Regionalkonferenz Bayern

Regionalkonferenz Bayern

Umsetzungsbegleitung BTHG - Regionalkonferenz Bayern

Am 7. und 8. November 2018 fand in Nürnberg die Regionalkonferenz Bayern im Rahmen der ConSozial statt, auf der sich rund 180 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen Bereichen des sozialrechtlichen Dreiecks über die Umsetzung des BTHG in Bayern ausgetauscht haben.

Grußworte und Einführung

Eröffnet wurde die Regionalkonferenz Bayern durch Burkard Rappl, Leiter der Abteilung II Teilhabe von Menschen mit Behinderung, soziale Hilfe im Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS), und Vanessa Ahuja, Leiterin der Abteilung V Teilhabe, Belange von Menschen mit Behinderungen, Soziale Entschädigung, Sozialhilfe im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Im Anschluss führte Nora Schmidt, Geschäftsführerin des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. (DV), in das Projekt Umsetzungsbegleitung BTHG ein. Zum Abschluss des ersten Veranstaltungstags sprach Thomas Bannasch, Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihrer Angehörigen in Bayern e. V., ein Grußwort.

 

Eröffnungsrede von Burkard Rappl (StMAS)

© Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Eröffnungsrede von Burkard Rappl (StMAS)

Eröffnungsrede von Burkard Rappl (StMAS)

Burkard Rappl erinnerte in seiner Eröffnungsrede daran, dass die bayerische Initiative zur Reform der Eingliederungshilfe bereits im Jahr 2013 einen wichtigen Grundstein für das BTHG gelegt habe. Mit dem Bayerischen Teilhabegesetz I (BayTHG I) habe sich Bayern frühzeitig auf den Weg gemacht, das BTHG umzusetzen und durch landesrechtliche Gestaltungsspielräume weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, etwa beim Budget für Arbeit, genutzt. Zugleich stünden weitere Herausforderungen bei der Umsetzung an, etwa der Abschluss neuer Rahmenvereinbarungen und die Entwicklung eines neuen Bedarfsermittlungsinstruments.

 

 

Eröffnungsrede von Vanessa Ahuja (BMAS)

© Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Eröffnungsrede von Vanessa Ahuja (BMAS)

Eröffnungsrede von Vanessa Ahuja (BMAS)

Vanessa Ahuja wies in ihrer Eröffnungsrede zunächst auf den Systemwechsel des BTHG im Eingliederungshilferecht hin, an dessen Realisierung vor zehn oder sogar fünf Jahren nur wenige Akteure geglaubt hätten. Zugleich werde sich erst in der aktuellen Umsetzungsphase des BTHG entscheiden, wie gut die Ziele des Gesetzes erreicht werden und inwiefern die Verbesserungen auch in der Lebenswirklichkeit der Betroffenen ankommen. Dies kann nur gelingen, wenn alle Akteure des sozialrechtlichen Dreiecks Hand in Hand zusammenarbeiten. Hierdurch sei auch der ambitionierte Zeitplan des BTHG zu schaffen. In diesem Prozess stehe auch das BMAS mit verschiedenen Umsetzungsprojekten, im Sinne der Erweiterung des sozialrechtlichen Dreiecks zu einem „sozialrechtlichen Viereck“, unterstützend zur Seite.

 

 

Vorstellung des Projekts Umsetzungsbegleitung BTHG durch Nora Schmidt (DV)

© Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Vorstellung des Projekts Umsetzungsbegleitung BTHG durch Nora Schmidt (DV)

Vorstellung des Projekts Umsetzungsbegleitung BTHG durch Nora Schmidt (DV)

Nora Schmidt gab in ihrer Einführung einen Einblick in die Arbeit des Projekts Umsetzungsbegleitung BTHG. Sie stellte dabei die Zielsetzung, die Konzeption und die Schwerpunktthemen der bisherigen Projektarbeit vor. Zudem wies sie auf die Fachveranstaltungen des Projekts und auf die Möglichkeit der Information und Beteiligung auf der Website www.umsetzungsbegleitung-bthg.de hin.

 

 

Grußwort von Thomas Bannasch (LAG Selbsthilfe)

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Grußwort von Thomas Bannasch (LAG Selbsthilfe)

Grußwort von Thomas Bannasch (LAG Selbsthilfe)

Thomas Bannasch hob zunächst hervor, dass in Bayern die Gestaltungsspielräume bei der Umsetzung des BTHG im Bereich der Beteiligung der Betroffenen sehr weitreichend genutzt würden und der Forderung „Nichts über uns - ohne uns“ in sehr hohem Maße entsprochen werde. Nichtsdestotrotz gestalte sich eine Diskussion auf Augenhöhe mit Leistungsträgern und Leistungserbringern, u. a. aufgrund der begrenzten Ressourcen der Selbsthilfe, schwierig. Zugleich sei das Ziel des BTHG, die Herauslösung der Eingliederungshilfe aus dem Fürsorgesystem, noch nicht erreicht. Um hierfür flexible und zukunftsorientierte Lösungen zu finden, bei denen die Bedarfe von Menschen mit Behinderungen im Mittelpunkt stehen, sei der Dialog zwischen allen Beteiligten entscheidend.

Umsetzungsstand des BTHG aus Sicht des Bundes und die Bayerischen Teilhabegesetze

Zu Beginn des zweiten Veranstaltungstags sprachen Marc Nellen, Leiter des Referats V b 3 Eingliederungshilfe, Umsetzungsbegleitung Bundesteilhabegesetz, Hilfe in besonderen Lebenslagen im BMAS, zum Umsetzungsstand des BTHG aus Sicht des Bundes und anschließend Philipp Späth, Leiter des Referats II 2 Sozialhilfe, Soziales Entschädigungsrecht im StMAS, zu den Bayerischen Teilhabegesetzen.

 

Präsentation von Marc Nellen (BMAS)

© Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Präsentation von Marc Nellen (BMAS)

Umsetzungsstand aus Sicht des Bundes

Marc Nellen (BMAS) ging in seinem Vortrag auf den Stand und die weitere Planung der Projekte der Umsetzungsunterstützung sowie auf Rehapro, Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB), die AG Personenzentrierung und die Länder-Bund-Arbeitsgruppe BTHG ein. Diese Projekte ordnete er vor dem Hintergrund der zwei grundlegenden Ziele des BTHG, der Verbesserung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und der besseren Steuerung in der Eingliederungshilfe, ein. Vor allem in den Projekten der modellhaften Erprobung soll das BTHG vor Inkrafttreten des Systemwechsels zum Jahr 2020 einem Praxistest unterzogen werden und bei Auftreten unbeabsichtigter Folgen noch im Jahr 2019 gesetzlich korrigiert werden. Für den leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe werde ein partizipativer Prozess mit einem Fachgespräch am 26. November 2018 gestartet, in dem Ergebnisse des Abschlussberichts aufgenommen werden sollen. Hinsichtlich der Umsetzung des BTHG ist nach Einschätzung des BMAS Bayern auf einem sehr guten Weg.

Aus dem Publikum gab es im Anschluss an den Vortrag von Herrn Nellen Verständnisfragen:

Weshalb wird in der Finanzuntersuchung nicht auch untersucht, welche finanziellen Auswirkungen die Verwaltungsverfahren haben?

Herr Nellen wies darauf hin, dass eine solche Prozessevaluation sehr aufwendig wäre, schloss aber nicht aus, dass dies ergänzend zu den bisherigen Umsetzungsprojekten noch angegangen werden könne. Zudem sei im Rahmen der Finanzuntersuchung eine Analyse des Teilhabeplanverfahrens geplant, bei der es insbesondere um die Frage der Qualifizierung des Personals gehe.

Was ist unter einer qualitativen Ausrichtung an der ICF beim leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe zu verstehen?

Hierbei werde es darum gehen, die Lebensbereiche der ICF nicht, wie im Rahmen einer quantitativen Auffassung, gleichberechtigt nebeneinander zu stellen, sondern anhand eines noch näher zu bestimmenden Faktors qualitativ zu gewichten, so Nellen.

Wer kann die Person des Vertrauens nach § 106 SGB IX n.F. sein?

Das BTHG mache an dieser Stelle gemäß Herrn Nellen keine Vorgaben, wer die Person des Vertrauens sein muss. Vielmehr ist es Aufgabe der Verwaltung sicherzustellen, dass sich die antragstellende Person auch bei kommunikativen Einschränkungen mitteilen kann.

 

 

Präsentation von Philipp Späth (StMAS)

© Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Die Bayerischen Teilhabegesetze

Philipp Späth (StMAS) ging zunächst auf den Beteiligungsprozess zum BayTHG I in Bayern und die wesentlichen Zielstellungen ein (u. a. Budget für Arbeit als echte Alternative, Fortentwicklung des Bedarfsermittlungsinstruments, engere Einbindung der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen). Er stellte anschließend die wesentlichen Inhalte des BayTHG I vor. Mit dem BayTHG I wurde die Zuständigkeit für Leistungen der Eingliederungshilfe bei den Bezirken gebündelt, um einen einheitlichen Ansprechpartner für den Leistungsberechtigten zu benennen und Schnittstellenprobleme zu vermeiden. Als abweichende Regelung im BayTHG I wies Herr Späth u. a. auf die Regelungen zur Frühförderung, wobei die derzeit bestehende, getrennte Abrechnungssystematik beibehalten und kein Gebrauch von vergleichbaren interdisziplinären Förder- und Behandlungszentren gemacht werde und auf die Erhöhung des Lohnkostenzuschusses beim Budget für Arbeit von 40 auf 48 Prozent, hin. Zum Schluss gab er einen kurzen Ausblick auf das BayTHG II, das im Jahr 2020 in Kraft treten soll und die wesentlichen Neuregelungen für die Umsetzung des BTHG zum Jahr 2020 enthalten wird. Hierfür sei ein neuer Partizipationsprozess für das Jahr 2019 geplant.

 

In der nachfolgenden Diskussionsrunde äußerte ein Vertreter der Leistungserbringer, dass der Zeitplan der Umsetzung bis 2020 nicht realistisch sei angesichts der anstehenden Aufgaben. Herr Nellen antwortete hierauf, dass der zeitliche Druck dem BMAS bewusst und zugleich aber auch erforderlich sei, um die entsprechenden Prozesse in die Wege zu leiten. Eine Verschiebung des Zeitplans sei von Seiten des Bundes nicht geplant. Eine bessere Lösung wären Übergangsstrategien, wie sie etwa auch in Bayern auf den Weg gebracht werden (s. Forum 4). Herr Späth teilte diese Auffassung, dass durch mehr Zeit nicht zwangsläufig ein besseres Ergebnis zustande komme und Bayern auch angesichts des ambitionierten Zeitplans auf einem sehr guten Weg sei. 

Fachforen

Im weiteren Verlauf des zweiten Veranstaltungstages fanden vier thematische Foren statt.

Forum 1 - Trennung von Fachleistungen und existenzsichernden Leistungen

Zur Dokumentation des Forums 1

Forum 2 - Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben

Zur Dokumentation des Forums 2

Forum 3  - Bedarfsermittlung und Gesamtplanverfahren

Zur Dokumentation des Forums 3

Forum 4 - Vertragsrecht, Rahmenvertrag

Zur Dokumentation des Forums 4

Abschlussdiskussion

Teilnehmer/innen der Abschlussdiskussion

© Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Teilnehmer/innen der Abschlussdiskussion

An der Abschlussdiskussion nahmen Philipp Späth (StMAS), Nora Schmidt (DV), Peter Wirth (Bayerischer Bezirketag), Johannes Magin (LAG ifd Bayern) und Thomas Bannasch (LAG Selbsthilfe) teil.

Herr Bannasch schätzte die bisherige Umsetzung des BTHG in einigen Aspekten als chaotisch ein und nannte als Beispiel, dass Bedarfe ermittelt würden bevor durch die Landesrahmenverträge geregelt ist, welche Leistungen überhaupt zur Verfügung stehen. Zugleich versuche die Selbsthilfe den Prozess mitzusteuern und Klarheit in die Umsetzung zu bringen. Herr Magin wies hingegen auf den Bereich Teilhabe am Arbeitsleben hin, in dem es insbesondere für die neuen Leistung Budget für Arbeit bereits klare Vereinbarungen gebe.

Auf die Frage nach den finanziellen Grundlagen für neue Leistungen führte Herr Wirth das Ziel des BTHG, keine neue Ausgabendynamik zu verursachen, in Erinnerung, sah aber zugleich die Möglichkeit, neue Leistungen kostenneutral einzuführen. Für alle notwendigen Leistungen müsste jedoch auch die Finanzierung sichergestellt werden. Herr Späth fügte hinzu, dass gerade beim Thema Budget für Arbeit in Bayern Freiräume des Gesetzgebers genutzt werden konnten. Dabei wurde der Lohnkostenzuschuss gegenüber den Vorgaben des BTHG angehoben, ohne zugleich höhere Ausgaben zu verursachen, da sich die Höhe nun an den Werkstattkosten orientiere. Mit den bisherigen Umsetzungsmaßnahmen wurden auf Landesebene bereits wichtige Weichen gestellt, wohingegen insbesondere in der Fläche und in den Einrichtungen noch der Großteil der Arbeit anstehe.

Frau Schmidt zeigte sich angesichts des kontroversen Gesetzgebungsprozesses beeindruckt davon, dass alle Akteure mit viel Engagement und Kreativität sachorientiert an der Umsetzung des BTHG arbeiten. Bayern sei dabei auf einem guten Weg, da frühzeitig wichtige Entscheidungen getroffen wurden und es sich auf eine traditionell gut funktionierende Zusammenarbeit der Akteure verlassen konnte.

Mit Blick auf die Frage nach der Zeitschiene der Umsetzung wies Herr Wirth darauf hin, dass alle Akteure sicherlich schneller agieren würden, die Komplexität der Materie dies aber nicht zulasse. Zudem bestehe Wandlungsbedarf auch bei den Einrichtungen, der Zeit benötige. Herr Späth fügte hinzu, dass die Umsetzung ein Prozess sei, den man nur Schritt für Schritt gehen könne und der auch zum Jahr 2020 nicht enden werde. Dies wurde auch von Herrn Magin unterstützt, insbesondere da sich die Angebotsstruktur erst nach und nach verändern werde und auch hierfür die Zeit nach 2020 genutzt werden müsse.

Zum Abschluss der Regionalkonferenz verabschiedete Burkard Rappl die Teilnehmer/innen.

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