientiert, individuell, lebensweltbezogen, sozialraumorientiert, zielorientiert.